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Wenn am Sonntag viele Corona-Regeln wegfallen, wollen viele Branchen im Südwesten weiter für Schutzmaßnahmen sorgen. Zur Maskenpflicht für Angestellte und Kunden gibt es unterschiedliche Ansichten.

An diesem Sonntag ist es soweit:  Ab dann müssen in Innenräumen keine Masken mehr zum Schutz vor der Corona-Infektionen getragen werden. Maskenpflichten sind nur noch begrenzt möglich, etwa in Kliniken oder Pflegeheimen und öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Wirtschaft im Südwesten geht unterschiedlich mit der neuen Situation um:

Industrie

Die Industrie agiert vorsichtig und will die Schutzmaßnahmen weiter aufrecht erhalten: Bei einer Blitzumfrage der Arbeitgeberverbandes Südwestmetall unter 500 Unternehmensvertretern wollten nach Angaben des Verbands annähernd 90 Prozent in Bereichen, wo Mitarbeiter aufeinander treffen wie Flure, Aufzüge oder Cafeterien, die Maskenpflicht bis auf Weiteres beibehalten. Sechs Prozent halten demnach sogar an der Maskenpflicht am individuellen Arbeitsplatz fest. Drei Viertel der Metallfirmen wollen die bisherigen Home-Office Angebote fortsetzen, ein Viertel will sie herunterfahren.

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90 Prozent der Befragten stellen ihren Mitarbeitern weiter Testmöglichkeiten bereit. Laut einem Verbandssprecher können sich die Unternehmen auf die gesetzliche Vorgabe stützen, nach der an die Infektionslage angepasste Schutz- und Hygienekonzepte erstellt werden sollen. „Die Unternehmen haben großes Interesse daran, dass die Belegschaft gesund bleibt und die Aufträge abarbeitet.“

Einzelhandel

Die Hauptgeschäftsführerin des Handelsverbandes, Sabine Hagmann, hält mit Blick auf den Bundesgesetzgeber eine Maskenpflicht für nicht mehr erforderlich. Dass Einzelhändler diese per Hausrecht aufrecht erhalten, glaubt sie nicht. „Wir werden das Gesetz im Vertrauen auf die Expertise von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach umsetzen.“ Die Verkaufsberater sollten selbst entscheiden können, ob sie den Mundschutz weiter tragen. Sie schätzt, dass ungefähr die Hälfte der Belegschaften weiter auf Nummer sicher geht und die andere froh ist, wieder frei atmen zu können. Dass Geschäfte ihre Kunden per Hausrecht weiterhin zum Maskentragen verpflichten, werde so gut wie gar nicht vorkommen.

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Fitnessstudios

Der Arbeitgeberverband deutscher Fitness- und Gesundheitsanlagen gibt keine Empfehlung für Studios bezüglich der Maskenpflicht. „Wir informieren Mitgliedsbetriebe über die aktuellen regionalen Verordnungen und empfehlen sich an diese zu halten. Ob dann eine Hausordnung besagt, eine Maske zu tragen, bleibt der Fitnessanlage überlassen“, sagt Geschäftsführer Alexander Wulf. Zusätzlich bleibe die Verantwortung des Mitglieds, ob es eine Maske trage oder nicht.

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Bislang war in den Umkleiden und auf den Wegen durch das Studio die Maske obligatorisch, aber nicht am Gerät oder in Kursen. Er habe den Eindruck, dass die Unternehmen vorsichtig agieren und Mitarbeitern das Tragen von Masken nahelegen, um das Risiko krankheitsbedingter Schließungen zu minimieren, so Wulf. Dem Verband gehören ein Drittel der Betriebe in Deutschland - teilweise mit mehreren Anlagen - an.

Gastgewerbe

Der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) - freut sich über die Lockerung. „Unser Verband hatte sich stets dafür eingesetzt, dass Einschränkungen fallen sollen, wenn keine Überlastung des Gesundheitssystems droht“, sagt Verbandssprecher Daniel Ohl. Allerdings seien Betriebe und Gäste aufgerufen, weiterhin bestmöglich zur Eindämmung der Pandemie beizutragen, um eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden. Gaststätten könnten im Rahmen ihres Hausrechts Anti-Corona-Maßnahmen wie die 3G-Zugangsbeschränkung oder die Maskenpflicht beibehalten.

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Wie viele Betriebe von dieser Möglichkeit Gebrauch machen werden, konnte Ohl nicht abschätzen. Bei der Maskenpflicht für die Mitarbeiter seien noch Rechtsfragen zu klären. Ohl: „Aus unserer Sicht wäre es wünschenswert, wenn die Kellner und Kellnerinnen insbesondere im Außenbereich der Gastronomie die Maske ablegen könnten.“

Friseurhandwerk

Uwe Volz, Vorstand des Friseurinnungsverbandes Baden-Württemberg, geht es nicht anders. Auch ihm fehlen noch klare politische Vorgaben zur Frage, ob die Beschäftigten weiterhin Masken tragen müssen. „Das ist noch nicht eindeutig kommuniziert worden.“ Dass die Kunden den Atemschutz nur freiwillig tragen, ist bereits klar. Auch was ihn selbst angeht, ist er unentschlossen: „In meiner Brust schlagen zwei Herzen, manchmal könnte ich die Maske an die Wand klatschen, manchmal sage ich mir, sie ist das kleinere Übel.“

In seiner 25-köpfigen Belegschaft in seinen zwei Salons sieht er die Meinungen geteilt. Volz will in seinen Geschäften Abteilungen abtrennen, in denen Kunden ohne Maske von Friseuren ohne Maske bedient werden und solche, in denen ein Maskengebot gilt. Er habe Glück mit sehr großen Räumlichkeiten. Nicht alle Kollegen hätten diese Möglichkeit.