Gibt es 100 Jahre nach der Weißenhofsiedlung wieder eine IBA in Stadt und Region Stuttgart? Foto: dpa

Mit einer großen Veranstaltung in den Wagenhallen ist am Dienstagabend der Plattformprozess für eine Internationale Bauausstellung in Stadt und Region Stuttgart zu Ende gegangen. Wie geht es nun weiter?

Stuttgart - Fakten zur Internationalen Bauausstellung.

Was ist eine Internationale Bauausstellung?
Internationale Bauausstellungen ( IBA) haben kein vorgeschriebenes Format, sie sollen aber neue Impulse im Städtebau setzen. Für eine IBA muss man sich nicht bewerben oder einen Wettbewerb gewinnen. Die Stadt oder Region macht sie einfach, entwickelt und setzt die Projekte um. Über den Erfolg entscheidet die Reaktion der Fachwelt. Meistens gehen IBAs über mehrere Jahre. Entscheidend ist das Präsentationsjahr. Die IBA StadtRegion Stuttgart soll 2027 präsentiert werden – genau 100 Jahre nach der Eröffnung der Weißenhofsiedlung.
Gibt es weitere IBAs?
Die IBA Thüringen (2014-2023) ist eine Landesausstellung mit dem Schwerpunkt auf Klein- und Mittelstädte. Die IBA Heidelberg (2012-2022) steht unter dem Motto „Wissen schafft Stadt“. Die IBA Länder-Dreieck Basel mit dem Kreis Lörrach (2010-2020) betont den zwischenstaatlichen Charakter. Mit dem Thema neues soziales Wohnen beschäftigt sich die Ausstellung in Wien (2016-2022). Die IBA Parkstad (2010-2020) ist die erste Ausstellung in den Niederlanden.
Was will die Stuttgarter IBA?
Sie soll ein internationales Schaufenster für Architektur, Ingenieurbaukunst und Baukultur aus Baden-Württemberg werden. Dabei werden – auch provokante – Lösungsansätze in den Bereichen bezahlbarer Wohnraum, Arbeit, Mobilität und Nachhaltigkeit gesucht, die für andere großstädtisch geprägte Ballungsräume interessant sind. „Die Region Stuttgart wird so zur Modellregion für industriell geprägte Stadtregionen weltweit“, sagt Walter Rogg, der Chef der regionalen Wirtschaftsfördergesellschaft.
Welche Idee steckt dahinter?
Im Gegensatz zu anderen IBAs sollen in Stuttgart und der Region nicht von der Industrie oder dem Militär aufgegebene Großareale neu genutzt werden, sondern es geht um einen „präventiven Strukturwandel“, sagt Rogg. Wie kann der Wachstumsdruck – etwa nach bezahlbarem Wohnraum oder nach Gewerbeflächen – in einer prosperierenden Region befriedigt werden, wie findet der Wandel in Demografie, in der Mobilität, im sozialen Zusammenleben unter Wachstumsbedingungen statt?
Wo sind die Schwerpunkte?
Als Gerüst für den weiteren Prozess gelten vier Themenkomplexe, die mit vier für alle Projekte relevanten Querschnittsqualitäten kombiniert werden. Zu den Themen gehören: Baukultur einer neuen Moderne, womit an die Weißenhof-Ausstellung vor 100 Jahren angeknüpft werden soll; integrierte Quartiere, in denen bezahlbarer Wohnraum und funktionale Mischung verwirklicht sind; neue Technologien wie Digitalisierung, Energie- und Gebäudetechnik; die Einheit von Region und Stadt als Ausdruck einer polyzentrischen Region statt einer Megacity. Als Querschnittsqualitäten werden Mobilität, Nachhaltigkeit in allen Bereichen, solidarisches Zusammenleben und Partizipation in neuen Formen der regionalen Zusammenarbeit und Bürgerbeteiligung genannt.
Was bisher geschah?
Im Jahr 2014 verfasste die Wirtschaftsfördergesellschaft der Region zusammen mit Experten das „Plädoyer für eine Internationale Bauausstellung“. Nach einigen Querelen, bei denen es insbesondere um die angesichts der Bürgerbeteiligung (zu) frühe Einbeziehung des Stuttgarter Rosensteinviertels und den finanziell aufwändigen Aufbau einer Geschäftsstelle ging, beschloss die Regionalversammlung im Herbst 2015 die IBA-Plattform: In einem Prozess mit möglichst vielen Beteiligten sollten Themen gefunden werden. Nach der Auftaktveranstaltung im Frühjahr gab es mehrere Foren mit insgesamt mehr als 500 Teilnehmern. Das Memorandum fasst die Ergebnisse zusammen.
Wie geht es weiter?
Die Ergebnisse werden in der Regionalversammlung und auf kommunaler Ebene diskutiert. Die Region finanziert ein Projektbüro mit rund 350 000 Euro, dessen Organisationsform noch offen ist. Es soll den Prozess begleiten, Fördermittel einwerben und die Kommunikation übernehmen. Die Kommunen müssen entscheiden, ob und mit welchen Projekten sie sich an einer IBA beteiligen.