Polens Präsident Andrzej Duda: Muss das Gesetz nur noch unterschreiben. (Archivbild) Foto: AFP/JANEK SKARZYNSKI

Immer mehr Flüchtlinge versuchen, über die polnisch-belarussische Grenze in die EU zu gelangen. Polen plant nun, in der Grenzregion den Ausnahmezustand einzuführen. Das Land fürchtet weitere Provokationen durch Lukaschenko.

Warschau - Wegen vieler illegal über Belarus einreisender Migranten will Polen den Ausnahmezustand in der Grenzregion zu dem östlichen Nachbarland verhängen. Einen entsprechenden Antrag habe die Regierung verabschiedet und Präsident Andrzej Duda vorgelegt, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki am Dienstag in Warschau. Der Ausnahmezustand soll mit sofortiger Wirkung gelten, sobald Duda ihn unterschreibt.

Geplant sei eine Dauer von 30 Tagen an einem „engen Streifen“ von drei Kilometern Breite entlang der Grenze, sagte Innenminister Mariusz Kaminski. Der Ausnahmezustand werde 183 Ortschaften im Osten des Landes betreffen. Die bürgerlichen Rechte würden dort für diese Zeit eingeschränkt. Weder Ausflüge oder Demonstrationen noch andere Aktionen seien dann erlaubt. Für die örtlichen Bewohner seien keine Behinderungen des Alltags zu befürchten. Ortsfremde dürften sich jedoch vorerst in dem Streifen nicht mehr aufhalten.

Zaunbau bereits begonnen

Nach Angaben von Kaminski haben allein im August mehr als 3000 Migranten versucht, illegal über die polnisch-belarussische Grenze zu gelangen. Polen hatte bereits in der vergangenen Woche begonnen, an der 418 Kilometer langen Grenze zu Belarus einen 2,5 Meter hohen Zaun zu bauen.

Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hatte Ende Mai angekündigt, dass Minsk Migranten nicht mehr an der Weiterreise in die EU hindern werde - als Reaktion auf verschärfte westliche Sanktionen. Seitdem hatte zunächst Litauen mit einem Andrang von Migranten aus dem Nahen Osten an die Grenze zu Belarus zu kämpfen. In den vergangenen Wochen ist auch Polen zunehmend unter Druck geraten.

Die Regierung habe sich für die Verhängung des Ausnahmezustands entschieden, weil sie sich Sorgen mache um die Sicherheit der polnischen Bürger und der EU-Außengrenze, sagte Morawiecki. Das Lukaschenko-Regime sei gefährlich. „Wir möchten gewissen Eventualitäten vorbeugen, die zu einer internationalen Krise führen könnten.“

Afghanen sitzen seit drei Wochen fest

Im Fokus der polnischen Öffentlichkeit steht derzeit das Schicksal einer Gruppe von 32 Flüchtlingen aus Afghanistan, die seit fast drei Wochen in der Nähe des Grenzorts Usnarz Gorny festsitzen. Polnische Grenzschützer, Polizisten und Soldaten haben das Lager abgeriegelt und lassen die Flüchtlinge nicht ins Land. „Wir können hier keine Präzedenzfälle schaffen“, sagte Kaminski. „Wenn wir 30 reinlassen, kommen demnächst 300, dann 3000 und 30 000.“ Die festsitzende Migrantengruppe in Usnarz Gorny werde regelmäßig von den belarussischen Grenzschützern mit Essen versorgt.

Die geplante Verhängung des Ausnahmezustands könnte eine Medienberichterstattung über Polens weiteren Umgang mit der Flüchtlingsgruppe erschweren. Auch ortsfremde Mitglieder von Hilfsorganisationen, die in der Nähe kampieren, müssten ihre Aktivitäten dort einstellen.