Die giftigen Härchen der Raupen bewirken allergische Reaktionen. Foto: Gottfried Stoppel

Auch im Rems-Murr-Kreis Kreis macht sich verstärkt der Eichenprozessionsspinner bemerkbar – mit der Gefahr allergischer Reaktionen bei Mensch und Hund.

Wald - Zumindest die Schilder sind ziemlich unübersehbar: sie stehen zum Beispiel am Backnanger Waldfriedhof, dort, wo am Rand des Plattenwaldes der Wanderweg und Sportpfad gen Wildgehege gehen. Gewarnt wird nicht erst seit diesem Jahr vor dem Eichenprozessionsspinner, der in diesem Jahr angesichts der bislang tendenziell sehr trockenen und warmen Witterung hervorragende Entwicklungsbedingungen genossen hat. Der ansonsten forstwirtschaftlich unbedeutende und eher unscheinbare, graubraune Nachtfalter könne für Menschen und Nutztiere durchaus eine Gefahr darstellen, betonte jetzt bei einer Ortsbesichtigung einiger der betroffenen Eichen im Bereich des Wildgeheges die Leiterin des Kreisforstamtes, Dagmar Wulfes.

Raupen krabbeln an Eichen hinauf

Letztlich geht es um die Raupen, denen die Tiere auch ihren pompösen Namen verdanken: Quasi wie eine Prozession krabbeln diese gerade seit Anfang Juni als teils imposant lange Schlange an den Eichenstämmen hoch – von ihren Nestern im unteren Bereich der Bäume hinauf zu jungen Blatttrieben, an denen sie sich gütlich tun. Der Eichenprozessionsspinner sei dabei, so erläuterte Stefan Grätsch, der Leiter des Forstreviers Backnanger Bucht, in seinen Entwicklungszyklen exakt auf den Jahresrhythmus unserer heimischen Eichenarten abgestimmt. Just Anfang Juni treiben diese nämlich nochmals neue, junge Blätter aus – die Nahrungsgrundlage der Raupen.

Diese Raupen wiederum tragen mikroskopisch kleine Gifthaare, die beim Menschen auf der Haut und an den Schleimhäuten heftige allergische Reaktionen hervorrufen können. Die nachfolgenden, bis zu zwei Wochen andauernden Beschwerden reichen von juckenden Hautausschlägen, der sogenannten Raupendermatitis, über Augenrötungen und Bindehautentzündung bis hin zu Asthmaanfällen. Die Ursache dafür ist der einschlägigen medizinischen Literatur zu Folge ein Nesselgift namens Thaumetopoein in den Härchen der Larven. Dieses, so warnen die Rems-Murr-Förster, bleibt in den Gespinsten der Raupennester auch aktiv, wenn die Gespinste im nächsten Jahr noch hängen oder zu Boden fallen. Dies wiederum macht die Hinterlassenschaften der Eichenprozessionsspinner beispielsweise für Hunde beim Waldgang zu einer großen Gefahr.

Nur Schlupfwespen fresse die haarigen Raupen

Die Raupen wiederum dienen im Kreislauf der Natur hauptsächlich den Schlupfwespen als Nahrung und sind für fast alle anderen Teilnehmer in der Nahrungskette ungenießbar. Mit einer Ausnahme: Der Kuckuck kann die giftigen Härchen ebenfalls verdauen. Das ändere allerdings nichts daran, dass der Eichenprozessionsspinner zum Naturkreislauf mit dazu gehört, sagt Grätsch. Er firmiert in der Regel als natürliches Waldrisiko und wird nur dort entfernt, wo er Einrichtungen bedroht. Am Waldweg wird im Zweifelsfall die unter einem betroffenen Baum platzierte Bank umgestellt. Zur waldwirtschaftlichen Bedrohung werde der einst vor allem im Rheintal heimische Eichenprozessionsspinner allenfalls lokal und im Verbund mit anderen Schädlingen, ergänzt Dagmar Wulfes.

Weil unter bestimmten Bedingungen die giftigen Härchen auch durch den Wind verteilt werden können, sei vor allem bei längeren trockenen Perioden der Aufenthalt im Umfeld von Eichen mit einem gewissen Risiko verbunden. Vor allem für Allergiker gelte es dann, den Wald möglichst zu meiden.