Die Geschichte von der Geburt Jesu werden viele Gläubige auch am zweiten von Corona geprägten Weihnachtsfest vor den Kirchen hören. Foto: imago images/Panthermedia/manae

Viele Kirchengemeinden verlegen ihren Weihnachtsgottesdienst an Heiligabend ins Freie. Das hat nicht nur den Vorteil, dass Abstände besser eingehalten werden können.

Rems-Murr-Kreis - Neun Grad und Regen: Es sei den vielen Kirchengemeinden in Fellbach und anderswo zu wünschen, dass diese Wetterprognose für Heiligabend nicht eintrifft. Denn überall im Remstal werden viele Weihnachtsgottesdienste unter freiem Himmel gefeiert. Von der Geburt Jesu wird auch im zweiten Corona-Jahr vielerorts nicht nur in der Kirche, sondern auch draußen erzählt. Im Pausenhof der Silcherschule in Fellbach, auf dem Saint-Pierre-Platz in Stetten, auf dem Marktplatz in Schorndorf oder dem Festplatz in Schwaikheim.

Keine Normalität an Heiligabend

„Eigentlich haben wir bis Anfang November noch gedacht, dass wir normal in der Kirche feiern können. Aber als sich alles wieder anders entwickelt hat, war uns schnell klar, dass es keinen Wert hat, irgendwie mit Normalität zu planen“, sagt Matthias Wanzeck, evangelischer Pfarrer in Stetten. Deswegen habe die Gemeinde beschlossen, den Familiengottesdienst samt Krippenspiel um 17 Uhr auf dem Saint-Pierre-Platz zu feiern.

Für ihn und seine Kollegen ist es nichts Neues, den Gottesdienst pandemiebedingt nach draußen zu verlegen. „In den letzten anderthalb Jahren haben wir sehr gute Erfahrungen mit Gottesdiensten unter freiem Himmel gemacht“, erzählt Julian Scharpf, Pfarrer der evangelischen Lutherkirche in Fellbach. Man versuche, kreativ mit der Situation umzugehen. Zudem würden die Menschen diese Gottesdienste draußen gern annehmen, weil sie ein hohes Maß an Sicherheit bieten würden. Die Gemeinde lädt zweimal dazu ein, im Freien zu feiern: Um 16 Uhr findet ein Familien-Gottesdienst mit Krippenspiel und Kinderkirche im Hof der Silcherschule statt, um 18 Uhr wird an gleicher Stelle der Heiligabend-Gottesdienst mit dem Posaunenchor gefeiert.

„Wir haben auf dem Saint-Pierre-Platz ein sehr schönes Ensemble, mit der Kirchenfassade, mit dem großen und beleuchteten Christbaum“, erzählt Matthias Wanzeck aus Stetten. Ein Vorteil sei zudem, dass man auf die Erfahrungen aus dem Vorjahr zurückgreifen könne, als der Heiligabendgottesdienst ebenfalls auf dem zentralen Platz in Kernens Teilort gefeiert wurde.

Gemeinsames Singen ist möglich

Alle Pfarrer berichten, dass der Gottesdienst unter freiem Himmel nicht nur mehr Abstand garantiere und dafür sorge, dass mehr Menschen den Gottesdienst besuchen können. „Ein großer Vorteil der Gottesdienste im Freien ist, dass wir als Gemeinde dort gemeinsam singen dürfen“, berichtet Julian Scharpf. Diese Tatsache hebt auch die Schorndorfer Pfarrerin Dorothee Eisrich hervor: „Gemeinsam mit dem Großen Blasorchester ‚Oh du fröhliche’ singen! Viele freuen sich schon auf diese Möglichkeit“, erzählt sie. Die Lichterkirche auf dem Schorndorfer Marktplatz beginnt um 17 Uhr.

Auch anderswo im Kreis wird unter freiem Himmel gefeiert: In Waiblingen finden zwei Gottesdienste um 15.30 und 17 Uhr auf dem Zellerplatz statt, der erste Gottesdienste wird vom Chor der Eltern und Freunde des Saliergymnasium begleitet, der zweite vom Posaunenchor. Fast wie die Hirten dürfen sich die Gottesdienstbesucher in Schwaikheim fühlen: Die Wiesenweihnacht wird um 17 Uhr auf dem Festplatz gefeiert, dabei gibt es die Weihnachtsgeschichte zu hören und es werden Lieder gesungen.

Einen etwas anderen Open-Air-Gottesdienst gibt es in Rommelshausen. Dort wird ein Stationen-Krippenspiel veranstaltet. Los geht es zwischen 15.30 und 15.50 Uhr in der Jägerstraße und der Bussardstraße. Bis zum Ziel am CVJM-Plätzle warten unterwegs verschiedene Spielszenen auf die kleinen Gruppen, die mit Abstand losgeschickt werden. Zum Abschluss gibt es am Ziel einen kurzen gemeinsamen Weihnachtsgottesdienst.

„Ich sehe die Gottesdienste unter freiem Himmel als Chance. Die Heilige Nacht draußen zu erleben, das hat einen Mehrwert“, sagt Matthias Wanzeck, der deswegen inständig hofft, dass das Wetter mitmacht und nicht starker Dauerregen die besondere Stimmung trübt.

Streamingangebote an Weihnachten

Die Kirchengemeinden wissen aber auch, dass viele in der aktuellen Situation größere Menschenmengen lieber ganz vermeiden. Deswegen gibt es wieder einige Streamingangebote. Der Weihnachtsgottesdienst, der um 21 Uhr in der Fellbacher Lutherkirche gefeiert wird, kann genauso im Internet verfolgt werden wie die Lichterkirche auf dem Schorndorfer Marktplatz um 17 Uhr oder der Familiengottesdienst mit Musical um 14 Uhr in der Stiftskirche Backnang. Und natürlich werden viele Gottesdienste auch in den Kirchen gefeiert. Da aufgrund des geringeren Platzangebots in einigen Kirchen oftmals eine Anmeldung notwendig ist, sollte man sich auf jeden Fall über die jeweiligen Bedingungen über die Internetauftritte der Kirchengemeinden informieren, bevor man sich auf den Weg zum Gottesdienst macht. In Schorndorf etwa gilt für die drei Gottesdienste in der Stadtkirche am 24. Dezember und 1. Weihnachtsfeiertag die 2G-Regel, zudem gibt es maximal 250 Plätze.

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Egal, ob die Menschen draußen, drinnen oder im heimischen Wohnzimmer mitfeiern: „Ich erhoffe mir für die Weihnachtsgottesdienste, dass sie angesichts der Dunkelheit dieser Wochen vielen Menschen ein Licht in ihr Leben bringen, das sie wärmt und ihr Inneres erhellt“, sagt Pfarrer Julian Scharpf. Schorndorfs Pfarrerin Dorothee Eisrich hat ganz ähnliche Gedanken. „Was ich mir erhoffe: dass wir wirklich Weihnachten feiern und den Mut nicht verlieren. Dass wir auch öffentlich auf dem Marktplatz einander Lichter weitergeben und die Menschen durch die Übertragung zuhause spüren – wir sind nicht allein. Da sind viele, die mit mir hoffen auf eine friedvolle Welt.“