Ganz schön ausgeschlafen: Wenn Eltern keine Handys über Nacht im Zimmer dulden, schlafen Kinder mehr – und erreichen sogar bessere Schulergebnisse Foto: millaf - stock.adobe.com

Zur empfohlenen Schlafdauer gibt es Richtwerte je nach Alter der Kinder. Wann der Nachwuchs ins Bett gehört – und warum das Smartphone dort nichts zu suchen hat.

Das Leben mit Kindern ist nicht immer einfach. Ein Reizthema dabei: mangelnder Schlaf. Zunächst einmal der der Eltern, denn wenn das Baby schreit, sind auch sie wach. Aber auch im Klein- und Schulkindalter ist Schlaf ein wichtiger Faktor und immer wiederkehrender Grund für Diskussionen. Und das ist auch kein Wunder, denn schließlich hängt von der Schlafqualität der Kleinen nicht nur deren gesunde Entwicklung ab, sondern auch der Tagesablauf der gesamten Familie.

 

Grundsätzlich gilt, dass jedes Kind seine eigene innere Uhr und andere Schlafbedürfnisse hat – und zwar schon vom Babyalter an. Manche Babys schlafen sofort durch, andere Kinder brauchen dafür bis zum dritten Lebensjahr. Und natürlich beeinflusst auch der Tagesablauf in den Familien den Grad der Müdigkeit des Nachwuchses – und auch die Bettgehzeiten.

Der Schlafbedarf ist individuell verschieden

Es gibt aber gute Richtwerte vom Bundesinstitut für Öffentliche Gesundheit (BIÖG), wann die beste Schlafenszeit für Kinder ist und wie viel Schlaf sie in welchem Alter brauchen. Bei zweijährigen Kleinkindern sind es etwa 12 bis 14 Stunden, Fünfjährige schlafen 11 bis 13 Stunden. Zehnjährige brauchen im Schnitt zehn Stunden Schlaf.

Das BIÖG weist aber darauf hin, dass dieser Rhythmus um ein bis zwei Stunden schwanken kann, denn der Schlafbedarf ist individuell verschieden.

„Regelmäßige Schlafenszeiten helfen, den natürlichen Rhythmus des Körpers zu stabilisieren“, sagt Solveig Haw, Gesundheitsexpertin bei der Deutschen Krankenversicherung (DKV). Auch am Wochenende oder in den Ferien, wenn die Kinder ausschlafen können, sollten sie nicht regelmäßig nach 21 Uhr im Bett liegen. Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte warnt, dass eine spätere Bettgehzeit bei fast einem Viertel der Kinder ein Übergewicht im Jugendalter bewirkt. Die Angabe bezieht sich auf die Bettgehzeit, nicht die Zeit, in der das Kind tief und fest schlafen sollte.

Die beste Schlafenszeit für Kinder ist letztlich ein Mittelwert aus Tagesablauf und Veranlagung. Forscher der University of Colorado in Boulder in den USA fanden dazu heraus, dass die perfekte Schlafenszeit nicht nur von unserer Routine abhängt, sondern auch körperlich bedingt ist: So steigt der Melatoninspiegel im Blut zu einem bestimmten Zeitpunkt an – meistens abends gegen 20 Uhr, wobei es individuelle Unterschiede geben kann. Melatonin ist das Hormon, das uns signalisiert, dass es Zeit zum Schlafen wird. Und wenn Kinder dann innerhalb von 30 Minuten auch wirklich im Bett liegen, schlafen sie Studien zufolge am besten ein.

Wichtig für einen gesunden und ausreichend langen Schlaf ist aber nicht nur das Wann, sondern auch das Wo. „Der tiefe und feste Schlaf kann sich nur einstellen, wenn sich der Mensch sicher und geborgen fühlt“, erklärt Hans-Günter Weeß, Leiter des Schlafzentrums am Pfalzklinikum in Klingenmünster. „Aus diesem Grunde ist es für den erholsamen Schlaf von Vorteil, wenn Bett und Schlafzimmer ein Wohlfühlort sind und nichts an den Alltag erinnert.“

Feste Rituale und Smartphone raus aus dem Schlafzimmer

Das Bett sollte nur zum Schlafen benutzt werden, so Weeß. „So wird das Bett für Psyche und Körper zum Signalgeber, dass es Zeit zum Abschalten, Loslassen, Entspannen und Schlafen ist.“ Absolute Dunkelheit, Ruhe und eine kühlere Raumtemperatur fördern einen tiefen und erholsamen Schlaf. Eine ausreichende Frischluftzufuhr ist ebenfalls von Vorteil.

