Bei einem Unfall kommt die Kfz-Versicherung zum Zug. Viele Policen dürften im nächsten Jahr günstiger werden. Foto: 166969870

Jahrelang ist die Kfz-Versicherung immer nur teurer geworden. Damit dürfte diesen Herbst zur traditionellen Wechselsaison Schluss sein. Die Branche blickt vor allem auf die Allianz.

Stuttgart - Jahrelang haben die Prämien für Kfz-Policen nur eine Richtung gekannt – nach oben. 2017 sind sie in der Haftpflicht- und Kaskodeckung im Schnitt nochmals um knapp zwei Prozent gestiegen. Falls sich Experten vom Preisvergleichsportal Check 24 über die auf Versicherungen spezialisierte Ratingagentur Assekurata bis hin zu Spezialisten in den Versicherungskonzernen selbst nicht irren, kommt die Serie von Preiserhöhungen diesen Herbst aber zum Stillstand. „Wir werden das Preisniveau vom Vorjahr unterschreiten“, heißt es bei Check 24. Assekurata-Analyst Dennis Wittkamp rechnet damit, dass es preislich diesmal zumindest stagniert, wenn nicht sogar im Marktschnitt leicht um ein bis zwei Prozent nach unten geht. „Urheber ist die Allianz“, heißt es bei einem ihrer Konkurrenten.

Die Branche rüstet sich bereits entsprechend für die diesjährige Abwerbe-Runde. Die startet dieser Tage, weil zum Branchenstichtag 30. November Kfz-Policen traditionell gekündigt werden können und Halter dieses Datum oft nutzen, um sich eine günstigere Police zu besorgen. In den Wochen davor lohnen sich deshalb günstige Angebote besonders, will man der Konkurrenz Kunden abjagen und den eigenen Marktanteil steigern. Das ist erklärtes Ziel der Allianz, die in Deutschland die Marktführerschaft bei Kfz-Policen vor einigen Jahren an Huk Coburg verloren hat. Der Abstand ist groß geworden. Huk hat in Deutschland 11,6 Millionen Autos versichert. Bei der Allianz waren es Ende vorigen Jahres 8,5 Millionen Verträge im Bestand. Aber die Allianz will wieder Marktführer werden.

Die Allianz will massiv Kunden werben

Schon zum Jahreswechsel 2017/18 konnte der Münchner Assekuranzriese erstmals seit Jahren wieder 150 000 Fahrzeuge dazugewinnen, was für ihn die beste Abwerberunde seit 16 Jahren war. Diesen Herbst soll noch eine Schippe drauf kommen. „Günstiger als du denkst“, lautet der Werbeslogan einer seit Mitte September laufenden Allianz-Kampagne. Zudem stellt sich die blaue Marke bei der Onlineplattform Verivox ab sofort wieder Preisvergleichen. Dort war die Allianz zuletzt nur über ihre Online-Tochter Allsecur vertreten. Die neue Strategie signalisiert Preisaggressivität.

„Die Allianz zieht alle Register“, heißt es bei einem Wettbewerber. Die Münchner selbst relativieren. Man habe die Preise für Kfz-Policen im bisherigen Jahresverlauf nicht gesenkt und plane das bislang auch nicht, sagt eine Sprecherin. Die Allianz habe aber zu Unrecht das Image, teuer zu sein. Darauf ziele die Werbekampagne. Kunden sollen Preise vergleichen. Im unteren Marktdurchschnitt verorten sich die Münchner dabei durchaus.

Einen Preiskrieg wird es aber wohl nicht geben

Einen Preiskrieg wie in früheren Jahren werde es wohl nicht geben, sagt Assekurata-Experte Wittkamp. Sollte die Allianz an der Preisschraube drehen, womit er rechnet, würden es nicht viele mitmachen können. Warum das so ist, erklärt Thomas Köhne. Er ist Professor am Institut für Versicherungswirtschaft an der Hochschule für Wirtschaft und Recht in Berlin. Zwar schreibe die Assekuranz seit 2014 in Deutschland bei Kfz-Policen wieder Gewinne. Die hätten bislang aber noch nicht einmal ausgerecht, um die Milliardenverluste aus den Preiskriegsjahren 2008 bis 2013 zur Hälfte wieder auszugleichen. Zudem sind die Zinsen im Dauertief. Der Spielraum für Preiskriege ist von daher begrenzt.

Sparen lässt sich für Kfz-Versicherte dennoch fast immer etwas. Das hat Höhne in einer aktuellen Studie im Auftrag der Verti Versicherung ausgerechnet. Basis waren zehn Musterkunden und 20 Regionen in Deutschland. Höhne kommt dabei auf ein realistisches Einsparpotential je nach Region von im Schnitt 426 bis 626 Euro. Eine ähnliche Studie verfasst hat die Technische Hochschule (TH) Rosenheim. Sie kommt allerdings nur gut 200 Euro durchschnittliches Einsparpotential. Verbraucherschützer sagen, dass Schnäppchenjäger, die sich jedes Jahr auf die Suche nach dem günstigsten Versicherungstarif machen, wohl nur ein paar Euro einsparen können. Wer lange nicht mehr oder noch nie verglichen hat, bei dem sind allerdings Vergünstigungen von mehren hundert Euro auf die Jahresprämie drin.

Wer schon lange nicht mehr gewechselt hat, kann bei einem Wechsel deutlich sparen

Die TH-Studie erklärt auch, wie und wo man sinnvollerweise sucht. Zu 80 Prozent findet man die günstigsten Tarife demnach bei den Vergleichsportalen wie Check 24 und Verivox. Ein durchschnittliches Sparpotential von über 200 Euro bringe auch ein Vergleich mit den Tarifen von Marktführer Huk Coburg. Letzteres empfiehlt sich ohnehin, da Huk weder auf Check 24 noch bei Verivox gelistet ist. Die Coburger scheuen zwar nicht einen Preisvergleich, wollen sich aber die Gebühren bei einer Vermittlung durch Vergleichsportale ersparen. So hat bis vor kurzem auch noch die Allianz gedacht, sich aber nun zumindest Verivox geöffnet. Das sei ein vorerst bis Jahresende befristeter Test, sagt eine Allianz-Sprecherin. Offenbar will der Versicherer erst einmal sehen, wie die Preisvergleiche über die Onlineplattform für das eigene Geschäft laufen. Vielleicht ist die Allianz doch nicht so günstig wie sie selbst denkt. Und falls doch, will Marktführer Huk nicht tatenlos zusehen. „Wir wollen preisführend bleiben“, kündigen die Coburger jedenfalls schon einmal vorsorglich an. Vergleiche mit dem bestehenden eigenen Tarif dürften sich für Fahrzeughalter diesmal wirklich lohnen.