Warnung per App: Immer mehr Menschen nutzen sie. Foto: kebox/Adobe Stock

Gleich mehrere Smartphone-Apps warnen hierzulande bei Katastrophen, Terroranschlägen und Unwettern. Der Nutzwert ist groß – aber alleine auf die Apps sollte man sich nicht verlassen.

Stuttgart - Mitte vergangener Woche meldete sich „Nina“ zu Wort – mit einer eindringlichen Warnung an die Menschen im Süden Baden-Württembergs: Ein Erpresser habe vergiftete Babynahrung in verschiedenen Supermärkten und Drogerien platziert. Zwischenzeitlich ist die Gefahr wohl gebannt, die Polizei hat den mutmaßlichen Täter gefasst. Die Warnung von „Nina“ ist wieder aufgehoben.

„Nina“ ist eine Smartphone-App, die das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BKK) kostenlos bereitstellt. Die Abkürzung steht für Notfall-Informations- und Nachrichten-App: Wichtige Warnmeldungen des Bevölkerungsschutzes zu unterschiedlichen Gefahrenlagen wie beispielsweise der Ausbreitung von Gefahrstoffen, einem Großbrand, einem Terroranschlag oder eben auch möglicherweise vergifteten Lebensmitteln in Supermärkten werden darüber per Push-Nachricht auf das Smartphone der Nutzer geschickt. Wetterwarnungen des Deutschen Wetterdienstes und Hochwasserinformationen der zuständigen Stellen der Bundesländer sind ebenfalls in die Warn-App integriert. Die App ermittelt den aktuellen Standort per GPS. Wer sich im Gefahrengebiet aufhält, wird automatisch gewarnt.

Laut Angaben des Fraunhofer Instituts für Offene Kommunikationssysteme (Fokus) in Berlin nutzen bereits knapp fünf Millionen Handynutzer hierzulande Warn-Apps, um im Katastrophenfall umgehend informiert zu werden.

Angst vor Terroranschlägen

Vor allem die Angst vor Terroranschlägen hat den elektronischen Helfern einen Boom beschert: „Jeden Monat kommen Zehntausende hinzu“, sagt BBK-Präsident Christoph Unger. Die vom Bund betriebene App „Nina“ ist dabei mit gut 1,5 Millionen Nutzern nur die Nummer zwei: Das System „Katwarn“, das vom Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme im Auftrag öffentlicher Versicherer entwickelt wurde und von diversen Städten und Landkreisen sowie den Bundesländern Saarland, Rheinland-Pfalz, Hamburg und Berlin als offizieller Warnkanal genutzt wird, kommt auf rund drei Millionen Nutzer.

Viele Menschen würden über die klassischen Informationskanäle Radio und Fernsehen im Katastrophenfall nur noch unzureichend erreicht. heißt es beim Fraunhofer-Institut Fokus. Warn-Apps wie „Katwarn“ dagegen würden diese Lücke füllen und die Menschen zusätzlich zu den Ansagen im Radio oder etwa durch Lautsprecherwagen mit kommunal abgestimmten Warnungen auf ihr Smartphone versorgen.

Satellitengestütztes Warnsystem

Die BKK-App „Nina“ wird von demselben satellitengestützten Warnsystem mit aktuellen Daten gefüttert, das auch etwa Radiosender aktuell auf dem Laufenden hält. Der Bund selbst warnt allerdings nur bei großen, nationalen Gefahrenlagen – etwa einem Raketenangriff oder einem schweren Terroranschlag. Er stellt die App jedoch auch anderen Sicherheitsbehörden zur Verfügung. Die App „Katwarn“ gibt neben den offiziellen Warnmeldungen der beteiligten Bundesländer, Städte und Landkreise auch etwa Warnungen des Deutschen Wetterdienstes weiter. In Kooperation mit den Veranstaltern von Großereignissen wie etwa Messen oder Festivals bietet „Katwarn“ auch hierzu Informationen an. Die App wird mittlerweile auch von den österreichischen Behörden genutzt.

Daneben gibt es noch die App „Biwapp“, ein privates Angebot der Marktplatz GmbH aus Lüneburg mit gut 100 000 Nutzern. Biwapp steht für „Bürger-Info- und Warn-App“, das Programm warnt nicht nur vor großen Katastrophen, sondern informiert auch über Schulausfälle, Verkehrsunfälle oder Fahndungen der Polizei. Das allerdings natürlich nur, wenn die jeweiligen Schulen, Ämter oder Polizeibehörden die App auch mit Informationen füttern, was laut Angaben des Anbieters derzeit in rund zwei Dutzend Landkreisen der Fall ist.

Warnung vor Schulausfällen

Wer lediglich über Unwettergefahren wie Sturm oder Glatteis informiert werden möchte, für den reicht auch die App „Warnwetter“ des Deutschen Wetterdienstes aus. Alle vier Apps gibt es kostenlos für iPhones und Android-Smartphones. Daneben bieten noch einige Hausratversicherer ihren Kunden kostenlose Wetterwarn-Apps an, die ihre Daten wiederum teilweise vom Deutschen Wetterdienst und teilweise vom privaten Anbieter Meteo-Group beziehen.

Technisch funktionieren die verschiedenen Apps prinzipiell alle gleich: Via GPS wird der aktuelle Standort des Nutzers ermittelt. Im Fall einer Katastrophe legen die Behörden fest, für welche Postleitzahlgebiete eine Warnung gelten soll. Wer sich dort gerade aufhält, bekommt automatisch eine Warnmeldung, aktuelle Informationen sowie Handlungsempfehlungen geschickt – etwa im Fall eines Großbrandes, Türen und Fenster geschlossen zu halten. Meldungen aus der jeweiligen Warn-App können außerdem über soziale Netze wie Twitter geteilt werden – so wird ein noch breiterer Kreis an Adressaten erreicht. Nutzer sollten sich aber nicht alleine auf ihre Warn-App verlassen. „Generell sind Meldungen per App nur ein Puzzlestück bei Warnungen“, sagt Silvia Darmstädter vom Deutschen Feuerwehrverband. Sie seien nur eine sinnvolle Ergänzung zu Sirenen, Fernsehen und Radio.

SMS-Alarm in den USA

Dass man für den Versand von Warnmeldungen auf das Smartphone hierzulande überhaupt eine App benötigt, hat mit den stringenten deutschen Datenschutzvorschriften zu tun. Die Grundregel dabei lautet, dass die Handynutzer ausdrücklich zustimmen müssen, wenn sie Informationen erhalten möchten – und das tun sie, indem sie sich die jeweilige App herunterladen.

In den USA etwa ist das nicht der Fall. Dort ist vor fünf Jahren der „Wireless Security Act“ in Kraft getreten – und damit ein nationales Handywarnsystem. Daran beteiligt sind das amerikanische Heimatschutzministerium „Homeland Security“ sowie sämtliche Mobilfunkanbieter des Landes.