Die vorweihnachtliche Marienstraße in der Stuttgarter City ist im Jahr 1978 hell erleuchtet. Foto: Wilfried Weber

„Das Licht kam in die Finsternis“ – so heißt es im Weihnachtsevangelium des Johannes. Im Advent erhellt eine wahre Lichterflut die dunkle Jahreszeit. Um den Feiertagsglanz früherer Zeiten geht es heute in unserem Stuttgart-Album.

Stuttgart - Die Nacht hat keine Chance, ihre Schwärze auszubreiten. So viele Lichterketten sind über die vorweihnachtliche Marienstraße gezogen, als stecke ein eigenes Kraftwerk dahinter.

Wir befinden uns im Jahr 1978. Große Teile der Stadt, die heute allein den Fußgängern gehören, durften damals von Autos befahren werden. Wilfried Weber hat diese großartige Aufnahme vor fast vier Jahrzehnten gemacht und unserem Geschichtsprojekt geschickt. Im Facebook-Forum des Stuttgart-Albums wird eifrig über dieses Zeitdokument debattiert. „Ich finde es sehr schade, dass Stuttgarts Innenstadtstraßen, vor allem die Königstraße, heute so gut wie keine Weihnachtsbeleuchtung mehr haben“, schreibt Eckard Markner, „andere Städte haben einen Weihnachtsmarkt und trotzdem ihre Haupteinkaufsstraßen und Fußgängerzonen in Lichterglanz gehüllt.“ Und Achim Wypich meint: „Weihnachtsbeleuchtung war zwar früher sehr schön, aber viel schöner finde ich heutzutage die Marienstraße ohne Autos, zumindest im unteren Teil.“

Die Straßenbahn durfte noch oben bleiben

Oh Tannenbaum, wie hell sind deine Lichter! Die Autos, die vor dem Hauptbahnhof stehen, verraten das hohe Alter der Aufnahme, die der Fotograf Zenz Engel im Advent des Jahres 1966 gemacht hat. Von der Statur und seiner Beleuchtung könnte der Weihnachtsbaum auch von heute stammen. Auf der Straße sieht man Schienen – damals durfte die Straßenbahn noch oben bleiben. Heute befindet sich, aber auch schon seit über 40 Jahren, die Klett-Passage darunter.

Auf einem weiteren Foto unserer kleinen Weihnachtslichterserie ist hinter den beleuchteten Fassaden von Geschäftshäusern der Turm des Alten Rathauses zu sehen. Von Wibke Wieczorek haben wir die Weihnachtsgrußkarte bekommen, die möglicherweise aus den 1940er Jahren stammt. Im Zweiten Weltkrieg erlitt nur der 68 Meter hohe Turm keine Einschläge. Längst ist er mit der neuen Fassade verschalt worden.

Erinnerungen verschenken

Zwar mögen die Weihnachtslichter in den Einkaufspassagen und -straßen im Vergleich zu den 1970er Jahren runtergedimmt sein, was in Zeiten des Energiesparens ratsam ist, aber nicht gerade wenige Stuttgarter haben ihre privaten Vorgärten und Häuser mit Lichterketten und Glitzerdekor übersät. Grell, hell und amerikanisch, dies scheint zuweilen die Devise zu sein.

Im Weihnachtsevangelium des Johannes heißt es: „Das Licht kam in die Finsternis.“ Das Licht weckt die Lebensgeister der Menschen und hellt das Gemüt auf. Das Düstere, das in dieser Jahreszeit den Tag oftmals bestimmt, soll vertrieben werden. Das Licht steht für das Leben.

Wer Erinnerungen an Weihnachten verschenken will: Im Silberburg-Verlag sind zwei Bücher zu unserer Stadtgeschichtsserie „Stuttgart-Album“ erschienen. www.facebook.com/Album.Stuttgart.