Im Haus 49 wollen alle mitmachen beim Verzieren der Gutsle. Foto: Fritzsche

Im Rahmen der Innenstadt-Weihnachtsserie geht es diesmal ums Kochen und Backen für Weihnachten. Im Haus 49 im Nordbahnhofviertel werden gemeinsam Plätzchen gebacken, und im Restaurant Scholz am Park ist die Weihnachtszeit Hochsaison.

S-Nord - Es ist Freitagabend im Haus 49 der Caritas im Nordbahnhofviertel. Zwei dicke Teigklumpen warten in der Küche auf ihre Verwendung, daneben sind Mehl, Teigrollen, Ausstechformen, Puderzucker und bunte Zuckerperlen bereitgestellt. Langsam trudeln die Frauen mit ihren Kindern ein, Winterjacken und Schals werden ausgezogen, über Stuhllehnen gehängt, Taschen unter den Tisch geschoben.

Und dann geht es los: Ines Wäschle, Mitarbeiterin im Haus 49, schnappt sich den Nachwuchs und geht mit ihm Mandalas malen. Jetzt sind die Frauen unter sich, es ist das Ende einer anstrengenden Woche, voller Arbeit, Kinderbetreuung und Haushalt, schnell entspinnen sich Gespräche. „Dich habe ich ja lange nicht gesehen, wie geht es dir?“ – „Gut, aber der Kleine war krank . . .“ Dorothee Hilzinger vom städtischen Elternseminar verteilt den Teig, die Wellhölzer und die Ausstecher, die Frauen sitzen um den Tisch herum, rollen den Teig aus, unterhalten sich.

„Wie nennt man das hier?“, fragt eine junge Syrierin und deutet auf das Wellholz. „Nudelholz“, erklärt ihre Nebensitzerin, die Syrierin wiederholt das neue Wort mehrmals, um es sich einzuprägen. Sie ist seit drei Jahren in Deutschland, sie spricht die Sprache gut, aber sie will noch mehr lernen. Jetzt werden Plätzchen ausgestochen und auf die Bleche gelegt. „Nicht so dünn ausrollen, sonst verbrennen die Plätzchen.“ – „Ja, wir machen ja kein Börek, da bräuchten wir den Teig ganz dünn.“

Eine besondere Zeit

Die Kreativwerkstatt ist ein Kooperationsangebot des städtischen Elternseminars und des Haus 49 der Caritas. Einmal im Monat treffen sich die Frauen des Nordbahnhofviertels, sitzen zusammen, basteln, backen oder kochen. An diesem Abend sind es etwa zwölf Frauen, einige kommen schon lange, andere sind das zweite oder dritte Mal dabei.

„Es ist eine besondere Zeit für uns, so kurz vor Weihnachten, auch für uns Muslime“, erzählt eine Frau, die ursprünglich aus dem Kosovo stammt. Weihnachten wird bei ihnen zuhause nicht gefeiert, berichtet sie, damit aber die Kinder in der Vorweihnachtszeit mitfiebern können, gibt es Geschenke an Silvester.

Als alle Plätzchen ausgestochen und gebacken sind, ist es Zeit für das Dekorieren der Gutsle. Die Kinder haben sich schon den ganzen Abend darauf gefreut, haben immer wieder nachgefragt, wann sie loslegen dürfen. Jetzt dürfen sie: mit Zuckerguss in verschiedenen Farben, mit Streuseln und Perlen verzieren sie die Plätzchen. Die Mütter halten sich im Hintergrund, trinken noch eine Tasse Tee, treten nur heran, wenn Hilfe gebraucht wird. „Ich wohne seit 40 Jahren im Nordbahnhofviertel“, erzählt eine Frau, „ich würde nie wegziehen. Wir haben so eine schöne Nachbarschaft, man kennt sich, grüßt sich auf der Straße, hilft sich gegenseitig.“ Die Plätzchen sind fertig, jede nimmt eine kleine Tüte mit nach Hause. Für Weihnachten, egal, ob man es nun feiert oder nicht.

Während im Haus 49 gemütlich gebacken wird, kann es im Scholz am Park durchaus auch mal hektisch zugehen. Im Restaurant an der Killesberghöhe ist in der Weihnachtszeit viel los. „Wir überlegen uns schon seit der Jahresmitte, was wir an Weihnachten machen, es ist für uns Hauptarbeitszeit“, sagt die Geschäftsführerin Stephanie Benzing. Während der normale Betrieb an Fahrt aufnimmt, werden auch viele Firmen-Weihnachtsfeiern gebucht, berichtet sie. Dabei ist Nicolas Lilla als Küchenchef verantwortlich für die Personalplanung, Wareneinkauf und Menüauswahl. „Die Firmenfeiern sind sogar einfacher zu organisieren, als wenn wir normalen À-la-carte-Betrieb haben“, sagt er. Denn dabei wisse das Team, wie viele Personen kommen und welches Menü sie essen werden. „Da kann man genau einkaufen und muss nicht schätzen, wer wohl was bestellen wird.“ Kulinarisch, sagt Stephanie Benzing, „wird zu Weihnachten das Rad nicht neu erfunden“. Traditionelle Gerichte seien am beliebtesten: „Tradition ist so eng verknüpft mit Emotion, man wünscht sich immer das gleiche zum Essen“, erzählt die Gastronomin, darum seien Gans und Rinderbraten stets auf der Karte. Einige etwas experimentellere Gerichte bietet der Küchenchef Lilla aber auch in der Weihnachtszeit an. „Lachstartar oder etwas mit asiatischem Einschlag“, zählt er auf. Oder auch der Tintenfisch, den er gerade gekonnt mit dem Messer zerteilt. „Den konfiere ich mit Knoblauch und Chili.“

Weihnachten für die Gäste schön machen

An Heiligabend hat das Scholz am Park morgens noch zum Frühstück geöffnet. „Da trifft sich hier die Nachbarschaft auf ein Glas Sekt“, so Benzing. Abends ist geschlossen, damit auch die Mitarbeiter Weihnachten im Kreise der Familie feiern können. Am ersten und zweiten Weihnachtsfeiertag ist geöffnet. „Erfahrungsgemäß besuchen uns an den Feiertagen fast nur Gruppen, Familien, die gemeinsam schön essen möchten“, sagt Stephanie Benzing. „Man möchte genussvoll essen – das merken wir.“ Am 31. Dezember steigt eine große Silvesterparty, mit Menü, Feuerwerk, Musik und Tanz. „Wir sind auch dabei und feiern mit“, erzählt sie. „Ich freue mich sehr darauf. Wenn man es nicht liebt, Gäste zu haben, wählt man einen anderen Beruf: Ich möchte es für alle schön machen.“