Hysini Vjara arbeitet seit vier Jahren in der Wäscherei der Diakonie Stetten. Foto: Gottfried Stoppel

Im „Waschwerk“ in Kernen arbeiten 50 Menschen mit und ohne Einschränkungen zusammen. Zu den Kunden zählt unter anderem ein Polizeipräsidium mit einem Spezialauftrag.

Wie von Geisterhand gesteuert öffnet sich eine Klappe, und zahlreiche Kleidungsstücke fallen aus einer Wäscheschleuder auf ein Fließband, werden damit in einen anderen Behälter transportiert, um dann in einer Art Lift in einen mehrere Meter hoch unter der Hallendecke installierten Trockner befördert zu werden. Durch eine andere Öffnung plumpsen noch warme, saubere Textilien in einen Korb.

Hysini Vjara legt die einzelnen Teile zusammen, zieht deren Etiketten an einem Scanner vorbei und legt sie in einer Art Regal mit mehreren Fächern an jene Stelle, an der auf einem Leuchtband ein grüner Pfeil aufscheint. Erwischt sie mal eine falsche Position, wird ihr das rot blinkend signalisiert.

Seit einem Jahr am neuen Standort

Hysini Vjara ist seit vier Jahren in der Wäscherei beschäftigt, die jetzt Waschwerk heißt, und das in unterschiedlichen Tätigkeiten. Die Arbeit gefalle ihr gut, sagt die 31-Jährige, auch der neue Arbeitsplatz in der Robert-Bosch-Straße in Rommelshausen. Dorthin war das Unternehmen vor einem Jahr vom Stettener Schlossberg aus umgezogen, unter anderem weil am alten Standort die mittlerweile geltenden Brandschutzbestimmungen nicht mehr eingehalten werden konnten. Erst fast buchstäblich in letzter Sekunde war der Dienstleistungs-Partner (DLP), ein Tochterunternehmen der Diakonie Stetten, das die besondere Wäscherei betreibt, bei der schwierigen Suche nach einer geeigneten Immobilie fündig geworden.

Besonders macht die Wäscherei gegenüber anderen Reinigungsunternehmen vor allem, dass sie ein Inklusionsbetrieb ist. Von insgesamt rund 50 Mitarbeitern haben 20 eine Einschränkung körperlicher, psychischer oder kognitiver Art oder ein mehrfaches Handicap. Es sind Menschen, die aufgrund ihrer Einschränkungen auf dem ersten Arbeitsmarkt keinen Platz finden würden, deren Fähigkeiten eine klassische Behindertenwerkstatt allerdings nicht gerecht werden würde.

Ein idealer Ort für Inklusion

In manchen Bereichen des Waschwerks fügt sich die Abweichung von der Regel für Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu dem, was man neudeutsch als eine Win-win-Situation bezeichnet. Während einen „normal“ strukturierten Menschen eine immer gleiche Tätigkeit wie das Zusammenlegen von Wäschestücken vielleicht irgendwann in den Wahnsinn treiben würde, kann genau das einem Autisten die nötige Sicherheit geben und zu einer konstant-zuverlässigen, produktiven Arbeitsleistung befähigen. Nicht nur deshalb sagt Rainer Hinzen, Vorstandsvorsitzender der Diakonie Stetten: „Die Wäscherei ist ein idealer Ort für Inklusion.“

22 Tonnen Wäsche werden pro Woche zurzeit im Waschwerk verarbeitet. Die Kunden stammen zum überwiegenden Teil aus dem Kosmos der Diakonie Stetten. Einrichtungen der Behindertenhilfe lassen hier waschen, die Remstalwerkstätten und sonderpädagogische Schulen oder die Seniorenheime des Alexander-Stifts.

Gereinigt wird von der Socke über Oberbekleidung bis hin zur Bettwäsche so ziemlich alles. Die große Stärke und ein Alleinstellungsmerkmal sei die Kleinteiligkeit, erklärt die DLP-Geschäftsführerin und Waschwerk-Leiterin Petra Vogler. „Wir arbeiten hier wie eine Familie, nur in XXXXL.“

Firmeneigene Spedition holt ab und liefert aus

Damit die Wäschestücke bei der Sortierung nicht nur der Einrichtung, sondern im Zweifelsfall jedem einzelnen Bewohner zugeordnet werden können, wird alles mit QR-Code-Etiketten versehen, die von Computern ein- und ausgelesen werden können. Mit einer firmeneigenen Spedition, in der ebenfalls Menschen mit Handicap beschäftigt sind, wird die Ware vom Kunden abgeholt und auch wieder ausgeliefert.

Stolz ist man auf externe Auftraggeber, die sich ganz bewusst für das Waschwerk entschieden haben, obwohl der ein oder andere Anbieter weniger sortierintensive Jobs kostengünstiger erledigen kann. So kümmert man sich in Rommelshausen etwa seit neustem um die Bettwäsche von Einrichtungen des Jugendherbergswerks.

Mit einem ganz besonderen Auftrag ist die besondere Wäscherei vom Polizeipräsidium Böblingen/Ludwigsburg betraut worden: Die Reinigung von Schutzwesten ist ein Spezialjob, denn vor dem Waschgang muss aus dem Textil das im Ernstfall geschosshemmende Material aufwendig aus- und hinterher wieder eingebaut werden.

Klimaeffiziente Produktion

In Rommelshausen sind nicht nur die Voraussetzungen für solche Spezialaufträge geschaffen worden. Mit seiner klimaeffizienten Produktion ist die Wäscherei auch ein gefördertes Pilotprojekt und zahlt auf die Nachhaltigkeitsziele des Mutterunternehmens ein. Durch die Anschaffung entsprechender Maschinen, aber auch durch die Optimierung von Arbeitsabläufen sei der Verbrauch und Einsatz an Energie, Wasser und Chemie in Summe um etwa 50 Prozent reduziert worden, sagt Petra Vogler. Das habe auch in der Energiekrise geholfen. Man habe die Preise bisher weitgehend stabil halten können.

Der Betrieb ist langfristig angelegt, der Mietvertrag mit dem Besitzer der Immobilie auf 30 Jahre abgeschlossen worden. So viel Zeit wird auch benötigt, damit sich die millionenschweren Investitionen amortisieren können. Hysini Vjara könnte, wenn ihr der Job in der Zwischenzeit weiterhin so gut gefällt, dann fast schon vom Waschwerk in Rente gehen.