Die Aufgabe, die Verkehrsströme zu beobachten, erledigt für den Landkreis die Leitstelle der Waiblinger Polizeidirektion. Aber wie lange noch? Foto: dpa

Landrat strebt unter das Dach der Verkehrsrechnerzentrale – Land lehnt Vorschlag ab.

Waiblingen/Stuttgart - Die vielen tödlichen Unfälle in Straßentunneln haben die Europäische Union dazu veranlasst, ihren Mitgliedern eine strengere Überwachung der Röhren vorzuschreiben. Diese Aufgabe wird in den Bundesländern unterschiedlich interpretiert. Rems-Murr-Landrat Fuchs will jetzt eine Zentrale fürs Land.

Durch den 1500 Meter Kappelbergtunnel zwängen sich täglich rund 69.000 Fahrzeuge. Beim Leutenbacher B 14-Tunnel beträgt die Verkehrsmenge noch die Hälfte. Bei diesen Massen an Fahrzeugen ist die Unfallgefahr groß. In beiden Röhren gibt es deshalb die modernsten Sicherheitseinrichtungen für die Überwachung. Diese Aufgabe, die Verkehrsströme zu beobachten, erledigt für den Landkreis die Leitstelle der Waiblinger Polizeidirektion. Aber wie lange noch?

Diese Frage treibt Rems-Murr-Landrat Fuchs wegen der anstehenden Polizeireform um. Im Zuge dieser Veränderungen zieht die gesamte Verkehrsüberwachung in die neue Direktion nach Aalen um. Fuchs hegt Zweifel daran, dass diese Polizei-Leitstelle Zeit und Personal findet, um die Straßentunnel sowohl im Ostalb- als auch im Rems-Murr-Kreis zu überwachen. Bevor diese Aufgabe am Landkreis selbst, wie es übrigens die Landesgesetze vorschreiben, hängen bleibt, bemüht sich Fuchs um andere Lösungen.

Denkbar sind für den Rems-Murr-Landrat mehrere Varianten. Zum Zwecke der Videoüberwachung können für Fuchs der Kappelberg- und der Leutenbachtunnel von der Verkehrsrechnerzentrale des Landes übernommen werden. Die 2009 nach Stuttgart umgesiedelte Zentrale habe noch Kapazitäten frei. Der Landrat kann sich aber auch vorstellen, dass eine ganz neue, übergeordnete Tunnelleitzentrale eingerichtet wird. Als Betreiber sieht Fuchs das Land in der Pflicht. Als dritte Möglichkeit kommt aus dem Waiblinger Landratsamt der Vorschlag, unter dem Dach des Stuttgarter Regierungspräsidiums eine Leitzentrale einzurichten. Als Betreiber könnten die Landkreise der Region fungieren. Das Geld für die Einrichtung müsste allerdings vom Bund kommen.

Gesetze stehen im Weg

Für die Varianten zwei und drei braucht es für Johannes Fuchs einen längeren Anlauf. Deshalb plädiert er dafür, die beiden langen Rems-Murr-Tunnel bei der Landeszentrale in Stuttgart aufzuschalten. Dort zeigt man sich von der Idee aus dem Rems-Murr-Kreis allerdings wenig begeistert. „Die Gesetze des Landes geben es nicht her, dass eine kommunale Aufgabe auf das Land oder den Bund übertragen wird, teilte ein Sprecher des baden-württembergischen Verkehrsministeriums auf Anfrage mit. Hinzu komme die praktische Seite. Die Stuttgarter Zentrale und ihr Personal könnten unmöglich rund um die Uhr mehr als 15 Monitore beobachten. Das Ministerium empfiehlt dem besorgten Landrat deshalb weiterhin eine Zusammenarbeit mit der Polizei. Möglicherweise lasse es sich einrichten, dass mehrere Landkreise die neuen Leitzentralen der künftigen größeren Polizeidirektionen auch für die Tunnelüberwachung nutzen. Für diese Lösung spreche, dass es auch eine räumliche Nähe zu den überwachten Objekten gebe.

Die Antwort aus Stuttgart überzeugt den Rems-Murr-Landrat nicht. Die aktuellen Straßengesetze des Landes geben für Fuchs durchaus den Spielraum für Kooperationsformen mit kommunalen Institutionen her. „Und in der Verkehrsrechenzentrale lassen sich durch geringfügige Modifikationen durchaus die notwendigen Kapazitäten erschließen“, will Landrat Fuchs dem Land vorrechnen.

Beispiele aus anderen Bundesländern zeigen, dass Fuchs mit seiner grundsätzlichen Forderung nach einer zentralen Tunnelüberwachung nicht falschliegt. Das Bundesland Nordrhein-Westfalen hat bereits vor sechs Jahren eine zentrale Leitstelle für die Überwachung von 40 Straßentunneln im Zuge von Autobahnen, Bundes- und Landesstraßen eingerichtet. Weitere Röhren werden folgen, denn in dem Bundesland, so ein Sprecher der Straßenbehörde, sei das von der EU vorgeschriebene Nachrüstprogramm noch nicht umgesetzt.

Das Nachbarland Bayern blickt von zwei Stellen aus in seine Straßenröhren, die einer Überwachung unterliegen. Eine Zentrale ist im nordbayerischen Fischbach angesiedelt, die andere im Norden von München. Die Landeshauptstadt selbst unterhält wie auch Stuttgart eine eigene Verkehrsleitzentrale. Der Leiter der Stuttgarter Verkehrsbehörde Bernd Eichenauer äußert in diesem Zusammenhang durchaus Verständnis für das Anliegen von Fuchs. Eine solche Aufgabe sei den Landkreisen nicht zuzumuten. Sein Mitleid geht allerdings nicht soweit, dem Nachbarn im Rems-Murr-Kreis die Technik der integrierten Verkehrsleitzentrale der Landeshauptstadt anzubieten. Dazu habe die Einrichtung zu wenig Personal. Eichenauer verweist in diesem Zusammenhang auf den Stuttgarter Gemeinderat . Er habe der Verkehrszentrale bis heute nur das Personal für drei Schichten genehmigt.