Der Grüne Alexander Maier ist am Ziel, und der Jubel im Irish Pub in Göppingen kennt keine Grenzen. Foto: Michael Steinert

Erstmals nach 50 Jahren muss sich die CDU geschlagen geben. Die Grünen holen sich das Direktmandat. Der SPD-Mann Peter Hofelich behauptet sich knapp. Die AfD mit Heinrich Fiechtner gewinnt 17,4 Prozent.

Göppingen - Es ist kurz nach halb acht, als sich ein gewisser Herr Wolf auf dem Handy des Göppinger Grünen-Landtagskandidaten Alexander Maier meldet. Sondiert da ein Wahlverlierer schon die Möglichkeiten einer schwarzen Regierungsbeteiligung? Nein, es ist der Namensvetter aus dem Landratsamt. Der schreibt sich mit zwei f, hat den Vornamen Edgar und ist als Landrat oberster Wahlvorstand im Wahlkreis Göppingen. „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben das Direktmandat gewonnen“, sagt Edgar Wolff. Und weil Maier das gleich an die anderen Gäste der Grünen-Wahlparty im Göppinger Irish Pub weitergibt, kann er anschließend kein Wort mehr verstehen.

CDU verliert zum ersten Mal nach 50 Jahren

29,1 Prozent stehen am Ende für die Grünen, nur 23,5 Prozent sind es bei der CDU. Doch Maiers Kontrahent Simon Weißenfels hat das Handtuch längst geworfen. Schwer schockiert verfolgen die Parteimitglieder beim Sonnenschirmproduzenten Lambert im Stauferpark den Eingang der Wahlkreisergebnisse. Börtlingen weg, Schlierbach weg, Reichenbach – die Enklave aus dem Nachbarlandkreis Esslingen – sowieso. Nur in Wäschenbeuren liegt Weißenfels einen Prozentpunkt vorne. „Das ist eine klare Niederlage, und das kann auch nicht unser Anspruch sein“, sagt der 28-Jährige. Als die CDU zum letzten Mal den Wahlkreis nicht gewinnen konnte, war er – natürlich – noch nicht geboren. 1964 hatte die SPD damals das Direktmandat geholt.

Davon ist sie diesmal weit entfernt. Ihrem langjährigen Landtagsabgeordneten Peter Hofelich hat es jetzt gerade noch für ein Zweitmandat gereicht – das war eigentlich immer eine sichere Bank. Dabei hatte Hofelich zuletzt sogar als Staatssekretär für Wirtschaft und Finanzen am Kabinettstisch gesessen. „Ich bin geplättet, und ich empfinde es auch nicht als gerecht“, sagt der 63-Jährige. Fünf Jahre Arbeit seien durch fünf Wochen Emotionalisierung entwertet worden.

Peter Hofelich schafft es knapp

Trost kann ihm Frieder Birzele zusprechen. Das SPD-Urgestein kann sich noch gut daran erinnern, dass auch er als Innenminister in einer großen Koalition unter Erwin Teufel sein schlechtestes Ergebnis einfuhr. Das waren allerdings 28 Prozent und nicht 14,8 wie jetzt bei Hofelich.

Dafür jubeln andere. Martin Kaess von der FDP reicht es zwar nicht für ein Mandat, aber die 8,3 Prozent sind gegenüber dem Ergebnis von vor fünf Jahren fast eine Verdoppelung. Noch ausgelassener ist allerdings die Stimmung bei der AfD, die sich im Eislinger FC-Heim trifft. Wobei dort überraschenderweise erst einmal gar nichts los ist. Erst nach 19.30 Uhr trudeln die ersten Gäste ein.

AfD: Kontrollieren statt feiern

Statt gemeinsam auf die ersten Hochrechnungen zu warten, sind die Anhänger durch den Wahlkreis gezogen und haben den Ehrenamtlichen beim Auszählen der Stimmen auf die Finger geschaut. „Wir waren in etwa 20 Wahllokalen im Wahlkreis Göppingen“, berichtet der AfD-Kandidat Heinrich Fiechtner zufrieden, während ein Parteifreund mit einem Klemmbrett unter dem Arm zur Türe herein kommt, auf dem er Ergebnisse seiner Beobachtertour notiert hat. „Die Wahl war sauber, soweit ich das beurteilen kann“, sagt Heinrich Fiechtner – als wäre das eine Überraschung. Allerdings dürfte er es wohl gar nicht so genau wissen. In vielen Wahllokalen war nämlich schon ausgezählt, als die „AfD-Wahlbeobachter“ kamen.

„Je besser man sich fühlt, je freier man die Mitglieder agieren lässt, desto besser klappt’s“, räsoniert Heinrich Fiechtner. Als ihm ein Mann auf die Schulter klopft und zum Einzug in den Landtag gratulieren will, wehrt er allerdings ab. Doch im Anbetracht von einem Wahlkreisergebnis von 17,4 Prozent ist dies zu diesem Zeitpunkt fast sicher. Für den Absturz der Sozialdemokraten hat man im FC Clubhaus nur Häme übrig. Der Wiedereinzug der FDP in den Landtag wird zur Kenntnis genommen. „Wir werden uns als liberale Kraft etablieren müssen. Die wahren Liberalen, das sind wir“, sagt Heinrich Fiechtner und erntet Kopfnicken.

Der neue Grüne Inhaber des Direktmandats sieht dies anders. „Die AfD ist eine von rechtsradikalen durchdrungene Partei“, sagt Alexander Maier.