Auf dem höchsten Berg der Welt sammeln sich Unmengen von Müll. Foto: Dawa Steven Sherpa

Am Ende seiner Kräfte lässt so mancher Bergsteiger seine Ausrüstung auf dem Mount Everest liegen. Dort sammeln sich nicht nur zurückgelassene Zelte. Auch die menschlichen Ausscheidungen sind ein Problem.

Kathmandu - Es war wieder ein Rekord: Noch nie wollten so viele Bergsteiger auf den Mount Everest wie in der vergangenen Saison. Mehr als 700 Kletterer, Bergführer und Sherpas bestiegen den Gipfel in diesem Jahr. Die steigende Zahl am höchsten Berg der Erde führt aber zu Problemen am Berg: Denn die Kletterer lassen beim Abstieg so einiges liegen.

Bei günstigen Anbietern kostet der Aufstieg 30.000 Dollar (26.000 Euro), da wird an der Müllbeseitigung gespart. Auf dem Everest liegt so viel Abfall - leere Sauerstoffflaschen, Essensverpackung, Seile - dass Bergsteiger ihn als Wegmarkierung nutzen. Als eine Gruppe von Sherpas im Frühjahr im Auftrag der Regierung zum Müllsammeln auf den Everest stieg, war sie schockiert angesichts der Menge.

Bergsteiger sparen sich das Müllschleppen

Die Zelte vermüllen South Col, das auch Camp 4 genannte, auf 8000 Metern gelegene Lager. Es ist der Ausgangspunkt für die Besteigung des Gipfels. Der starke Höhenwind dort hat die liegengelassenen Zelte und den Müll überall verteilt. „Die Höhe, der Sauerstofflevel, gefährlich vereiste und rutschige Pisten und schlechtes Wetter am South Col erschweren es, so große Sachen wie Zelte runterzubringen“, sagte Dawa Steven Sherpa, der eine unabhängige Aufräumaktion im vergangenen Monat leitete, und seit zwölf Jahren eine führende Figur im Kampf für Sauberkeit auf dem Mount Everest ist.

Erschöpfte Bergsteiger, die um Atem ringen und mit Schwindel kämpfen, lassen schwere Zelte lieber zurück, als sie herunter zu schleppen. Laut Sherpa wurden bei mehreren Zelten die Logos absichtlich herausgeschnitten - die verantwortlichen Expeditionsanbieter können so nicht mehr identifiziert werden.

„Wir haben eine Stunde gebraucht, um nur ein Zelt aus dem gefrorenen Eis auszugraben und es runterzubringen“, so Sherpa. Seit 2008 wurden von seinen Expeditionen etwa 20.000 Kilogramm Müll vom Berg geholt. Er schätzt, dass etwa 30 Zelte in South Col gelassen wurden, und 5000 Kilogramm Müll. Ihn herunter zu bringen ist eine Herkulesaufgabe, jeder Schritt daneben in einer solchen Höhe kann tödlich sein.

Wie viel Müll auf dem Mount Everest liegt, weiß niemand genau. Er wird nur sichtbar, wenn der Schnee schmilzt. Im Camp 2, zwei Camps über dem Basislager, wurden nach Schätzungen der Aktivisten allein in der vergangenen Saison etwa 8000 Kilogramm menschliche Ausscheidungen hinterlassen.

Exkremente verteilt

Einige Kletterer nutzen die rudimentären Toiletten nicht, sondern graben Löcher in den Schnee, und lassen die Exkremente in Spalten fallen. Durch steigende Temperaturen sind die Gletscher jedoch dünner geworden, es gibt weniger und kleinere Spalten. Müll und Ausscheidungen verteilen sich dann nach unten in Richtung Basislager und erreichen sogar Gemeinden am Berghang.

Die Menschen im Basislager nutzen geschmolzenen Schnee als Trinkwasserquelle - die „Toiletten“ der Kletterer bedrohen diese.

Schlechtes Wasser im Camp 2

„Während unserer Camp-2-Expedition bekamen acht unserer zehn Sherpas Magenprobleme wegen schlechten Wassers in Camp 2“, erzählte John All, ein Professor für Umweltstudien an der Western Washington Universität, der den Everest im Rahmen einer Forschungsexpedition besuchte.

Für die Nepalesen, die den Berg als „Sagarmatha“, oder Mutter der Welt ansehen, kommt die Verschmutzung einer Schändung gleich. Bergsteigerin Nima Doma, die kürzlich von einem erfolgreichen Aufstieg zurückkam, wird wütend, wenn sie daran denkt, dass der heilige Berg in eine Müllhalde verwandelt wird. Der „Everest ist unser Gott und es war sehr traurig, unseren Gott so dreckig zu sehen. Wie können Leute an so einem heiligen Ort einfach ihren Müll wegwerfen?“

Schmelze bringt Müll zum Vorschein

Auch für künftige Bergsteiger stellt der Abfall eine Gefahr dar. „Wenn der Schnee schmilzt, kommt der Müll zum Vorschein. Und wenn es starken Wind gibt, werden Zelte weggeblasen und zerrissen und der Inhalt wird über den ganzen Berg verteilt, was es für Kletterer noch gefährlicher macht, die sich ohnehin schon an einem rutschigen, steilen Abhang durch Schnee und starken Wind kämpfen“, sagte Ang Tshering, ehemaliger Präsident der Bergsteigervereinigung von Nepal.

Ang Dorjee leitet das unabhängige Komitee zur Kontrolle der Verschmutzung am Everest. Er fordert die nepalesische Regierung auf, Regeln zu erlassen. Deren Überblick über die Lage am Berg wurde in diesem Jahr hinterfragt, als Bergsteiger starben, während sie für den Aufstieg Schlange standen. „Das Problem ist, es gibt keine Regeln, wie menschliche Exkremente entsorgt werden müssen. Einige Kletterer nutzen abbaubare Tüten, die mithilfe von Enzymen Ausscheidungen zersetzen, aber die meisten nutzen sie nicht.“ sagte er. Die Tüten sind teuer und müssen aus den USA importiert werden.

Ausscheidungen machen krank

Das größte und dringendste Problem auf dem Everest seien menschliche Ausscheidungen, sagte Tshering. Hunderte Menschen seien dort für Wochen und nutzten die Landschaft als Toiletten. Schmelzbedingungen führten im Camp 2 zu einem Gestank, durch den Bergsteiger krank würden, und die Ausscheidungen kontaminierten irgendwann die Wasserressourcen weiter unten und würden zum Gesundheitsrisiko.

Tshering und andere fordern, die Regierung solle Bergsteigern die Nutzung von kompostierbaren Tüten vorschreiben. Es würde Dorjee und seinem Team die unangenehme Aufgabe ersparen, die Ausscheidungen einzusammeln und die gefährlichen Abhänge herunter zu transportieren. Die Regierung arbeitet an einem Plan, die Ausrüstung der Kletterer zu scannen und mit einer Markierung zu versehen. Alle Kletterer müssten dann eine Kaution von 4000 Dollar hinterlassen, bevor sie den Aufstieg machen. Ihr Geld bekämen sie nur zurück, wenn sie mit ihrer Ausrüstung zurückkehrten.