Die Gewerkschaft Verdi dehnt ihre Warnstreiks nun auch auf die Kitas und Schulkindbetreuung in Stuttgart aus – und ruft Erzieherinnen und Sozialpädagogen ganztägig zum Arbeitskampf auf. Elternvertreter dringen auf eine zügige Einigung.
Stuttgart - Am Montag werden in Stuttgart viele Eltern gezwungen sein, für ihre Kinder eine alternative Betreuung zu organisieren. Denn die Gewerkschaft Verdi hat die Erzieherinnen und Sozialpädagogen in den Kitas und der Schulkindbetreuung des städtischen Trägers und der Jugendhausgesellschaft zum ganztägigen Warnstreik aufgerufen. Geschlossen sein werden laut Stadt voraussichtlich 117 Kitas, fünf Schülerhäuser und zwei Ganztagsschulbetreuungen. Teilgeschlossen sein werden 34 Kitas, sieben Schülerhäuser und acht Ganztagsschulbetreuungen. Geöffnet bleiben 30 Kitas, ein Schülerhaus und vier Ganztagsschulbetreuungen.
Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst 4,8 Prozent mehr Lohn, mindestens aber eine Anhebung der Einkommen um 150 Euro im Monat. „Man kann nicht im Frühjahr klatschen und im Herbst sagen: ohne Spesen nichts gewesen“, erklärt Cuno Brune-Hägele, Geschäftsführer des Verdi-Bezirks Stuttgart, im Blick auf die Einsatzbereitschaft der Erzieherinnen gerade auch in Coronazeiten. „Sie haben auch im Lockdown gearbeitet und sind systemrelevant“, sagt Brune-Hägele – „und jetzt soll das alles nichts mehr wert sein?“, schiebt er im Blick auf zwei ergebnislose Verhandlungsrunden nach.
Neben Kitas wird auch die Schulkindbetreuung bestreikt
Der Gewerkschaftsmann geht von einer „hohen Beteiligung“ seitens der Streikenden aus – nicht nur in den Kitas. Auch die Schulkindbetreuung werde wohl „massiv beeinträchtigt“ sein. Erstmalig sind auch neben den städtischen Erzieherinnen ihre Kollegen aus der Jugendhausgesellschaft zum Warnstreik aufgerufen, die ebenfalls unter den Tarif im öffentlichen Dienst fallen.
„Wir wissen, dass es vielen Kolleginnen nicht leicht fällt – und wir sehen auch die Not der Eltern“, so Brune-Hägele. Diese wurden bereits Anfang der Woche darüber informiert, ob und inwieweit ihre Einrichtung bestreikt wird. Die Eltern erhielten auch Post vom Stuttgarter Jugendamt, das „diese Entwicklung außerordentlich bedauert“, wie Amtschefin Susanne Heynen darin erklärt – „vor allem mit Blick auf die zurückliegenden Monate der Einschränkungen in der Kindertagesbetreuung“.
Eine Notbetreuung gibt es nicht
Eine Notbetreuung gebe es am Montag nicht, so Heynen. Eine solche Vereinbarung für einzelne Warnstreiktage habe die Gewerkschaft stets abgelehnt. Es sei aber wegen der Hygienebedingungen „derzeit nicht möglich, dass wir Eltern Räume zur Kinderbetreuung überlassen können“. Neben geöffneten und geschlossenen Kitas werde es am Montag auch teilgeöffnete geben, also für weniger Kinder. Das wiederum hänge von der Zahl der streikenden Beschäftigten ab. Wegen Corona dürfe es keine Vermischung der Kinder aus den Gruppen geben.
Elternvertreter erklären sich solidarisch, für viele kommt aber der Streik „zur Unzeit“
Der Gesamtelternbeirat (GEB) der städtischen Kitas „bedauert es sehr, dass unsere Kinder erneut Leidtragende der Tarifauseinandersetzungen im öffentlichen Dienst sind“, erklärt dieser auf seiner Webseite. Gleichwohl unterstütze man die dringend notwendige Verbesserung der Arbeitsbedingungen der Erzieherinnen, fordere aber beide Tarifparteien auf, sich zügig zu einigen und den Kindern weitere Einschränkungen zu ersparen. Manja Reinholdt, kommissarische GEB-Vorsitzende der Schulen, sieht es ähnlich: „Die Eltern sind durch die Schließungen in den vergangenen Monaten an ihre absolute Belastungsgrenze gekommen. Für sie kommt der Streik zur Unzeit.“ Ihren Unmut sollten die Eltern, so Reinholdt, aber nicht gegen die Erzieherinnen richten.