Das Blut vieler toter Wildschweine wird inzwischen vorbeugend untersucht. Foto: dpa

Zum ersten Mal lässt das Land Baden-Württemberg Einsatzpläne für das Auftauchen der Afrikanischen Schweinepest im Wald üben. Dass die Tierkrankheit nach Deutschland kommt, halten Experten nur für eine Frage der Zeit.

Warthausen - Ein Waldstück in der Gemeinde Warthausen (Kreis Biberach), Jagdhündin Nike hat einen Wildschweinkadaver aufgespürt, wenig später eilen Männer in Schutzanzügen durch das Dickicht. Längst sind Veterinäre, Forstmitarbeiter und Beschäftigte der nahen Tierkörperbeseitigungsanlage in Alarmstimmung, aus der Luft hatte bereits eine Drohne mit Wärmebildkamera überprüft, ob weitere Wildschweine in der Nähe sind. Eine Laborprobe entnehmen, den Kadaver zur Verbrennung schaffen, das eingesetzte Forstauto mittels einer Speziallösung dekontaminieren, das kommt anschließend.

Alles nur Übung, aber es übt sich ohne jede Spaßhaftigkeit, wenn der Eintritt des Ernstfalls nur eine Frage der Zeit ist. Diese Krise wäre der Ausbruch der Afrikanischen Schweinepest. „Jeder sagt, hoffentlich erwischt es mich nicht“, sagt der parteilose Biberacher Landrat Heiko Schmid für sich und seine Amtskollegen im Südwesten. Ein Übergreifen der Schweinepest vom Wildschwein auf die Mastbetriebe im Kreis – eine Vorstellung des Schreckens. 200 000 Mastschweine, zählt der Landkreis, ebenso viele wie Einwohner. 650 Betriebe haben ihre Existenz auf die Fleischproduktion und den Fleischexport gegründet. An deren „enorme Probleme“ im Fall des Seuchenausbruchs wolle er derzeit lieber nicht denken, sagt Schmid.

Minister Hauk warnt vor einer „Katastrophe“

Was dann kommen dürfte, skizziert der Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU), der die Übung am Samstag ebenfalls beobachtet: Wegbrechende Fleischpreise durch einen sofortigen Handelsstopp, den die Europäische Union verfügt. Eine „Katastrophe“ wäre das für die direkt Betroffenen, mittelbar auch für alle 3000 Schweinehalter in Baden-Württemberg. Simultan ist die Tierseuchenübung auch im Ortenaukreis gemacht worden.

Es geht im Krisenfall aber nicht nur um das Auffinden und die Bergung toter Tiere, um Laborkits für Förster und Löschkalk zur Abtötung des Virus auf dem Waldboden. Die Handlungskette ist viel länger. Schon seit Donnerstag wurde auf Ministeriums- und Verwaltungsebene trainiert, genannt „Stabsrahmenübung“. Drei Kilometer um den Fund- oder Abschussort eines infizierten Wildschweins ist ein so genanntes Kerngebiet abzuzäunen. Ein Radius von 15 Kilometer gilt als gefährdetes Gebiet, bis 30 Kilometer weit muss eine Pufferzone definiert sein. Fragen des Rechts und der Öffentlichkeitsarbeit wurden beantwortet. Unklar war zum Beispiel auch, wer den Seuchenzaun, wenn er nötig wird, baut und bezahlt. Die Landesforstverwaltung, lautet jetzt die Anweisung.

Der Mensch kann nicht angesteckt werden

Das Afrikanische Schweinepest-Virus, das sich schleichend verändert hat, das für den Menschen unschädlich ist, gegen das es andererseits aber noch keinen Impfstoff für die Tiere gibt, breitet sich nicht durch die Wanderungsbewegungen von Wildschweinen aus, sondern durch den Menschen. In den Wald geworfene Essensreste, zum Beispiel an Autobahnraststätten, sind der Grund für die Weiterverbreitung von Osteuropa in Richtung Westen. Von der „Wurstbrotseuche“ sprechen darum die Experten. Arbeitskräfte aus dem Baltikum, Polen oder Rumänien, die auf ihre Reise Proviant mitnehmen, gelten als Hauptverbreiter des Virus. In einem Räucherschinken etwa könne der Pestvirus ein ganzes Jahr lang überleben, sagt Gerhard Kuhn, der verantwortliche Tierarzt im Landwirtschaftsministerium.

Schon mit Beginn des Jahres hat das Ministerium begonnen, einen Maßnahmenplan umzusetzen. Von geschossenen oder verendeten Wildschweinen wurden verstärkt Blutproben untersucht. Landwirte und Pächter von Jagdrevieren wurden informiert, Notfallpläne geschmiedet, die Zahl der „Verwahrstellen“ zur Zwischenlagerung verdächtiger Kadaver wurde auf 81 erhöht. Derzeit läuft der gezielte Versuch, die Wildschweinpopulation im Südwesten durch Drückjagden klein zu halten. Er hoffe auf das Verständnis der Tierschützer, sagt der Minister Hauk. Der Todeskampf infizierter Schweine sei fürchterlich.

Es sei aus seiner Sicht eine gute Übung gewesen, sagt am Mittag der Landrat Schmid. Mitarbeiter bieten Wildschweinleberkäse an. „Das können Sie bedenkenlos essen“, flachst der Kreischef. Das Lachen der Übungsteilnehmer bleibt verhalten.