Viele Fitnessstudiobetreiber treibt die Frage um, ob eine erneute Kündigungswelle im Herbst droht , wenn ungeimpfte Fitnessgänger ihre Tests selbst bezahlen müssen. Foto: dpa/Marijan Murat

Ab dem 12. Oktober müssen Nichtgeimpfte und Nichtgenesene Coronatests aus eigener Tasche bezahlen. Viele Studiobetreiber in Stuttgart befürchten einen Mitgliederschwund.

Stuttgart - Die Gefühlswelt vieler Fitnessstudiobetreiber schwankt seit Monaten zwischen Erleichterung und Sorgen. Erleichterung darüber, dass die Mitglieder seit Juni wieder Fitness betreiben und Gewichte stemmen dürfen. Besorgt sind aber viele über das, was ab 12. Oktober auf sie zukommen mag. Dann werden Coronatests nicht mehr vom Steuerzahler finanziert. Jeder, der nicht geimpft oder von der Erkrankung genesen ist, muss den nötigen Antigen- oder PCR-Test aus eigener Tasche bezahlen.

Marion Schmidt, die Inhaberin des Fitnessstudios Frauenfitness in Möhringen, blickt daher mit sorgenvoller Miene auf den Herbst: „Etwa die Hälfte unserer Mitglieder ist voll geimpft. Wenn ab Oktober die andere Hälfte kündigen würde, weil sie die Selbsttests nicht bezahlen will, dann stehen wir vor der Insolvenz.“ Bereits jetzt hätten einige Mitglieder mitgeteilt, dass sie vom Herbst an nicht mehr kommen werden, wenn sie selbst für die Tests aufkommen müssen.

Deutlich weniger Mitglieder bei gleichen Leistungen

Die beiden Lockdowns 2020 und 2021 hatten einen starken Rückgang der Mitgliederzahlen ausgelöst. „Etwa ein Drittel hat gekündigt“, so Marion Schmidt. Anfangs hatten noch die meisten der 300 Mitglieder dem Möhringer Fitnessstudio die Stange gehalten. Froh war man vor allem über den Neustart im Juni. „Der Wiederbeginn war noch verhalten. Wir waren zu 50 Prozent ausgelastet“, berichtet Schmidt.

Wie soll es nun also weitergehen? Um den schlimmsten aller denkbaren Fälle, einen weiteren Mitgliederschwund zu verhindern, erwägt Marion Schmidt nun in ihrem Studio günstigere Corona-Tests anzubieten: „Unser Plan B geht in die Richtung, selber Spucktests anzubieten für jene Mitglieder, die sich vor einem Besuch unseres Studios testen lassen müssen. Wir lassen uns dahingehend bereits ausbilden. Ich muss aber auch sagen, dass wir ein Fitnessstudio sind und der Aufwand zu testen, nicht allzu zu groß werden darf.“

Eine „klare Regelung“ – nur mit welchen Auswirkungen?

Ebenfalls von Ungewissheit spricht Martin Weinheimer, der Geschäftsleiter bei Kieser in Stuttgart-Mitte. Seit der Wiedereröffnung am 8. Juni seien 60 Prozent der Kunden wieder fürs Training in die Christophstraße gekommen. Die restlichen 40 Prozent zahlen zwar weiterhin Beiträge, sind aber noch nicht wieder aufgetaucht. Hier bestehe Potenzial in beide Richtungen: bleiben oder gehen. Wie viele Mitglieder kündigen werden, weil sie die Selbstzahl-Testpflicht nicht mittragen wollen? „Schwer zu sagen“, sagt Weinheimer. Auch er habe schon E-Mails erhalten, in denen Kunden ihren Weggang angekündigt haben – aus Unverständnis über die Regel.

Positiv bewertet Martin Weinheimer, dass viele der Mitglieder auch während der Pandemie nicht abgesprungen seien. Das liege wohl auch daran, dass sein Kundenstamm eher älteren Jahrgangs noch zahlkräftiger und nun auch größtenteils geimpft ist. 10 Prozent der Mitglieder hätten die Fitness-Kette allerdings dennoch verlassen. Trotz der vielen Fragezeichen: die Selbstzahl-Testpflicht bringt auch ein bisschen Gewissheit: „Dies ist eine klare Regelung, mit der wir einen neuerlichen Lockdown vermeiden können,“ fasst es Weinheimer zusammen.

Der drohende Mitgliederschwund bereitet Sorgen

Timo Goldhacker ist Geschäftsführer der Fitnessstudio-Kette Jonny M. Etwa 30 Prozent der Mitglieder seien seit dem Pandemie-Beginn von Bord gegangen. „Wir haben immer eine gewisse Fluktuation. Wenn Kunden gehen, kommen wieder neue hinzu. Der entscheidende Unterschied durch Corona war, dass wir keine neuen mehr hinzugewinnen konnten“, sagt Goldhacker. Erst allmählich erhole sich der Betrieb wieder. „Es ist recht vernünftig angelaufen, seitdem wir wieder offen haben“, so Goldhacker.

Den Impfstatus kann der Geschäftsführer nur von jenen einsehen, die eines der fünf Studios in Stuttgart besuchen. Er geht von einer Impfquote von gut 50 Prozent aus. Auch er wisse aktuell noch nicht, wie viele dem Fitnessstudio den Rücken kehren werden oder sich doch noch von einer Impfung überzeugen lassen. Am wichtigsten bewertet Goldhacker die Perspektive, vorerst keinen Lockdown mehr mitmachen zu müssen: „Hauptsache wir dürfen geöffnet bleiben.“