Ein Bulle auf der Alm, das ist die Idealvorstellung von Tierhaltung – für die meisten Tiere gibt es aber nicht so viel Idylle. Foto: imago/POP-EYE

Fleisch gilt als besonders klimaschädliches Lebensmittel. Doch wie stark sich Fleisch auf das Klima auswirkt, hat auch mit der Fütterung und Haltung zu tun, und je nach Tier gibt es große Unterschiede. Ein Überblick, was man dazu wissen sollte.

Mehr als 90 Prozent der Menschen in Deutschland essen Fleisch. 55 Kilo waren es 2021 pro Jahr und Kopf, Tendenz leicht sinkend. Aber das ist immer noch knapp das Doppelte bis Vierfache dessen, was die Deutsche Gesellschaft für Ernährung für gesund hält. Dafür werden etwa 669 Millionen Hühner, 51,8 Millionen Schweine und 3,2 Millionen Rinder pro Jahr getötet. Gleichzeitig landen laut der Umweltorganisation WWF 75 Millionen Tonnen Fleisch im Müll, und viele Tiere in der Mast sterben bevor sie zum Schlachter kommen.

 

Lebensmittel haben immer einen ökologischen Fußabdruck. Bei Fleisch ist er besonders groß, das ist nichts Neues. 70 bis 80 Prozent der weltweiten Agrarflächen dienen dazu, um Futter für Nutztiere zu erzeugen, so eine Studie im Fachblatt „Science“. Diese Produkte – Fleisch, Milch, Käse – liefern aber nur ein Fünftel der Kalorien für die Ernährung der Menschen. Dazu verantwortet die Nutztierhaltung laut Umweltbundesamt fünf Prozent der CO2-Emissionen. Was bedeuten diese Zahlen für den Fleischkonsum?

Eine perfekte Entscheidung gibt es nicht

Nachhaltigkeit ist eine Utopie“, sagt Beate Gebhardt, die an der Uni Hohenheim zu Fleischkonsum und Alternativen forscht. Man kann nie eine perfekte Entscheidung treffen. CO2-Bilanz, Tierwohl, gesunde Böden – man solle versuchen, möglichst viele und unterschiedliche Nachhaltigkeitskriterien zu berücksichtigen, sagt Gebhardt. Und ein großer ökologischer Fußabdruck bedeutet ja auch: Hier kann mit der richtigen Wahl viel eingespart werden.

Die Unterschiede je nach Fleisch sind groß: Ein Kilogramm Rindfleisch verursacht laut Bundesumweltministerium 13,3 Kilo CO2-Äquivalente, pro Kilo Hühnchen sind es 3,5, bei Schweinen 3,3 Kilo CO2-Äquivalente. Aber die CO2-Bilanz ist nicht alles.

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Auch wie gut es den Tieren geht, ist eine Form der Nachhaltigkeit. Die Bundesregierung plant eine verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung, aktuell gibt es die aber noch nicht. Allerdings haben sich einige Supermarktketten zusammengetan und geben mit Logos die Haltungsformen 1 bis 4 an. Die Haltungsformen 1 und 2 bedeuten Stallhaltung, bei den Stufen 3 und 4 sind ein Zugang zu einem Freigelände verpflichtend.

Weidehaltung hat viele Vorteile

Die Premiumvariante unter den Haltungsformen ist die Weidehaltung. Man spricht bei der Haltung in der Regel über Rinder oder Schafe. Die Wiederkäuer haben eine große Stärke: Sie können Gras auf einer Alm oder in der Steppe – das für Menschen nicht essbar ist – zu etwas verarbeiten, das auch wir essen können: Fleisch und Milch.

Die Weidehaltung hat nach Ansicht einiger Experten den positiven Nebenaspekt, dass der Dung der Kühe die Humusschicht aufbaut, was der Artenvielfalt und den Tieren selbst guttut und zusätzlich CO2 speichert. Das allerdings nur, wenn die Böden nicht zu intensiv genutzt werden.

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Eine feste Definition für Weidehaltung gibt es laut der Verbraucherzentrale (VZ) aber nicht. Ein idyllisches Tierleben auf der Alm bedeutet Weidehaltung also oft nicht. In der Biohaltung müssen Tiere zumindest ständigen Zugang zu einem Auslauf haben, eine Endmast im Stall über maximal ein Fünftel der Lebenszeit ist erlaubt, manche Bioverbände haben strengere Richtlinien.

