Vorne das Kinder-Riesenrad der Stuttgarter Schaustellerin Patricia Kinzler, hinten das große Riesenrad des Düsseldorfer Schaustellers Oscar Bruch. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Alle reden vom Riesenrad am Neuen Schloss. Dabei gibt es nicht weit davon entfernt auch noch ein Riesenrädle. Obwohl es viel kleiner ist, kommt man kaum an ihm vorbei. Vor allem Kinder nicht.

Das Riesenrädle und das Riesenrad – das könnte der Titel eines Kinderbuches sein. Die Vorlage dazu ist aktuell auf dem Schlossplatz zu besichtigen: das große, 58 Meter hohe Riesenrad und das etwa 5 Meter kleine Riesenrädle. Das eine steht im Ehrenhof des Neuen Schlosses und überragt dieses bei weitem. Das andere steht klein und fein vor dem Königsbau. Das eine hat Oberbürgermeister Frank Nopper „als Zeichen der Zuversicht“ vor zwei Jahren in die Stadt gebracht, das andere hat die Schaustellerin Patricia Kinzler im Zusammenspiel mit dem langjährigen Leiter des Stuttgarter Marktamtes, Lothar Breitkreuz, vor 29 Jahren erstmals aufgestellt.

Und seitdem Jahr für Jahr wieder: „Die Kinder von damals kommen heute mit ihren Kindern“, sagt Patricia Kinzler, der das Riesenrädle gehört. Sie hat sich damit einen Traum erfüllt; vielleicht ist das der Grund, dass sie heute noch lachen kann wie ein Kind.

Gondeln im Stil von Weihnachtskugeln

Um Kinder und mit Kindern dreht sich hier ja auch alles: Das kleine Riesenrad am Königsbau ist ein Riesenrad für Kinder; was nicht bedeutet, dass Erwachsene nur zuschauen müssen. Es hat auch eine schöne Geschichte, die damit beginnt, dass Patricia Kinzler zu Beginn der 1990er Jahre nach einem Fahrgeschäftebauer suchte, der das wahr werden ließ, was sie sich vorstellte: ein Riesenrädle mit acht Gondeln, die wie große Christbaumkugeln aussehen sollten.

Ausschließlich in Stuttgart und in der Weihnachtszeit sollte es fahren und den Rest des Jahres wie Weihnachtsschmuck (an einem Standort in Waiblingen) eingepackt bleiben. Fündig wurde Patricia Kinzler in Italien bei der Firma SBF. Ihren Traum ließ sie sich eine mittlere sechsstellige Summe kosten. Ein Freund, der Kunstmaler Heinz Opitz, der für die Schaustellerfamilie Mack (Europapark) arbeitete, übernahm die aufwendige weihnachtliche Bemalung.

Das analoge Fahrvergnügen kommt auch heute noch gut an

Am Weihnachtsmarkt 1993 wurde der Startknopf gedrückt. Seitdem zieht das bunt beleuchtete Riesenrädle in direkter Nachbarschaft zur großen Modelleisenbahn und dem Kinderkarussell Advent für Advent seine Kreise. Viel hat sich in all den Jahren nicht verändert. Ein neuer Anstrich, moderne Leuchtkörper, das war’s auch schon. Die große Konstante sind die Kinder, „die auch heute noch staunen können“, wie Patricia Kinzler beobachtet: „Kinder sind Kinder“. Kleine Wesen mit leuchtenden Augen.

Anders ausgedrückt: Das analoge Fahrvergnügen kommt auch bei den Digital Natives gut an. Das entspricht ihrem Verständnis von Tradition: „Freude haben, freundlich miteinander umgehen, Respekt empfinden – das gehört alles in den Korb mit rein“, sagt Patricia Kinzler. Im Schaustellergeschäft findet sie vieles davon beherzigt und umgesetzt. „Man hält zusammen, gönnt sich gegenseitig etwas.“ Das Riesenrädle und das Riesenrad sind Freunde.

Patricia Kinzler spricht aus langer Erfahrung. Die Stuttgarter Schaustellerfamilie, aus der sie stammt, reicht vier Generationen zurück. Auf dem Wasen hat sie die „Wilde Maus“ betrieben, heute das „Breakdance“. Ihr Bruder managt die Rollschuhbahn am Schlossplatz, und dessen Tochter ist auch schon im Geschäft.

Es geht also weiter. Das heißt in ihrer Familie immer auch: es geht rund, am Riesenrädle und auch sonst. Von März bis Oktober ist Patricia Kinzler mit kurzen Unterbrechungen auf Volksfesten und Rummelplätzen in Deutschland unterwegs - mit Wohnwagen und allem, was dazu gehört. Höhen und Tiefen dieses bewegten Geschäfts mit eingeschlossen. Das muss man mögen. Patricia Kinzler mag es nicht nur, sondern sagt: „Ich liebe mein Leben.“ Das Riesenrädle vor dem Königsbau ist ein wichtiger Teil davon.