Der Abgeordnete Daniel Cohn-Bendit sitzt am Mittwoch im EU-Parlament in Straßburg. Zur aktuellen Diskussion um die vorgesehene Preisverleihung an ihn hat er bisher nicht Stellung bezogen. Foto: dpa

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist für die Verleihung des Theodor-Heuss-Preises an Daniel Cohn-Bendit – trotz alter Pädophilie-Vorwürfe gegen den EU-Politiker.

Stuttgart - Die Vergangenheit holt Daniel Cohn-Bendit (Grüne) ein: Weil er sich 1975 „in nicht unproblematischer Weise zur Sexualität zwischen Erwachsenen und Kindern“ geäußert habe, wird Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, der Verleihung des Theodor-Heuss-Preises an den heute 67-jährigen Politiker fernbleiben. Das bestätigte der Sprecher des Gerichts am Mittwoch den Stuttgarter Nachrichten.

Das Bundesverfassungsgericht sei „in ganz besonderer Weise gehalten, jeden Anschein zu vermeiden, es würde solche Aussagen billigen“, sagte der Sprecher. In dem Buch von 1975 hatte Cohn-Bendit seine politische Arbeit als 68er und Studentenführer geschildert. Dabei werden auch sexuelle Intimitäten des damals 28-jährigen mit Kindern beschrieben. Später erklärte er, dass dies „kein Tatsachenbericht“ gewesen sei.

Die Verleihung des Heuss-Preises soll am 20. April im Neuen Schloss in Stuttgart stattfinden. Die Zusage, dort die Festrede zu halten, hat Voßkuhle bereits ein Jahr zuvor gegeben. Dass Cohn-Bendit Preisträger sei, hat er laut Gericht erst zum Jahreswechsel 2012/2013 erfahren. Die Vereine Zartbitter und Wildwasser, die gegen sexuelle Gewalt gegen Kinder und Frauen kämpfen, kritisieren die Preisverleihung.

Homburger: „Theodor Heuss hätte sich im Grab herumgedreht“

Ministerpräsident Kretschmann (Grüne), der formal dem Vorstand der Heuss-Stiftung angehört, sieht laut Regierungssprecher Rudi Hoogvliet „keinen Grund“, den Preis für Cohn-Bendit infrage zu stellen. Gesine Schwan, Vorsitzende des Stiftungskuratoriums, hält die neuen Vorwürfe des Kindesmissbrauchs für „unbegründet und ehrenrührig“. Cohn-Bendit erhalte den Preis für sein Eintreten für eine „streitbare Demokratie“, sagte Ludwig Theodor Heuss, Enkel des ersten deutschen Bundespräsidenten Theodor Heuss und Vorsitzender der Stiftung.

Die FDP-Landesvorsitzende Birgit Homburger kritisiert die Preisverleihung, allerdings wegen der radikalen politischen Vergangenheit von Cohn-Bendit. „Theodor Heuss hätte sich im Grab herumgedreht“, sagte Homburger.