An der Spitze des Protestmarsches durch die Stuttgarter City: Beamtenbund-Vize Willi Russ, Landesbund-Chef Volker Stich und Steuergewerkschaftsvorsitzender Thomas Eigenthaler (von links). Foto: dpa

Mit Warnstreiks und Kundgebungen in Baden-Württemberg machen die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes Druck auf die Arbeitgeber. Die Aktionen zielen auf die dritte Verhandlungsrunde vom 16. bis 18. Februar in Potsdam – diese dürfte vermutlich schon die finale Runde sein.

Stuttgart - Starke Sprüche auf dem Stuttgarter Schlossplatz: „Es ist Kohle ohne Ende da“, sagt Beamtenbund-Vize Willi Russ. 8,5 Milliarden Euro hätten die Länder im Vorjahr an Überschüssen erwirtschaftet. Der Landesbund-Vorsitzende Volker Stich assistiert: „Bund und Länder schwimmen im Geld.“ Binnen fünf Jahren seien die Einnahmen und Ausgaben in Baden-Württemberg um 18 Prozent gestiegen – die Personalausgaben aber lediglich um acht Prozent. Kurz: Die Rekordsteuereinnahmen der öffentlichen Haushalte wecken Begehrlichkeiten der Gewerkschaften, das Geld an die Mitglieder zu verteilen.

Eine Teilhabe haben am Dienstag insgesamt mehr als 1000 Mitglieder der Beamtenbund-Gewerkschaften in Stuttgart verlangt – zumeist Tarifbeschäftigte von Polizei, Feuerwehr, Schulen, Justiz und Steuerverwaltung. Verdi wiederum hat etwa 1200 Warnstreikende bei vielen dezentralen Aktionen in ganz Baden-Württemberg gezählt – unter ihnen Mitarbeiter der Autobahnmeistereien in Walldorf und Mannheim sowie des Psychiatrischen Zentrums Nordbaden in Wiesloch, wo allein gut 400 im Streik waren. Zudem wurde an Universitäten, bei Studierendenwerken oder am Staatstheater Karlsruhe die Arbeit niedergelegt. Praktisch nirgendwo wurde – nicht zuletzt wegen des hohen Beamtenanteils bei den Länderbetrieben – der Betrieb lahmgelegt.

Verlängerung bis 18. Februar schon eingeplant

Die Aktionen zielen auf die dritte Tarifverhandlungsrunde am 16./17. Februar in Potsdam. Mit einer Verlängerung bis 18. Februar dürfte es wohl auch die finale Runde werden. „Kein Mensch wird bei dem derzeitigen Stand die Verhandlungen endgültig scheitern lassen“, sagt Willi Russ am Rande. „Daher bauen wir auf konstruktive Verhandlungen.“ Jetzt müsse der Verhandlungsführer der Länder, Niedersachsens Finanzminister Peter-Jürgen Schneider (SPD), „nur noch mit dem Geldkoffer kommen“.

Zuletzt waren für Detailprobleme jenseits der Lohnzahl Arbeitsgruppen gebildet worden. Da geht es etwa um eine neue Entgeltstufe sechs für Beschäftigte mit höherem Bildungsabschluss und vielen Berufsjahren. „Die kostet viel Geld“, sagt Russ. Allein diese massive Aufwertung macht im Schnitt 1,4 Prozent der Sechs-Prozent-Lohnforderung aus – in Baden-Württemberg mangels Tarifkräften etwas weniger und in Sachsen mit den vielen angestellten Lehrern gut vier Prozent. Für die komplexen Themen zeichnet sich ab, „dass wir diese nicht alle in Potsdam wuppen können“, sagt der Beamtenbund-Vize. Sie würden später zu Ende verhandelt. Demnach ist höchstens noch eine „Ehrenrunde“ denkbar, der große Konflikt aber nicht mehr.

Keine gemeinsamen Aktionen von Verdi und Beamtenbund

Am nächsten Dienstag wollen die DGB-Gewerkschaften, allen voran Verdi, in der Stuttgarter City Flagge zeigen. Verdi hat deutlich mehr Mitglieder bei den Tarifbeschäftigten – der Beamtenbund zählt mehr Beamte in seinen Reihen, die ihrerseits von dem Tarifabschluss profitieren sollen. Alles in allem ein ausgewogenes Verhältnis also. Im Gegensatz zu diversen anderen Ländern können sich Beamtenbund und Verdi im Südwesten aber nicht auf gemeinsame Aktionen verständigen, was auch eine Nachwirkung früherer Konflikte etwa zwischen den Polizeigewerkschaften GdP und DPolG ist. Diese beiden Organisationen haben nun ebenso neue Vorsitzende wie auch Verdi im Land mit Martin Gross. Und da der im Herbst ausscheidende Volker Stich offenbar nicht mehr willens ist, neue Signale der Kooperation zu setzen, wird es wohl auf seinen Nachfolger ankommen, ein neues Kapitel im Verhältnis zu Verdi aufzuschlagen.