Polizisten sichern den Stuttgarter Weihnachtsmarkt. Foto: dpa

Stuttgarts Oberbürgermeister Fritz Kuhn kondoliert den Angehörigen der Opfer des Straßburger Anschlags. Der Betrieb auf dem Weihnachtsmarkt der Landeshauptstadt geht indes normal weiter – die Polizei hat Maßnahmen ergriffen.

Stuttgart - Der Tag danach beginnt für die Jugendgruppe aus Vaihingen an der Enz wie geplant. Zum Weihnachtsmarkt nach Stuttgart sind die Jungs und Mädchen gekommen, um ein Rätsel über Wahrzeichen der Landeshauptstadt zu lösen. Dass ein Attentäter tags zuvor auf dem Weihnachtsmarkt in Straßburg mindestens zwei Menschen getötet und ein Dutzend verletzt hat, sei den Jugendlichen zwar bewusst, sagt die Gruppenleiterin Sibylle Knobloch. Bedenken oder gar Angst sei bei ihren zehn Schützlingen aber nicht aufgekommen.

Mit Routine gegen Unsicherheit

Auch die älteren Semester lassen es am frühen Nachmittag eher gemütlicher angehen. Dass die Laufwege nicht verstopft sind, erfreut sie sogar. „Abends ist das Geschubse so groß, da gehe ich nicht mehr auf den Weihnachtsmarkt“, sagt eine Rentnerin. Ob sie sich an diesem Mittwoch auf den Weg mache vom Vogelsang aus, habe sie sich in der Früh zwar gefragt. Aber nicht wegen Straßburg: „Es hat ziemlich nach Regen ausgesehen. Und je feuchter die Luft ist, umso mehr schmerzen meine Gelenke.“

Mit professioneller Routine reagiert auch die Stuttgarter Polizei auf die Ereignisse von Straßburg. Man werde die Lage „analysieren und die Erkenntnisse in die Planung einfließen lassen“, sagt ein Polizeisprecher am Mittwochmorgen. Allerdings sei der Sicherheitsstandard schon sehr hoch: „Wir sind unverändert stark präsent rund um den Weihnachtsmarkt.“

Bewährtes Sicherheitskonzept

Die Standards sind jene, die nach dem Anschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz im Dezember 2016 eingeführt wurden: Die Polizei ist nicht nur mit uniformierten und zivilen Streifen auf dem Markt unterwegs. An den Eingängen sind Streifen mit Maschinenpistolen positioniert. Zudem hat die Stadt nach dem Berliner Anschlag, bei dem ein islamistisch motivierter Terrorist mit einem Lastwagen in die Menge zwischen die Buden gefahren war, an den Zufahrten zum Marktbereich Betonsperren aufgestellt, die das Durchfahren verhindern sollen.

„Wir sind gut aufgestellt und waren das auch schon vor dem jüngsten Anschlag“, sagt der Polizeisprecher. Das bedeute aber nicht, dass die Maßnahmen und die Einsatzstärke nicht überprüft werden. Nach einem Ereignis wie dem jüngsten Anschlag würde man alles überprüfen und gegebenenfalls anpassen. „Außerdem trainieren unsere Kollegen den Einsatz für exakt diese Szenarien“, fügt der Sprecher hinzu.

Kuhn kondoliert

Im Rathaus hat derweil Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) mit seinem französischen Amtskollegen Roland Ries Kontakt aufgenommen und ihn des Mitgefühls aller Stuttgarter versichert. „Wir sind tief betroffen von den Nachrichten, die uns aus unserer Partnerstadt erreichen. Unsere Gedanken sind bei den Familien und Freunden der Opfer, wir wünschen den Verletzten schnelle und umfassende Genesung“, sagt Kuhn am Mittag und ruft in Erinnerung, dass Stuttgart der „engen Partnerschaft“ mit Straßburg bedeutende Verbindungen zwischen den Menschen in beiden Städten verdanke. Dadurch sei eine „enge Freundschaft mit dieser weltoffenen europäischen Metropole“ entstanden.

Gut für die Schuhe

Zur gleichen Zeit machen viele Beschäftigte Mittagspause auf dem Weihnachtsmarkt und sorgen für einen entsprechenden Andrang bei den Essständen. Das ist eine gute Zeit für die Händler, die auf ein Publikum angewiesen sind, das gerne stehen bleibt, um den Effekt von Pfannenbeschichtungen oder Mixgeräten zu erleben.

Oder den Effekt von Schuhcreme: „Dia send ja wia neu“, tönt es begeistert und ziemlich alemannisch aus einem Pulk heraus, der sich um einen älteren Mann gebildet hat, der sich soeben noch wortreich um das Sohlenwohl gekümmert hat.

Die Schweizer sind wieder verlässlich auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt vertreten. „Meine Reise nach Stuttgart lasse ich mir nicht vermiesen“, betont Urs Rütlisberger aus Zürich, „da habe ich volles Vertrauen in die Sicherheitskräfte hier. Die Gendarmen treten souverän auf, sind aber auch höflich. Die haben die Sache im Griff.“