Beim Drive-Through am Schlachthof: Michael Wilhelmer Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Bei Michael Wilhelmer herrscht spätestens seit der Absage des Volksfestes praktisch Stillstand. Im Interview verrät uns der Wasenwirt, wie er dennoch seine Gelassenheit bewahrt – und was er sich für Zukunft erhofft.

Stuttgart - Seine 200 Mitarbeiter musste Michael Wilhelmer in Kurzarbeit schicken. Im Moment gibt es bei dem Wasenwirt, Betreiber von vier Restaurants und Caterer, so gut wie nichts zu tun. Der 50-Jährige wirkt trotzdem unaufgeregt.

Herr Wilhelmer, wie verkraften Sie die Absage des Volksfestes?

Es kam ja nicht mehr so überraschend, nachdem die Wiesn schon abgesagt wurde und alle anderen Großveranstaltungen auch. Verkraften tun wir es, aber es tut weh. Mir tut es auch leid für die Schausteller, die haben in diesem Jahr keine Einkünfte mehr. Für uns ist es ebenfalls ein Riesenverlust. Der Wasen ist die Königsklasse. Aber wir müssen es verkraften. Immerhin können wir uns darauf vorbereiten und den Schaden etwas abwenden – und uns für das nächste Jahr rüsten. Ich hoffe, dass wir dann fröhlich und befreit feiern können.

Können Sie den Verlust in irgendeiner Form auffangen?

Für uns ist das Jahr gelaufen. Vielleicht können wir noch den Weihnachtsmarkt mitnehmen, aber das Sommerfest, das Weindorf, der Mercedes-Cup auf dem Weißenhof – alles abgesagt. Auch die Firmenbuchungen wurden storniert. Ich habe drei Säulen: Veranstaltungen, Catering und Gastronomie – und alle drei sind im Stillstand. Am Schlachthof bieten wir noch Take-Away an. Aber das ist vor allem Image- und Kontaktpflege und nicht mit dem Normalbetrieb zu vergleichen.

Und wie kommen Sie damit klar?

Wir haben in der Vergangenheit solide gewirtschaftet und jetzt den Apparat verschlankt. Wir entlassen niemand, alle 200 Mitarbeiter sind allerdings in Kurzarbeit. Wir unterstützen sie mit einem Arbeitgeberzuschuss. Aber das Trinkgeld fehlt an allen Ecken und Enden. Hoffentlich wird es nie wieder so ein Jahr geben. Vielleicht kann diese Krise andere Tugenden hervorbringen wie gegenseitige Unterstützung, mehr Verlässlichkeit und Genügsamkeit, weniger Kurzlebigkeit.

Für das was für Michael Wilhelmer und seine Firma auf dem Spiel steht, klingen Sie ruhig und unaufgeregt.

Danke. Das macht die Erfahrung. Ich habe schon die ein oder andere Krise erlebt, allerdings keine vergleichbare. Ich muss die Menschen um mich herum beruhigen. Wenn ich jetzt panisch werden würde, das wäre schlecht. Und ich bin mir sicher: Egal wie, aber wir werden zurückkommen.

Haben Sie eine Vorstellung davon, wie die Rückkehr aussehen wird?

Mir macht Sorgen, wie lange es dauern wird, bis die Menschen sich wieder trauen, Essen zu gehen und Freunde zu treffen. Viele sind sehr vorsichtig und haben große Angst. Aber wir können ja nicht alle noch monatelang oder länger auf einen Impfstoff warten. Es wird ein sehr schwieriger Weg. Jetzt kann man nichts tun, wir müssen abwarten. und dann spontan und flexibel auf die Veränderungen reagieren. So kommt man am besten durch die Krise. Die Politik hat es auch nicht leicht. Und ich finde, man kann froh sein, während dieser Pandemie in Deutschland zu leben.