Wild ist nachhaltig – meistens

Auch Wild gilt als nachhaltiges Fleisch. Die Tiere leben bis zu ihrem Tod in der Natur, der Transport zum Schlachthof bleibt ihnen erspart, meist wird alles regional verarbeitet. Das gilt nicht für Zuchtwild. Das wird laut dem „Spiegel“ oft als Tiefkühlkost angeboten und stammt überwiegend aus Betrieben aus Osteuropa oder Neuseeland.

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Eine bessere Haltungsform garantiert auch das Biosiegel, etwa durch mehr Platz. Aber der CO2-Fußabdruck ist bei Bio in der Regel sogar größer als bei konventionellem Fleisch. Bio-Rindfleisch kommt laut dem Ifeu-Institut in Heidelberg auf 21,7 Kilo CO2-Äquivalente, also etwa die Hälfte mehr als bei konventionellem Fleisch. Ein Grund: Intensive Mast auf weniger Platz braucht weniger Energie als Bio. Dennoch sei Bio das bessere Fleisch, sagt Forscherin Gebhardt.

Fleisch aus dem Labor als Lösung?

Eine Möglichkeit, CO2-Emissionen einzusparen, könnte im Labor gezüchtetes Fleisch sein. In einem Restaurant in Singapur wurde bereits zeitweise ein Burger aus gezüchtetem Hühnerfleisch verkauft. Und auch wenn Forscherinnen und Forscher noch viel Arbeit sehen: Eine im Fachblatt „Nature“ veröffentlichte Studie kam zu dem Ergebnis, dass sich damit bis zu 80 Prozent der ökologischen Fußabdrucks einsparen ließen. Eine solche Züchtung brauche aber viel Energie, etwa um die Bioreaktoren bei der Produktion zu heizen, sagt Florian Humpenöder vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Aber: „Man geht davon aus, dass es ökologischer ist, weil die Tierhaltung für die Umwelt so belastend ist“, sagt Gebhardt von der Uni Hohenheim.

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Bleiben die gängigen Fleischalternativen als Möglichkeit – wie etwa von Beyond Meat. Dessen CO2-Fußabdruck ist 90 Prozent geringer als bei Rindfleisch, errechneten Wissenschaftler der University of Michigan. Und es sei zwar gesund, weniger Fleisch zu essen, sagt Gebhardt. Aber nicht, diese einfach durch mehr Fleischersatzprodukte zu ersetzen. Denn sie sind meist stark verarbeitet und enthalten oft „viel Fett und viel Salz“.

Wie wird Fleisch bewusst eingesetzt

Crowdbutching
1960 wurden in Deutschland noch 4,4 Kilo Innereien pro Jahr gegessen, 2021 nur noch 0,3 Kilo. Um alles von einem Tier zu verwerten, findet etwa das Konzept des Crowdbutching zunehmend Anhänger. Dabei werden über eine Online-Plattform – etwa grutto.de – alle Teile eines Tiers verkauft, bevor es geschlachtet wird. Viele Schlachtabfälle werden aber auch zu Haustierfutter verarbeitet.

Hybridfleisch
Eine Möglichkeit, den CO2-Fußabdruck von Fleisch zu verringern, ist Hybridfleisch. Das bedeutet: Fleisch wird etwa mit Gemüse versetzt, laut der Verbraucherzentrale NRW mit acht bis 40 Prozent. Allerdings wird laut der VZ für Hybridfleisch im Supermarkt Fleisch aus schlechteren Haltungsformen verwendet – besser wäre also, hochwertiges Fleisch zu kaufen und selbst Hybridfleisch daraus zu machen.

Verschwendung
Viele Tiere in der Mast sterben bereits, bevor sie zum Schlachter kommen. In der Schweinemast sind es laut dem Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung 28 Prozent der Tiere. Zudem werden demnach jährlich bis zu 200 000 Milchrasse-Kälber getötet, weil sich ihre Aufzucht nicht lohnt. Das galt bis zum Vorjahr auch für 45 Millionen männlich Küken – seit Anfang dieses Jahres ist das sogenannte Kükenschreddern aber verboten.