Was passiert am Österreichischen Platz? Auch direkt vor Ort an den Pfeilern informiert der Verein Stadtlücken ganz analog über seine Pläne für den Platz. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Voraussichtlich Anfang Juli will der Verein Stadtlücken sein Experiment starten und den Platz unter der Paulinenbrücke zu einem Ort für Kunst, Kultur und Austausch machen.

Stuttgart - Die ersten Plakate hängen an den Pfeilern unter der Paulinenbrücke. „Was passiert am Österreichischen Platz?“ ist dort zu lesen. Voraussichtlich am 1. Juli will der Verein Stadtlücken dort mit seinem Experimentierfeld starten – einer Art Spielwiese für die Bürger. Für zwei Jahre hat der Verein die Fläche unter der Brücke von der Stadt gepachtet. Dort, wo bisher Autos geparkt werden, soll ein Ort für die Bürger entstehen. Eröffnet werden soll die zweijährige Aktion wohl mit einer Putzaktion, sagt der Bezirksvorsteher Süd Raiko Grieb.

Die Stadtlücken haben es sich zur Aufgabe gemacht, wie ihr Name ja verrät, Lücken in der Stadt zu suchen. Eine ist der Ort unter der Paulinenbrücke. Dort ist jahrelang nichts passiert. Man wolle etwas tun für die Stadt, „nicht nur clever darüber sprechen“, sagt Sebastian Klawiter von den Stadtlücken. Seit Anfang April führen die Stadtlücken die Regie unter der Paulinenbrücke, eine Herkulesaufgabe, die sich einige von den Ehrenamtlichen leichter vorgestellt haben. „Für uns ist das trotzdem eine Wahnsinnschance“, sagt Klawiter. „Die Brücke teilt seit etwa 60 Jahren die Stadt zwischen Mitte und Süd.“

Lange Liste: Viele Bürger und Initiativen haben schon ihr Interessa angemeldet

Inzwischen haben schon Gespräche mit Anwohnern, benachbarten Bars und dem Gerberviertel-Verein stattgefunden. Auch die Liste interessierter Bürger oder Initiativen ist lang – jeder will ein Stück von der Fläche abhaben. Genau das ist die Idee der Stadtlücken. Sie wollen bei der ganzen Geschichte nur eine Art „Kurator“ sein, den Rahmen vorgeben. Die Ideen und Konzepte kommen von Bürgern, Vereinen und Initiativen. Auch mit Schulen und den Jugendhäusern sind die Stadtlücken in Kontakt. „Von der Seite besteht großes Interesse“, sagt Valerie Rehle, Mitgründerin der Stadtlücken.

„Insgesamt weckt der Platz große Begehrlichkeiten“, fügt sie hinzu. Prinzipiell sind die Stadtlücken für viele Ideen offen. Aber: „Wir wollen keine kommerzielle Eventisierung des Ortes“, sagt Rehle. Ihre Kollegin Hanna Noller ergänzt: „Wir wollen zur kulturellen und politischen Bildung der Stadt beitragen.“

Für die zwei Jahre hat der Verein vom Gemeinderat rund 80 000 Euro bekommen, das von der städtischen Wirtschaftsförderung verwaltet wird. So müssen die Stadtlücken nicht für jede Veranstaltung gesondert einen Antrag stellen.

Zu klären ist nun noch, wer für das Thema Müll und öffentliche Toiletten verantwortlich ist – vor allem in den Zeiten, wo die Stadtlücken den Platz selbst gar nicht nutzen. Das war auch in der vergangenen Woche im Ausschuss für Umwelt und Technik (UTA) ein Thema, als die Stadtlücken dort ihr Projekt präsentierten. Grieb plädierte dafür, dass man eine Lösung findet, die nicht allein die Stadtlücken tragen müssen und betont, dass der Verein ehrenamtlich agiert ist. Und: „Das Projekt ist etwas Besonderes, das passt bisher eben noch nicht immer zu den gewohnten Abläufen der Verwaltung.“ Bisher sei die Zusammenarbeit mit allen Ämtern und den Stadtlücken aber zufriedenstellend.

Wo gibt es Toiletten? Wer kümmert sich um den Müll? Einige Punkte sind noch unklar

Stichwort Begehrlichkeiten: Großes Interesse für eine Bespielung der Fläche unter der Brücke besteht auch beim Gerber. Dort reichen die Ideen von einer Zentrale für Radkuriere, den VeloCarriers, bis hin zu Ateliers, Gastronomien, kleinen Läden und vielleicht sogar einem Club.

Auf politischer Seite ist man dankbar für das Engagement der Stadtlücken. Etwas kritisiert wurde aber in der Sitzung, dass man von beiden Beteiligten – von Stadtlücken und Gerber – lediglich „häppchenweise“ von den Planungen erfahre. Auch wurde an einen einst angedachten Skatepark erinnert – bei einer Umfrage der Stadtlücken im Herbst 2016 hatten Bürger mehrheitlich für einen solchen Park gestimmt. Und der Jugendrat Süd wünscht sich diesen seit Jahren unter der Paulinenbrücke.

Wem gehört die Stadt?

Aktion
Wem gehört die Stadt? Für die Initiative Stadtlücken ist klar, der öffentliche Raum gehört den Menschen. Große Resonanz erzielte die Gruppe im Jahr 2016 mit ihrer Aktion „Wo ist der Österreichische Platz?“. Zwei Wochen bespielte sie den Platz unter der Paulinenbrücke mit Kunst und Kultur, um die Stuttgarter auf diesen (Un-)Ort aufmerksam zu machen.

Ziele
Die Fläche soll ein Ort des Miteinanders, des Austauschs, der Kultur und der Geselligkeit werden. Ein Ort für alle. Welche Nutzung verträgt ein solch spezieller Ort?Das möchten die Stadtlücken mit den Bürgern ausprobieren und evaluieren. Jeder kann teilnehmen. (