Finale: Landrat Dietmar Allgaier gibt dem Eberdinger Bürgermeister Peter Schäfer (im Bild mit Ehefrau Martina) die Entlassungsurkunde. Foto: Jürgen Bach

Generationenwechsel in Eberdingen (Kreis Ludwigsburg): Für Peter Schäfer kommt jetzt Carsten Willing. Dem scheidenden, langjährigen Schultes haben Weggefährten einen emotionalen Abschiedsabend bereitet.

Das ist mal ein Zukunftsplan: „Ich werde das schwarze Loch nicht suchen, in das man fallen könnte. Ich werde kein Ehrenamt und keine Verpflichtungen übernehmen. Ich werde keinen Kalender führen. Ich werde mich um meine Familie, meine hochbetagte Mutter, meine Enkelin kümmern. Ich werde reisen und Sport treiben, auf eine Transalp-Tour aufbrechen. Ich werde in der Sonne liegen, lesen und faulenzen.“ So sprach’s Peter Schäfer, dem seine Weggefährten eine Verabschiedung mit Überraschungsgästen organisiert hatten, am Abend vor seinem letzten Arbeitstag. Schäfer werde nicht zu denen gehören, prognostizierte sein Stellvertreter Bernd Hasenmaier, der es nicht aushalten werde, nicht mehr in der ersten Reihe zu stehen.

„Ein Drittel meiner Lebenszeit war ich Bürgermeister in the Länd“

Der 66-jährige Eberdinger Bürgermeister hat seinen Hut genommen, ein Jahr vor Ablauf seiner dritten Amtszeit. „Ich empfinde es als Privileg, selbst zu entscheiden, wenn man die aktive Bühne verlässt. Nämlich dann, wenn es am schönsten ist“, bekannte er. Nach 43 Jahren in der Verwaltung, davon 23 „und somit mehr als einem Drittel meiner Lebenszeit als Bürgermeister in the Länd“, sei es nun gut. Aufhebens um seine Person hatte er eigentlich nicht gewollt. Doch das sehr persönlich gehaltene Finale in der Eberdinger Gemeindehalle barg Momente, in denen sogar den eher nicht für Gefühligkeit bekannte Schäfer kurz die Rührung anwehte.

Und das nicht nur wegen der hinreißenden „I did it my way“- oder „Time to say goodbye“-Beiträge der in Eberdingen lebenden Sopranistin Jennifer Owusu, sondern auch, weil viele Mitstreiter Schäfers betonter Nüchternheit sehr warmherzige Worte entgegensetzten. Schäfers Zeit als Bürgermeister sei „die allererste Wahl für dich selbst und für Eberdingen“ gewesen, attestierte ihm Gemeinderat Martin Witsch. Der Schultes habe manchen Konflikt entschärft und „auch manche Farce erstaunlich gut ertragen“.

Gemeinderätin Veronika Wernstedt schwärmte: „Sie sind ein moderner Manager, der weiß, was er tut, und mit den Leuten umgehen kann.“ Sie habe immer ein bisschen Sorge gehabt, dass so jemand nach Höherem streben, etwa „sich in Kornwestheim bewerben“ könnte, „denn eine einfache Gemeinde sind wir nicht“. Es sei toll, „dass Sie uns treu geblieben sind und alle gleich gut behandelt haben“. Schäfer habe ein offenes Ohr für wenig dorftypische Projekte wie das Sommertheater gehabt, er habe „kleine, aber wichtige Dinge“ wie die Beheizung des Freibades durchbekommen – „mit einer ökologischen Lösung“. Er habe nicht das Blaue vom Himmel versprochen, „und das war gut so“.

Der Gemeinde Bestes suchen

Dreimal war der ehemalige Zehnkämpfer Schäfer – eine Aktivität, die Anlass für manches Wortspiel war – seit 1999 zum Bürgermeister gewählt worden. „Mein Kompass war, Kommunalpolitik zu organisieren und in überschaubaren Zeitachsen zu planen. Mein Amtsverständnis war vom Anspruch geprägt, der Gemeinde Bestes zu suchen“, so Schäfer. Dazu zählte, als kleine Kommune ein Museum von überregionaler Bedeutung zu unterhalten. Auf diese Unwucht hatte Schäfer immer wieder hingewiesen. Auch sein Sersheimer Amtskollege Jürgen Scholz thematisierte das: „Den Ruhm nimmt man mit, das Geld lässt man in der Schatulle“: Es sei nicht nachvollziehbar, dass das Land so wenig in ein so wichtiges Museum investiert habe. Zum 30-Jahr-Jubiläum bekam das Museum immerhin Geld von Bund und Land, um energetisch zu sanieren, anzubauen und didaktisch aufzurüsten.

Das Allermeiste im schönsten Job, den er sich vorstellen könne, sei gewinnbringend und befriedigend gewesen, sagte Schäfer, der einst auch mit einem Lehramtsstudium geliebäugelt hatte. „Ich würde es wieder machen. Und auch wieder in Eberdingen.“ Er kritisierte aber auch gesellschaftliche und politische Entwicklungen: „Die Erwartungshaltung in der Einwohnerschaft entwickelt sich, genährt von der Bundes- und Landespolitik, rasant, um nicht zu sagen, inflationär. Mit homöopathischen Dosen ist da nichts mehr zu machen.“ Einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz und in der Ganztagsschule auszurufen, sei das eine, für genügend Personal zu sorgen, das andere. „Eine Politik des Gehörtwerdens sieht anders aus.“

„Auf Besserwisserei kann ein Bürgermeister nicht bauen, und oft muss er sich in der Quadratur des Kreises üben“, sagte Landrat Dietmar Allgaier. Discounter am Ortsrand, wenn im Zentrum ein Dorfladen stirbt? Wohnraum schaffen, wenn Landwirte wegen der Versiegelung von Äckern klagten? Bürgermeister sein, das bedeute oft: abwägen, Kompromisse finden. „In einer Gemeinde ohne echte Mitte braucht es einen Mediator, einen Vermittler.“ Schäfer sei einer gewesen.

„Deutsche Eiche“, „Keltenfürst“: Solcherlei Attribute begleiteten den scheidenden Schultes, der zum Schluss stehende Ovationen bekam. Seinem Nachfolger Carsten Willing wünschte Schäfer Glück. „Meine Türe wird für Rat offenstehen, aber ich werde ihn niemals ungefragt geben.“

Drei Orte, eine Kommune

Die Gemeinde
Eberdingen hat knapp 7000 Einwohner und besteht aus den Ortsteilen Eberdingen, Nussdorf und Hochdorf. Überregional bekannt ist das Hochdorfer Keltenmuseum, dessen Trägerin die Kommune ist. In Hochdorf wurde 1978 das über Jahrhunderte unangetastet gebliebene, 2500 Jahre alte Grab des so genannten Keltenfürsten mit spektakulären, wertvollen Beigaben gefunden.

Der Nachfolger
Neuer Bürgermeister von Eberdingen ist Carsten Willing. Der Eberdinger holte in der Wahl um Peter Schäfers Nachfolge am 4. Dezember 2022 mit 65,14 Prozent im ersten Wahlgang den Sieg. Der 31-jährige Jurist, der für die Freien Wähler im Gemeinderat sitzt, hatte sich gegen fünf Mitbewerber, darunter zwei Dauerkandidaten, durchgesetzt.