Werner Seibold, erfolgreicher Kellermeister der Fellbacher Weingärtner Foto: privat

Wie soll sich das Wein-Anbaugebiet Württemberg in der Welt präsentieren? In erster Linie mit dem Lemberger, findet Michael Weier.

Stuttgart - Kürzlich habe ich mich mit ein paar Winzern unterhalten (wenn einer davon Wert darauf legt, bezeichne ich ihn auch als Wengerter). Dabei ging es darum, wie sich das Anbaugebiet Württemberg in der Welt präsentieren soll. Mein Vater hätte die Antwort sofort gewusst: Mit Trollinger natürlich! Trollinger haben fast nur wir, die Südtiroler nennen das schließlich Vernatsch, und Trollinger ist einfach der beste Wein der Welt.

Gut, ich gestehe jedem Württemberger diese Meinung zu, ich wurde zuletzt von dem einen oder anderen Trollinger sogar überrascht. Positiv. Aber ich muss meinen Vater dennoch enttäuschen. Die Linie, auf die sich zuletzt eigentlich alle Winzer hier geeinigt haben lautet: Lemberger. Die Österreicher nennen ihn den Blaufränkischen, die Ungarn Kekfrankos, ansonsten ist die Rebe auf der Welt eher weniger bekannt. Aber sie hat definitiv ein gewaltiges Potenzial. Ist ja kein Zufall, dass ich selbst ebenfalls auf Lemberger gesetzt habe bei meinem Rebenprojekt mit der Weinmanufaktur Untertürkheim.

Vergangene Woche saß ich in Vaihingen an der Enz, genauer in Roßwag. Also mitten im Lembergerland, diesen Titel beanspruchen die dortigen Genossen frech für sich. Dort wird der Lemberger schon immer hoch gehalten, deshalb gibt’s den Vaihinger Löwen, einen Preis nur für die Sorte Lemberger. Mein Job in der Jury war schwierig, was für die Qualität der Weine spricht. In der Kategorie Barrique (jetzt schüttelt mein Vater vermutlich mitleidig den Kopf) stand dieses Jahr eine Rekordzahl an Weinen auf dem Tisch. 90 Winzer stellten sich der Konkurrenz. Wir haben zunächst in zwei Gruppen zu vier Personen probiert, jede suchte vier Weine fürs Finale aus, diese acht wurden dann in einer Endrunde von der kompletten Jury probiert. Dies alles in einer Blindprobe, niemand wusste, was im Glas ist. Weil die Verkostung von Journalisten, Händlern und nicht von Vollprofis vorgenommen wird, belächeln viele Winzer den Löwen als Stubentiger.

Dass ich nichts tauge, lasse ich mir gern nachsagen, die anderen Juroren aber haben einen guten Job gemacht. Was das Ergebnis belegt: Die Spitzengruppe ist bunt durchmischt von VdP-Weingütern, Genossenschaften und anderen Betrieben. Der Hammer allerdings ist: Gewonnen hat ein Badener! Wir zerbrechen uns das Hirn, welcher Wein für Württemberg steht, finden den Lemberger – und dann macht ein Badener den besten. Ist das nicht frustrierend? Nein. Das Weingut Plag liegt nahe der Grenze, eigentlich am Stromberg und fast im Lembergerland. Direkt dahinter landete das Weingut Jürgen Ellwanger aus dem Remstal, einer der Holzfass-Pioniere im Land und ein allgemein anerkannter Rotwein-Guru.

Für meinen Vater habe ich auch noch einen Trost: Fellbach, mein Geburtsort, war der eigentliche Gewinner. Bei den Barrique-Weinen landeten die Fellbacher auf dem dritten Platz. Bravo! Die Fellbacher haben sich damit aber nicht begnügt, bei den trockenen Lembergern siegten sie vor dem Weingut Notz (Hohenhaslach) und belegten zudem Platz drei. Bei den Lembergern mit Restsüße gewannen die Weingärtner aus Lauffen vor dem Weingut Bruker aus Großbottwar.

Die Probe machte in jedem Fall klar, dass Württemberg auf den Lemberger setzen muss. Meinem Vater gebe ich darauf einen Trollinger-Lemberger aus.