Für Sicherheit und Geborgenheit können dabei auch feste Abendrituale sorgen. Sie können je nach den Bedürfnissen der Kinder kurz und knackig sein – Zähneputzen, Schlafanzug und dann ab ins Bett – oder auch ausgedehnter: Ein Bad und dann noch etwas lesen beziehungsweise – je nach Alter – vorlesen ist ebenfalls als Abend-Ritual gut geeignet. In jedem Fall helfen Routinen besser als starre Zeiten, feste Schlafgewohnheiten zu verankern. Und die sind Medizinern und Schlafforschern zufolge extrem wichtig für die kindliche Entwicklung. Denn im Schlaf werden die Erlebnisse des Tages verarbeitet. Das ist für Kinder, die Tag für Tag neue Eindrücke sammeln, besonders bedeutend. Auch die Hirnreifung findet vor allem nachts statt – und ist erst im 24. Lebensjahr abgeschlossen.

Was nicht zum Abend-Ritual gehören sollte, ist das Smartphone: Denn vor dem Schlafengehen noch Nachrichten zu lesen, mit Freunden zu chatten oder ein Online-Spiel zu zocken, erschwert es, abzuschalten und zur Ruhe zu kommen. Zumal viele Geräte Licht aus dem blauwelligen Spektrum nutzen, was für den Körper ein Tagessignal darstellt und verhindert, dass das Schlafhormon Melatonin gebildet wird.

„Man sollte den Abend zur handyfreien Zeit machen“, rät Gesundheitsexpertin Haw. „Das Handy sollte auch nicht auf dem Nachttisch liegen, am besten ist es, es ganz aus dem Schlafzimmer zu verbannen.“ Internet und Computerspiele sollten eine Stunde vor der Zubettgehzeit nicht mehr benutzt werden, damit sich die schlafförderliche Entspannung einstellt.

Schlafmangel erhöht das Risiko für ernsthafte gesundheitliche Probleme

Eine Studie von Schlafforschern der Universität Genf gibt ihr recht: Wenn Eltern ihren Kindern abends die Smartphone-Nutzung verbieten und keine Handys über Nacht im Zimmer dulden, schlafen sie demnach mehr – und erreichen sogar bessere Schulergebnisse. Im Durchschnitt schliefen sie 40 Minuten länger als Altersgenossen, deren Smartphonezeit nicht begrenzt wurde, berichten die Schweizer Forscher in der Fachzeitschrift „Discover Public Health“.

Abgeschlagenheit, Gereiztheit, schlechte Laune, Aufmerksamkeitsstörungen und eine geringere Leistungsfähigkeit – das sind Anzeichen dafür, dass ein Kind mehr Schlaf benötigt. Dann sollten Eltern umgehend gegensteuern und eine frühere Schlafenszeit ausprobieren. „Langfristig erhöht Schlafmangel das Risiko für ernsthafte gesundheitliche Probleme, darunter Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes sowie psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen“, warnt Gesundheitsexpertin Haw.

Aber nicht immer sind Verhaltensauffälligkeiten wie Gereiztheit und Konzentrationsstörungen Folge von unpassenden Schlafenszeiten. Auch ein Restless-Legs-Syndrom, Albträume, Nachtschreck oder Sorgen können dahinterstecken, wenn Kinder nicht ausgeschlafen sind. „Manche Schlafprobleme bei Kindern und Jugendlichen sind körperlich bedingt“, erklärt Schlafmediziner Weeß. „Andere Schlafprobleme sind entwicklungsbedingt und treten nur vorübergehend auf beziehungsweise wachsen sich in der Regel mit der Pubertät wieder aus. Hierzu gehören unter anderem das Schlafwandeln, der Nachtschreck und mit Abstrichen auch die Albträume.“

Wann sollte man sich professionelle Unterstützung suchen?

Behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen bei Kindern und Jugendlichen könnten durch falsches Verhalten, psychische Belastungen in Schule, Familie oder Freundeskreis, psychische Störungen, körperliche Erkrankungen sowie durch Medikamente und Suchtmittel hervorgerufen werden, so Weeß. „Ein- und Durchschlafstörungen können Ausdruck ernsthafter psychischer Belastungen oder körperlicher Erkrankungen.“ Wenn Schlafprobleme trotz aller Bemühungen weiterhin bestehen, ist es ratsam, professionelle Unterstützung zu suchen. Ein Arzt kann mithilfe von Schlaftagebüchern oder Messungen im Schlaflabor eine Diagnose stellen und mögliche organische oder psychische Ursachen aufdecken.