„Tea Taster“ wie Egbert Kolthoff testen bei Proben den Tee löffelweise. In Deutschland wurden im vergangenen Jahr insgesamt 19 176 Tonnen aus Schwarz- und Grüntee getrunken Foto: dpa Foto:  

Bevor der Tee in den Handel kommt, wird er von erfahrenen Teetestern ausgewählt, probiert , gemischt und bewertet.

Stuttgart – - Herr Kolthoff, Sie sind Kaufmann von Beruf. Damit assoziiert man eher trockene Büroarbeit als den ganzen Tag als Teetester exquisiten Tee zu genießen.
Das Interesse an Tee wurde bei mir als echter Ostfriese schon im zarten Alter von vier Jahren geweckt. In Ostfriesland ist es üblich, dass auch schon Kleinkinder Tee trinken. Nach meiner Lehre bei der Firma Bünting entschied ich mich Teetester zu werden und durchlief eine Trainee-Ausbildung in verschiedenen Teehandelshäusern, um das Testen zu erlernen.
Für Ihren Beruf gilt dasselbe, wie für eine Partnerschaft: Ohne Liebe wird’s nix.
Die Grundvoraussetzung für den Beruf des Teetesters ist, dass man eine Leidenschaft für Tee besitzt. Man kann mit jedwedem Produkt handeln – Gummireifen, Stahl, Küchenmaschinen. Wenn man aber wie der Teetester vor allem mit der Zunge arbeitet, muss man ein Faible für das Produkt haben.
Und was braucht man außer einem sensiblen Muskelkörper sonst noch?
Grundsätzlich ist jeder Mensch mit Geschmacksknospen ausgestattet, um zu Schmecken und zu Tasten. Als Teetester muss man diese Sinne aber schulen und sensibilisieren. Das geht nicht, indem man Tee einfach probiert. Man muss mindestens fünf bis sieben Jahre lernen, intensiv zu schmecken, bis man so weit ist, auch die feinsten Nuancen herauszufiltern. Indem man als Teetester lernt Geschmack wahrzunehmen, bekommt man auch ein ganz anderes Gefühl dafür, was man isst und trinkt.
Kettenraucher, Biertrinker und Knoblauch-Fans sind also keine geeigneten Kandidaten?
Es ist ganz wichtig im täglichen Leben darauf zu achten, was man isst, ob und warum es einem schmeckt und welche Gewürze man herausschmeckt. Wenn man das konsequent beherzigt, ist man soweit, Tee zu schmecken, zu verkosten und zu beurteilen. Und: ja. Ich rauche nicht, und auf scharfe Sachen verzichte ich, wenn ich am nächsten Tag teste.
Tee-Tester ist kein Lehrberuf. Wie viele von ihrer Art gibt es in Deutschland?
Wir sind eine kleine Gilde von 60 bis 100 Testern, die dieses „Mundwerk“ beherrschen. Man gewinnt das Rüstzeug nur durch Erfahrung, wenn man an die Seite von erfahrenen Teetestern gestellt wird. Da wir Kaufleute sind, müssen wir auch den Geschmack von Tee bewerten. Der Teeproduzent schickt an den potenziellen Käufer Muster, die vom Tee-Tester probiert, beurteilt und preislich bewertet werden.
Da muss sich die Firma aber hundertprozentig auf die Geschmacksnerven ihrer Teetester verlassen können.
Wir sind drei Teetester: Zwei, die sich vertreten können und ein dritter jüngerer, der bei uns erfahrenen Testern in die Lehre geht, um zu lernen, auf was man achten muss und wie das Preisniveau der verschiedenen Tees zustande kommt.
Wie oft testen Sie?
Jeden Tag. Es gibt aber Tage – vor allem während der Erntezeit –, die einen stärker in Anspruch nehmen. Ab März wird der Darjeeling Tee an den Südhängen des Himalaya in Nordindien geerntet, der Champagner unter den Tees. Der Second Flush Assam Tee wird ab Mitte Mai sechs bis acht Wochen lang geerntet. Hochwertiger Assam ist die Grundlage für echte ostfriesische Mischungen. In diesen wenigen Wochen erreichen uns täglich Hunderte Muster, so dass wir den ganzen Tag nichts anderes machen als zu testen und zu bewerten.