Auch im Jugendamt trieft Wasser durch die Decke und an den Wänden. Foto: factum/Granville

Ein Absperrventil ist in der Nacht geplatzt – und Wasser stundenlang unkontrolliert ausgetreten. Erinnerungen an das Jahrhunderthochwasser 2010 kommen auf.

Gerlingen - Überall stehen Eimer auf den Böden, aus Lampenöffnungen und Zwischendecken tropft eine braune Brühe, in manchen Büros quietscht beim der nasse Teppichboden beim Betreten, in anderen ist das Parkett feucht, Wassersauger und Wischmops stehen parat: Wasserschaden im Gerlinger Rathaus.

In der Nacht zum Freitag ist nach einem technischen Defekt stundenlang Wasser ausgelaufen. Es hat sich im ersten Stock verteilt, ist über die Treppe und durch Decken in Büros im Erdgeschoss gedrungen. Der Schaden ist zwar noch nicht absehbar, aber sicher deutlich geringer als beim Jahrhunderthochwasser 2010. Dafür ausgerechnet dort, wo gerade eine Ausstellung mit Wasserfarbenbildern hängt. Erst vor wenigen Monaten wurden die letzten Renovierungen abgeschlossen. Nach dem Hochwasser vor knapp sechs Jahren wurde das Rathaus peu à peu renoviert.

Ein daumendicker Wasserstrahl

Und jetzt das: am Freitagmorgen um 6.45 Uhr kommt ein Mitarbeiter des Gerlinger Stadtbauamts als Erster zum Dienst. „Ich habe schon an der Tür ein Rauschen gehört“, berichtet Ralf Schiebel. Die Treppe sei nass gewesen, im ersten Stock das Wasser zentimeterhoch gestanden. „Aus einem Absperrventil schoss ein daumendicker Wasserstrahl gut drei Meter in den Flur“, erzählt der Mitarbeiter. Er habe die Feuerwehr gerufen und im Keller den Haupthahn geschlossen.

Doch da hatten sich schon viele Kubikmeter Wasser im Haus verteilt. Die Büros von Amtsleitern im ersten Stock und im Erdgeschoss waren betroffen, auch das Bürgerbüro und andere Arbeitsplätze unter Wasser gesetzt. Zwischen dem späten Donnerstagabend und dem frühen Freitagmorgen müsse das Ventil geplatzt sein, sagt der Bürgermeister Georg Brenner. Im Gegensatz zum Hochwasser Anfang Juli 2010 sei aber die EDV nicht in Mitleidenschaft gezogen worden. Und auch der Archivleiter Klaus Herrmann ist erleichtert: kein Schaden an Akten.

Teppichböden müssen erneuert werden

Im Gebäude selbst ist das anders. Nach dem ersten Aufwischen und maschinellen Wassersaugen werden über das Wochenende Spezialisten für Bautrocknung anrücken. Mitarbeiter des Bauamtes und Handwerker haben schon am Freitag damit begonnen, Zwischendecken und Kabelkanäle zu öffnen und zu überprüfen. Teppichböden müssen erneuert werden. Wenn es dumm läuft, müssen auch Büros geräumt werden, sind Parkettbeläge aus der Bauzeit des Rathauses Mitte der sechziger Jahre herauszureißen. Das sehe man erst, wenn das Holz zu quellen beginne, sagt Sabine Pfeufer vom Hochbauamt. Nicht nur diese Böden wurden bei der letzten Renovierung aufgehübscht. Diesen Schaden habe man nicht gebraucht, meint Georg Brenner.

Er ist aber froh, dass nicht mehr passiert ist. Am Montag soll das Rathaus wieder geöffnet sein. Die Ursache des Schadens sei wohl ein technischer Defekt – Spuren eines Einbruchs gab es nicht.

Das Jahrhunderthochwasser im Strohgäu

Das Ereignis
– Am Sonntagmorgen, 4. Juli 2010, ging über dem Strohgäu ein Wolkenbruch nieder – der mit Starkregen nur unzureichend beschrieben ist. In riesigen Sturzbächen schoss das Wasser die Hänge herab, die Kanalisation nahm das Wasser nicht mehr auf, die Glems lief in kürzester Zeit über. Es gab Überschwemmungen, die Millionenschäden verursachten.

Die Folgen –
In Gerlingen liefen das Rathaus und die Tiefgarage voll, in Ditzingen wurden unter anderem die Stadthalle, das Hallenbad und die katholische Kirche geflutet. Seither wird an besserem Hochwasserschutz gearbeitet.