Das Stuttgarter Rathaus spiegelt sich in einer Christbaumkugel auf einem Stand des Weihnachtsmarkts Foto: Kraufmann

Die Stadt nimmt die Erhöhung der Weihnachtsmarkt-Standgebühr für Vereine zurück.

Stuttgart - Viele Vereine in den Stadtbezirken, die mitten in den Vorbereitungen zu ihren Weihnachtsmärkten stecken, können aufatmen: Die Stadt verschiebt die Erhöhung der Gebühr für Stände mit Alkoholausschank. Sie hätten schon jetzt 50 statt 20 Euro zahlen sollen. Die meisten hatten erst kurzfristig davon erfahren.

Der saftige Aufschlag hat viele Ehrenamtliche, die mit ihrem Stand Geld für gemeinnützige Einrichtungen oder Vereinszwecke sammeln wollten, kalt erwischt. Obwohl im Dezember 2009 bei den Haushaltsplanberatungen für den Doppeletat 2010/2011 vom Gemeinderat beschlossen, erfuhren viele Vereine erst jetzt davon. "Wir haben am 5. November eine E-Mail vom Amt für öffentliche Ordnung bekommen", sagt Jochen Heidenwag, Vorsitzender des Gewerbe- und Handelsvereins Feuerbach.

Darin wurde nicht nur die höhere Gebühr angekündigt, sondern auch, dass es künftig keine Sammelerlaubnis mehr gebe, sondern jeder Standbetreiber sich selbst um die Genehmigung des Ausschanks kümmern müsse. "Das haben wir danach von jedem Aussteller verlangt", sagt Heidenwag, "der Aufwand hat sich dadurch deutlich erhöht." Fragen blieben trotzdem offen, denn wie genau die Änderung zu verstehen ist, erschloss sich manchem aus dem Schreiben nicht ohne weiteres.

Weitere Hürde sorgt für Ärger

Die Vereine werten die Neuregelung als weitere Hürde für Ehrenamtliche. Ärger ausgelöst hatten auch schon verbraucherschutzrechtliche Auflagen. So müssen zum Beispiel beim Verkauf von selbst gebackenen Gutsle Inhaltsstoffe und Zusammensetzung angegeben werden. "Das ist zwar nachvollziehbar, aber für Privatleute kaum praktikabel", ärgert sich der Vereinsvorsitzende.

Zusätzliche Irritationen löste ein Wirtschaftsgespräch des Kreisverbands des Bundes der Selbstständigen vor wenigen Tagen aus. Dabei wurden der Erste Bürgermeister Michael Föll (CDU) und Wirtschaftsförderer Klaus Vogt auf das Thema Schankgebühr angesprochen - und reagierten überrascht. Bei den Ehrenamtlichen wuchs die Verunsicherung. Föll sagte daraufhin zu, sich um das Thema kümmern zu wollen.

Im Verwaltungsausschuss des Gemeinderats versuchte Ordnungsbürgermeister Martin Schairer (CDU) am Mittwoch, die Wogen zu glätten. 50 Euro für die sogenannte kleine Gaststättenerlaubnis - den Ausschank von Alkohol - "sind für einen einzelnen Stand viel", zumal dann, wenn er wie in den Stadtbezirken zur Weihnachtszeit nur an einem einzigen Tag aufgebaut werde, räumte Schairer ein.

Mit der seit Mai erhobenen neuen Gebühr sei aber nicht wie früher nur ein Tag abgegolten, sondern die gesamte Veranstaltungsdauer. Außerdem sei der Aufschlag nicht nur der klammen Stadtkasse geschuldet, sondern auch "dem Verwaltungsaufwand für einen Beamten im mittleren Dienst". Überdies dränge die Europäische Union auf kostendeckende Gebühren.

Streitwert beträgt nur 5000 Euro

Weil der "Streitwert" sich aber für alle Weihnachtsmärkte auf insgesamt 5000 Euro begrenze, riet Schairer zu einem Moratorium für die Weihnachtsmärkte in den Stadtbezirken. Die FDP, die einen entsprechenden Antrag gestellt hatte, sah sich bestätigt. "Wir wollen das korrigieren und 2011 neu verhandeln", freute sich der Liberale Bernd Klingler. Alle anderen Fraktionen schlossen sich an. Bei der Neuregelung müsse auch geprüft werden, ob Sammelgenehmigungen, die in manchen Stadtteilen für jeden Stand nur 15 Euro bedeutet hatten, wieder zugelassen werden können. Sie würden das Verfahren vereinfachen. Das Ordnungsamt will dies prüfen.

Die CDU-Fraktion begrüßte die Entscheidung. Die Neuregelungen seien den Standbetreibern "zu kurzfristig" zugegangen. In Zukunft müsse man eine Lösung finden, die das Engagement der ehrenamtlich Tätigen stütze und nicht gängele. Man müsse dabei eine Gebührenstaffelung erreichen, um zwischen ehrenamtlichem Engagement und gewerblichen Interessen zu entscheiden.

Das wäre im Sinne der Organisatoren. "Mit der Gebührenerhöhung hat man wohl auf gewerbliche Beschicker gezielt und die Ehrenamtlichen getroffen", sagt Wolfgang Reiter vom Handels- und Gewerbeverein Münster, und seine Kollegin Rita Albert, die den Markt in Münster auf die Beine stellt, ergänzt: "Die Beteiligten hätten sich bedankt, wenn sie für die paar Tässchen Glühwein hätten so viel bezahlen müssen. Das wäre unverhältnismäßig." Heidenwag ist froh, dass "der Schildbürgerstreich" zunächst einmal vom Tisch ist, und findet auch etwas Gutes an der Diskussion: "Immerhin haben alle verständnisvoll reagiert." Und damit die vorweihnachtliche Bescherung gerettet.