Oben: Die Reihe der mitgebrachten Flaschen beim Weinbergfest, unten: Der Weinkühler Foto: Weier

Aus dem Urlaub zurück, lernt unser Weinkolumnist gleich wieder dazu. Bei seiner eigenen Bottleparty im Weinberg, dass sich Winzer mit: „Euch eine gute Lese!“ verabschieden. Und in der Reithalle, dass Blaufränkische gut schmecken, auch wenn sie nicht Lemberger heißen wie bei uns.

Stuttgart - Zurück aus dem Urlaub, hinein ins Vergnügen. Genau so stellt sich ein Weinkolumnist das Leben vor: Nach der Landung zunächst eine kleine Weinprobe im eigenen Weinberg, am Montag dann der Besuch in der Alten Reithalle, wo der Verband Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) die Kollegen aus dem Burgenland zu Besuch hatte. Auf beiden Terminen habe ich wieder eine Menge gelernt, wie immer gebe ich meine Erkenntnisse sofort an die Leser der Flaschenpost weiter.

Punkt eins, gelernt in meinem Weinberg: Winzer (schwäbisch Wengerter) verabschieden sich nach einem Fest im September nicht mit einem fröhlichen „Tschüss“ oder „eine schöne Woche“ – der Wengerterwinzer sagt kurz: „Eine gute Lese.“ Die passende Antwort darauf ? Lieferte Sven Ellwanger gleich mit: „Und bsonders dicke Äpfel!“

Wenn Ihnen also in den nächsten Tagen ein Mann vom Fach über den Weg läuft: Sie wissen Bescheid. Mit einem fröhlichen „Euch eine gute Lese“ auf den Lippen macht man sich Freunde. Und das kann nicht schaden, denn ich habe ja noch mehr gelernt: Die Kollegen freuen sich förmlich auf die Lese. Die Aussichten sind wunderbar, während ich das ganze Jahr über gestöhnt habe angesichts der Trockenheit – meine neu gepflanzten Reben litten sehr! –, kam das Wetter bei den Besitzern älterer Weinberge gar nicht so schlecht an. Die tief wurzelnden Reben haben die regenfreie Zeit ganz gut überstanden, entsprechend gut hängen die Trauben momentan an den Stöcken. Keine Fäulnis, alles gut. Das sind Worte, die hört man in unserer Branche eigentlich immer nur am Ende der Lese vom Weinbaupräsidenten, der jährlich verkündet, dass es mal wieder einen Jahrhundertjahrgang gibt.

Auf dem Weinberg habe ich zudem noch gelernt, dass die Form der Flaschenparty, also einer Bottleparty, ziemlich unterhaltsam ist. Jeder bringt was mit, das gibt dann Gesprächsstoff. Im Wesentlichen unterscheidet sich so etwas also nicht von der Veranstaltung in der Reithalle, dort brachten die Winzer viele Flaschen mit, weshalb es ganz praktisch für einen Weinkolumnisten ist, wenn er mit dem Fahrrad zum Veranstaltungsort rollen darf. Gelernt habe ich, dass immer mehr Menschen den Vorteil dieser Veranstaltung zu schätzen gelernt haben – die Bude war brechend voll! Über die Qualität war ich bereits informiert: Die Wengerter aus Württemberg zeigten sehr schöne Sachen aus dem vergangenen Jahr, das war aber bekannt. Und die Winzer aus dem Burgenland machen auch herrliche Lemberger, die sie aber Blaufränkisch nennen, was in etwa so richtig ist, wie wenn der Engländer behauptet, auf dem Festland fahre man auf der falschen Straßenseite. Dafür schmeckt der Wein aus dem Burgenland verdammt gut, was man von den meisten englischen Sachen nicht behaupten kann.

Vor lauter Lernen kann ich übrigens nichts über türkischen Wein schreiben, den ich in meinen drei Wochen Urlaub konsumiert habe. Aber das hole ich nach. Irgendwann, wenn wir alle die Lese gut überstanden haben und die dicken Äpfel aufgelesen sind.

Tipp der Woche

Die Kollegin Carola F. brachte einen Wein mit von einem Winzer mit in den Weinberg, der auch anwesend war. Etwas sehr Außergewöhnliches. Ein Grauburgnder mit Maischestandzeit. Ein Volltreffer!

Weingut Zimmerle in Korb, Grauburgunder 2014, 20,50 Euro.