Ein Durchschnittshaushalt mit vier Personen und 150 Kubikmeter Verbrauch pro Jahr könne mit einmalig 200 Euro Rückerstattung rechnen, heißt es vonn der EnBW Foto: dpa

Die Energie Baden-Württemberg (EnBW) wird an die Trinkwasserkunden in Stuttgart wegen überhöhter Preise rund 46,5 Millionen Euro rückerstatten. Allerdings wird die Preiserhöhung von August 2012 bestätigt, und weitere sind absehbar. Darauf haben sich EnBW und Kartellbehörde verständigt.

Stuttgart - Der seit Februar 2013 schwelende Streit zwischen der Landeskartellbehörde und dem Monopolversorger Energie Baden-Württemberg zum Trinkwasserpreis in Stuttgart ist beigelegt. Die Kontrahenten gaben am Donnerstag vor dem Oberlandesgericht (OLG) eine Einigung zu Protokoll, mit der die Kunden in Stuttgart ab Oktober 2015 rund 46,5 Millionen Euro zurück erhalten.

Ein Durchschnittshaushalt mit vier Personen und 150 Kubikmeter Verbrauch pro Jahr könne mit einmalig 200 Euro Rückerstattung rechnen, heißt es bei der EnBW. Das Geld soll mit den Jahresabrechnungen von Oktober 2015 an bis September 2016 an die Haushalte und Gewerbekunden gehen, sagt Christoph Müller, Geschäftsführer der EnBW-Tochter Netze BW. So halte sich der Aufwand für das Unternehmen in Grenzen.

Die für die Verbraucher schmerzlichen Teile der Einigung sind die Bestätigung des heutigen Trinkwasserpreises von 2,394 Euro pro Kubikmeter (netto, also ohne sieben Prozent Umsatzsteuer) und absehbare Preiserhöhungen. Vor der jüngsten Erhöhung im August 2012, die den Streit ausgelöst hatte, lag der Preis bei 2,19 Euro pro Kubikmeter. Mit der Einigung wird nur noch der Zeitraum vom jüngsten Aufschlag bis zum 31. Dezember 2014 betrachtet. Für diese Zeit ergibt sich ein Preisabschlag um 20,5 Prozent.

Rückzahlung - dafür aber auch Erhöhung

Die Kartellbehörde hatte eine rückwirkende Preissenkung bis ins Jahr 2007 und damit samt Zinsen die Rückzahlung von rund 160 Millionen Euro gefordert. Sie hätte einem durchschnittlichen Verbraucher 900 Euro gebracht. Das OLG hatte in der Verhandlung im Februar 2015 aber deutlich gemacht, dass es eine so weit reichende Korrektur nicht akzeptieren würde. Ohne Einigung müsse die Behörde neue Bescheide ausstellen, hatte Richter Gerhard Ruf gesagt. Das hätte das Verfahren ganz erheblich verlängert.

Neben der Rückzahlung und der Preisbestätigung erhält die EnBW mit der Einigung die Möglichkeit, von 2016 an bis 2020 die Preise zu erhöhen. Es sei mit der Kartellbehörde eine Obergrenze definiert worden, sagt Müller, bis zu der diese nicht eingreifen werde. So werden Kostensteigerungen der Zweckverbände, die das Wasser vom Bodensee und Donauried liefern, mit 30 Prozent gewichtet. Die durch das Statistische Bundesamt festgestellte Inflationsrate (zuletzt 0,9 Prozent) fließt mit 70 Prozent ein. Auf diese beiden Faktoren werden pro Jahr noch 0,25 Prozent aufgeschlagen. Aus heutiger Sicht werden die Wasserpreise damit bis 2020 pro Jahr um bis zu drei Prozent auf 2,77 Euro pro Kubikmeter steigen. Der Rechenweg gilt auch bei einer theoretischen Deflation, also einem Preisverfall.

Müller kündigte am Donnerstag indirekt eine Preiserhöhung für 2016 an. „Wir hätten eigentlich bereits für 2015 den Wasserpreis erhöhen müssen, aber keiner schüttet in dieser Situation gern Öl ins Feuer“, sagt er. An beide Zweckverbände habe die EnBW 2011 noch 21 Millionen Euro bezahlt, in diesem Jahr würden es 26 Millionen Euro sein. Müller: „Unser Unternehmen steht unter dem Kostendruck der Wasser-Zweckverbände.“

Streit um Rückkauf des Wassernetzes

Die EnBW will in den nächsten Monaten Kunden, die weggezogen sind, anschreiben, um die Rückabwicklung bewerkstelligen zu können. Auch die Hausverwaltungen seien jetzt gefordert. Bis Ende 2017 werde ein Wirtschaftsprüfer „mit einem Testat die tatsächliche Ausschüttungssumme bestätigen. Über einen möglichen Rest werden wir uns mit der Kartellbehörde besprechen“, so Müller, „bei uns wird kein Euro bleiben“.

Der Geschäftsführer zeigt sich mit dem Ergebnis zufrieden. „Der Fall zeigt: Man kann sich mit uns einigen, ein wesentliches Thema ist jetzt abgeräumt.“ Ein weiteres mit erheblicher finanzieller Sprengkraft schwelt aber weiter, nämlich der vor dem Landgericht zwischen Stadt und EnBW ausgetragene Streit um den Rückkauf des kompletten Wassernetzes durch die Stadt. „Der Wasserpreis ist bei der Bewertung des Wasser-Unternehmens natürlich eine wesentliche Einflussgröße. Die Unsicherheit zu dieser Größe ist jetzt weg“, sagt Müller.

Die EnBW hat für die Analgen zur Wasserversorgung rund 600 Millionen Euro gefordert, die Stadt will nicht mehr als 150 Millionen Euro bezahlen. Das Landgericht hatte erklärt, dass die Stadt grundsätzlich ein Rückkaufrecht habe, der Preis dürfe aber, vereinfacht gesagt, dieses Recht nicht ad absurdum führen. Das Landgericht hatte den Kontrahenten zu Verhandlungen geraten. Die würden tatsächlich geführt, ein Ende sei aber nicht absehbar, so Müller. Die Einigung mit der Kartellbehörde auf den aktuellen Wasserpreis betrachtet er als Sieg, die Rückzahlung sei allerdings eine Niederlage.