Die Fraktion Linke/FÜR im Esslinger Gemeinderat hält die lebendige Krippe auf dem Weihnachtsmarkt für tierwohlgefährdend und nicht mehr zeitgemäß. Doch eine Mehrheit im Verwaltungsausschuss ist anderer Meinung.
Bis zum nächsten Weihnachtsmarkt ist es noch eine ganze Weile hin. Doch in Esslingen haben sich die Stadträte schon jetzt mit der lebendigen Krippe am Postmichelbrunnen beschäftigt, die seit mindestens 25 Jahren stets zur Adventszeit eingerichtet wird. Während die einen sie für einen schönen Hingucker und ein traditionsreiches Element auf dem Esslinger Weihnachtsmarkt halten, ist sie anderen zufolge eine Zumutung für die Tiere.
Die Fraktionsgemeinschaft Linke/FÜR hatte beantragt, die lebendige Krippe abzuschaffen, weil sie mit dem Tierschutz nicht vereinbar sei. Statt der lebenden Tiere sollten lieber Holzfiguren aufgestellt werden. Denn das Gehege auf dem Weihnachtsmarkt biete keinen Bewegungsspielraum für die Tiere – und das, obwohl Esel in der freien Wildbahn täglich um die 16 Kilometer zurücklegten. Zudem seien Esel Herdentiere und dürften laut Tierschutz nicht allein gehalten werden. Auch der Trubel des Weihnachtsmarkts sei schwierig für die sensiblen Tiere. Im Übrigen sei fraglich, ob sich die Besucher an das Fütterverbot hielten.
Die Stadt Esslingen sieht keine Probleme bei der lebendigen Krippe
Die Stadtverwaltung und die Esslinger Markt und Event Gesellschaft (EME) als Ausrichterin des Weihnachtsmarkts sehen jedoch keinerlei Probleme. „Die lebendige Krippe ist ein langjähriger Bestandteil des Weihnachtsmarktes“, erklärte Petra Pfeiffer von der EME in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses. Die Betreiberin der Krippe sei Eigentümerin des Esels und der vier Schafe, die jedes Jahr für einen Monat auf dem Postmichelplatz leben. „Sie setzt sich für die Tiere ein“, so Pfeiffer. Es werde ein hoher Aufwand betrieben, um die Auflagen aus dem Tierschutzgesetz einzuhalten und zu kontrollieren, heißt es aus dem Rathaus. Alle Auflagen würden erfüllt und Verstöße gegen das Tierschutzgesetz seien nie festgestellt worden.
Im Verwaltungsausschuss schloss sich eine Mehrheit der Stadträte der Haltung der Stadtverwaltung an. „Wir sind für die Beibehaltung der lebendigen Krippe, weil sie sehr augenfällig auf Weihnachten hinweist – und wir wollen nicht nur den Konsum betonen“, erklärte etwa die SPD-Rätin Christa Müller. Die Vertreterinnen anderer Fraktionen sahen es ähnlich und betonten die Beliebtheit der Krippe. Lediglich die Grünen enthielten sich bei der Abstimmung – und die Fraktion Linke/FÜR stimmte gegen die Beibehaltung der Krippe.
Andere Städte im Kreis Esslingen haben lebendige Krippe abgeschafft
Martin Auerbach, Vorsitzender der Fraktion Linke/FÜR, erklärte: „Das Argument, dass die lebendige Krippe Tradition hat, finde ich schwierig.“ Die Frage sei doch, ob lebende Tiere auf dem Weihnachtsmarkt überhaupt noch zeitgemäß seien. Mit der Abschaffung der lebendigen Krippe wäre die Stadt Esslingen keine Vorreiterin gewesen: Plochingen hat die lebendige Krippe 2018 nach mehreren Jahrzehnten aus Tierwohlgründen durch Holzfiguren ersetzt.
Ebenso Nürtingen, wo die lebendige Krippe bis 2019 Tradition hatte. Doch man habe immer öfter beobachten können, dass sich die Tiere in ihren Unterstand zurückgezogen hätten, sagt Gabriele Frisch vom Nürtinger Stadtmarketing. Zudem habe es zunehmend Kritik an der lebendigen Krippe sowie einen wachsenden Aufwand für die Betreuung der Tiere und den Schutz vor Vandalismus, Tierquälerei und verbotenes Füttern gegeben. Letztlich habe man das Zurschaustellen von Tieren auch als nicht mehr zeitgemäß betrachtet und die lebenden Tiere nun durch Holzfiguren ersetzt.