Präsident Russlands: Wladimir Putin Foto: dpa/dpa

Russlands Diktator Wladimir Putin wird bald Verhandlungen anbieten. Darauf muss sich der Westen schnell vorbereiten.

Überraschend ist das alles nicht, was sich da gerade im Osten der Ukraine und in Moskau abspielt. Der Reihe nach: Das ukrainische Heer ist an zwei Stellen im Land zu einem Gegenangriff angetreten. Die Offensive im Raum Charkiw war ein Erfolg.

Ungepanzerte Fahrzeuge brachten Erfolge

Den Predigern sofortiger Panzerlieferung sei vor Augen gehalten: Nicht Kampf- und Schützenpanzer brachten den Ukrainern den Sieg, sondern Artillerie und schnelle, wendige Geländefahrzeuge, sogenannte Pick-ups, auf deren Ladeflächen Panzerabwehrlenkraketen aufgebaut wurden. Mit ihnen stießen die Ukrainer in den von den deutschen Panzerhaubitzen und Mehrfachraketenwerfern geschossenen Breschen vor, tauchten überraschend im Rücken der russischen Stellungen auf, unterbrachen deren Nachschub und lösten unter den demoralisierten Truppen Putins Panik aus, die in einer Massenflucht mündete.

Der ukrainische Angriff im Süden der Ukraine, im Raum Cherson, ist dagegen gescheitert und durch die russische Stellungstruppe gestoppt worden.

Russen sind geschwächt

Im Ergebnis ist festzuhalten: Die russischen Verluste lassen einen Gegenangriff zurzeit unwahrscheinlich erscheinen. Aber auch die an der Offensive beteiligten ukrainischen Verbände haben Verluste zwischen 25 und 40 Prozent zu verzeichnen. Sie sind aktuell allenfalls noch in der Lage, lokal begrenzt Gelände zu erobern – zumal das Wetter vermuten lässt, dass sich der Osten der Ukraine in ein Schlammfeld verwandeln wird, das Angriffe erheblich erschwert.

Ukraine wird Gebiete verlieren

Was passiert jetzt in der Ukraine? Das Ergebnis der Volksbefragung in den vier Regierungsbezirken Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson steht heute schon fest: Die Regionen werden sich der russischen Föderation anschließen. Das wahrscheinlichste unter Dutzenden von Szenarien: Diktator Putin wird danach einen Waffenstillstand anbieten, die Gaslieferungen nach Westeuropa aufnehmen und Verhandlungen offerieren. Sein Ziel: Die Ukraine – und damit indirekt deren Unterstützer – zum Angreifer auf sein Staatsgebiet machen, die westlichen Gesellschaften zu spalten, deren Willen, der Ukraine zu helfen, angesichts wieder fließenden Gases nachhaltig zu schwächen.

Teilmobilmachung ausgerufen

Am Verhandlungstisch wird Putin für schweigende Waffen und aufzuhebende Sanktionen im Gegenzug anbieten, sich aus den Regionen Cherson und Saporischschja zurückzuziehen – also die Situation herzustellen, wie sie vor dem Beginn seiner aktuellen Offensive am 24. Februar war. Jüngster Schachzug: Um den Donbass und die Krim gegen Angriffe der Ukraine verteidigen zu können, mobilisiert Putin seit dem gestrigen Mittwoch Reservisten.

Deutschland muss weiter ausbilden

Putin will Zeit schinden, um irgendwann seinen Angriff auf die Ukraine fortzusetzen. Das bringt den Westen in eine bedrohliche Lage: Verhandeln oder im Frühjahr Angriffe der Ukraine unterstützen – und damit von Putin als Aggressor dargestellt zu werden. Propaganda, die in China und Teilen der westlichen Gesellschaften verfangen wird.

Was muss der Westen, muss Deutschland jetzt tun? Über den Winter müssen ukrainische Soldaten an westlichen Kampf- und Schützenpanzern ausgebildet werden. Ob dafür der deutsche „Marder“ geliefert wird, sei dahingestellt. Deutschland sollte hier die Führung übernehmen.

UN-Truppen brauchen robustes Mandat

In den Verhandlungen mit Putin sollte der Westen ihn zwingen, UN-Truppen mit robustem Mandat in der Ostukraine zu akzeptieren: Panzer- und Panzergrenadierbataillone, fähig, sich und die Zivilbevölkerung zu verteidigen, wenn der Waffenstillstand gebrochen wird. Auch hier sollten Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien und Spanien mit gutem Beispiel vorangehen.