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Immer wieder fallen arglose Opfer auf den Trick mit dem Münzgeldwechsel herein - und die Langfinger greifen in und um Stuttgart immer öfter zu.

Stuttgart - Immer wieder fallen arglose Opfer auf den Trick mit dem Münzgeldwechsel herein - und die Langfinger greifen in und um Stuttgart immer öfter zu. Kein Wunder: Seit anderthalb Jahren hat die Polizei in der Region keinen einzigen Wechselgeld-Trickdieb mehr gefasst.

Von dem etwa 35 Jahre alten Mann mit dunklen Haaren, ausländischem Akzent und dunkler Kleidung fehlt weiter jede Spur. In der Brunnenstraße in Bad Cannstatt hatte er am Dienstag einen 71-jährigen Passanten angesprochen und ihn gebeten, eine Zwei-Euro-Münze zu wechseln. Als der Rentner seinen Geldbeutel herausholt, geht alles blitzschnell. Der Unbekannte wirft seine zwei Euro ins Münzfach, greift nach einer 50-Cent-Münze und geht wortlos davon.

Kein schlechter Tausch? Der 71-Jährige wundert sich nach einer Weile über die Großzügigkeit des Unbekannten. Dann schaut er genauer in seine Geldbörse. Das Scheinfach, in dem sich bis vor wenigen Minuten noch mehrere Hundert Euro befanden, ist leer. Der Täter ist über alle Berge, und die Polizei hat nur eine vage Beschreibung.

Der Wechselgeld-Trick ist nicht neu. Aber er scheint besser denn je zu funktionieren. "In diesem Jahr haben wir bereits 27 Fälle dieser Art", sagt die Stuttgarter Polizeisprecherin Stephanie Reh. Tatverdächtige wurden dabei nicht gefasst. Schon lange nicht mehr. Der letzte Ermittlungserfolg datiert vom 19. Mai 2008, als eine rumänische Gruppe in der Innenstadt gefasst wurde. Die beiden 24 und 39 Jahre alten Männer sowie eine 40-jährige Frau waren zunächst beim Verkauf wertloser Ringe aufgefallen. Wie sich herausstellte, waren sie auch für einen Geldwechseltrick verantwortlich, bei dem einem 59-Jährigen 50Euro abgenommen wurden.

Auch in der Region häufen sich die Fälle. "17 Anzeigen, mit Tatorten von Waldenbuch bis Sindelfingen", registriert Böblingens Polizeisprecher Uwe Vincon. "Die Gutgläubigkeit und Hilfsbereitschaft von älteren Menschen wird von den Betrügern schamlos ausgenutzt", sagt der Waiblinger Polizeisprecher Klaus Hinderer. Im Rems-Murr-Kreis gab es dieses Jahr zwölf Fälle, meistens im Bereich von Einkaufszentren. Auch in den Landkreisen um Stuttgart gilt: Seit 18 Monaten ist kein Täter mehr gefasst worden.

Den letzten größeren Erfolg gab es am 14.Mai 2008 in Kirchheim/Teck im Kreis Esslingen. Ein Duo hatte sich von einem 78-jährigen Passanten zwei Euro wechseln lassen und dabei 290 Euro erbeutet. Eine Polizeistreife beobachtete das Geschehen und nahm die Täter fest. Dabei handelte es sich um zwei Rumänen im Alter von 25 und 33 Jahren, beide bereits polizeibekannt.

"Der Ältere wurde zu sieben Monaten Haft verurteilt, die er auch abgesessen hat", sagt der Esslinger Polizeisprecher Fritz Mehl. Der Jüngere erhielt fünf Monate, saß davon drei hinter Gittern. Die möglicherweise abschreckende Wirkung, die von solchen Urteilen ausgehen könnte, hat mittlerweile nachgelassen. Die Täter sind eifrig im gesamten Bundesgebiet unterwegs. Und werden sie mal in anderen Bundesländern gefasst, gibt es dort geringere Strafen.

Ein 32 und 52 Jahre altes rumänisches Duo, das im westfälischen Soest mit 170 Euro Beute erwischt wurde, zahlte eine Sicherheitsleistung und kam wieder auf freien Fuß. Ein 55-jähriger Rumäne, der Ende September im Raum Düsseldorf nach einem Zwei-Euro-Trick gefasst wurde, kam ebenfalls mit der Zahlung einer Sicherheitsleistung davon. Alle Täter waren ohne festen Wohnsitz als Touristen unterwegs.

Ob die reisenden Trickdiebe verstärkt im süddeutschen Raum unterwegs sind, ist noch unklar. In der Statistik des Landeskriminalamts (LKA) sorgt die Masche indes für steigende Zahlen. Beim Vergleich bis Oktober legte die Zahl der Fälle mit 313 Wechselgeld-Trickdiebstählen um 15 Prozent zu. "In diesem Jahr geht der Trend weiter nach oben", sagt LKA-Sprecher Horst Haug. Dabei ist es weniger die Zahl der Fälle, die betroffen macht. Der Schaden, mit einer einfachen Münze angerichtet, wuchs landesweit von 100000 auf 130000 Euro.