Foto: Nina Ayerle

Wer dem Großstadtlärm entfliehen möchte, kann das mitten in der Stadt. Die Karlshöhe lockt auch im Winter Paare, die einen romantischen Spaziergang planen.

S-Süd - Etwa 100 Meter über dem Stuttgarter Talkessel liegt sie. Bis zur Aussichtsplattform auf der Karlshöhe sind es einige Stäffele, die der Besucher zurücklegen muss, sehr viele sogar, wenn man von Heslach oder der Hasenbergsteige aus hinauf läuft. Doch die Aussicht über den Kessel entschädigt für den Weg über etliche Treppen. Faulere Zeitgenossen können auch mit dem Auto bis zur Humboldtstraße fahren und sich so ein paar Stufen sparen, um zu der Parklandschaft im englischen Stil zu gelangen. Sie ist vor allem deshalb so besonders, weil sie mitten in der Stadt liegt – an der Grenze des Süden zum Westen.

Im Sommer ist der Biergarten „Tschechen und Söhne“ und die Grünanlage mit dem Spielplatz ein beliebtes Ausflugsziel. Selbst im Winter finden Spaziergänger ihren Weg hinauf. Viele Pärchen lassen sich weder von Minusgraden abschrecken, noch von dem spiegelglatten Weg zur Aussichtsplattform. Gerade um diese Jahreszeit sind sie hier oben ungestört. Die Parkanlage lädt zum Spaziergang weit ab vom Großstadtlärm ein; sie ist aber dennoch nur wenige Gehminuten von der City entfernt.

Einst als schwäbische Akropolis geplant

In den Jahren 1864 und 1865 erwarb der Verschönerungsverein Stuttgart die Bergkuppe und schuf dort eine Parkanlage für die Stuttgarter Bürger. Der Verein bezeichnete das Gelände etwas sperrig als „topografisch markantesten Punkt in der Stadtlandschaft“. Es gibt Vermutungen, dass der Hügel in früheren Zeiten der Standort der Reinsburg war. Bewiesen ist die Existenz dieser Burganlage jedoch nicht.

Bei der Parkgestaltung achtete der Verein darauf „die durch den früheren Steinbruchbetrieb bedingte Senke geschickt in die neue entstehende, romantisch gestaltete Parklandschaft“ einzubeziehen. Als Erinnerung an König Karl pflanzte der Verein 1864 eine Linde. 1889 schlug der Verein zudem vor, einen Hügel anlässlich des 25-jährigen Regierungsjubiläums von Karl nach dem König zu benennen. Deshalb heißt der Reinsburghügel nun Karlshöhe.

Einst war die Höhe als eine Art schwäbische Akropolis geplant. Die Autoren des „Stuttgart-zu-Fuß“-Führers relativieren dies jedoch: „Bedenkt man, welch hochtrabende Pläne einst der Anhöhe galten, auf der eine Art schwäbische Akropolis entstehen sollte, ist das Resultat doch arg bescheiden.“

Auf der Liste der Kulturdenkmäler

Ab 1976 ließ der Verschönerungsverein in Zusammenarbeit mit dem Garten-, Forst- und Friedhofsamt die Anhöhe umgestalten. Der Spielplatz entstand, Bänke wurden aufgestellt und die Schutzhütte renoviert. Kurz darauf erneuerte die Landeshauptstadt die Liste ihrer Kulturdenkmäler. Die Stadt nahm die Karlshöhe als öffentliche Parkanlage zusammen mit einigen Elementen wie dem Bogenbrückchen, der Willy-Reichert-Staffel sowie dem Pallas-Athene-Brunnen in die Liste der Kulturdenkmale auf.

Auch die Unterstehhalle, die der Architekt Rolf Gutbrod anlässlich der Landesgartenschau 1961 gebaut hat, wurde zum Kulturdenkmal. Einst war die Halle eine Milchbar mit Terrasse. Mehr als 40 Jahre später wurde daraus der Biergarten, den die Betreiber in enger Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt umgebaut haben.

Auch der Abstieg von der Karlshöhe über die Humboldtstraße bietet eine Besonderheit: Auf dem ehemaligen Millionärshügel befindet sich noch hinter dichten Hecken das Schweizerhaus, das einstige Sommerhaus von Sophie Knosp, der Witwe des Fabrikanten Rudolf Knosp. Der Unternehmer lebte von 1820 bis 1897. Er handelte mit Chemieprodukten und erwarb ein beträchtliches Vermögen.

Durch eine Stiftung von zwei Millionen Mark ermöglichte Knosp mit seiner Frau Sophie den Bau des Rudolf-Sophien-Stiftes im Stuttgarter Süden. Das Stift wurde im Jahre 1914 eingeweiht und ist heute ein Rehabilitationszentrum und eine Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik.