Fellbachs Verwaltung bewirbt sich für den Deutschen Wandertag 2022. Foto: dpa-Zentralbild

Ob das vordere Remstal das Großereignis in vier Jahren tatsächlich an Land ziehen kann, entscheidet sich im Juli beim nächsten Wandertag im Sauerland. Die Unterstützung für die Ambitionen der Stadtverwaltung fällt jedoch geringer aus als erhofft.

Fellbach - Bei manchen sind die Tonfolgen und Verszeilen vielleicht nicht mehr so ganz präsent – deshalb kann der Blick ins einschlägige Liederbuch nicht schaden. Denn in etwa dreieinhalb Jahren dürfte es soweit sein –dass auf dem Kappelberg, in den Gassen des Fellbacher Oberdorfs oder am Oeffinger Neckarstrand altbekannte Weisen angestimmt werden. „Das Wandern ist des Müllers Lust“ etwa, oder „Im Frühtau zu Berge“. Vielleicht „Oh du schöner Westerwald“ und ganz sicher „Muß i denn zum Städtele hinaus!“

Diese frohe Sangeskunst wäre das passende Begleitprogramm zu jenem Großereignis, das nach Fellbach zu holen die hiesige Verwaltung wild entschlossen ist. Es geht um den Deutschen Wandertag 2022. Dieser wäre eine sinnvolle Fortsetzung des vorherigen Großevents, nämlich der Remstal-Gartenschau im Jahr 2019. Die hierfür bereits umgesetzte umfangreiche touristische Infrastruktur gerade im Segment Wandern böte beste Voraussetzungen, um auch im Jahr 2022 Menschenmengen zum Marschieren und Flanieren über die Höhen des Remstals oder entlang des Flüsschen zu ermutigen.

Bei positivem Bescheid wäre dann also Anfang Juli 2022 Fellbach der Ausrichter

Der mehrfache Konjunktiv ist dabei zu Recht angebracht. Denn bevor das wanderlustige Volk mit Kniebundhosen und geschnürten Wanderstiefeln hereinschwappt – um mal das Klischee zu bedienen – muss das Ganze überhaupt erst mal an Land gezogen werden. Aus diesem Grund haben die Fellbacher Stadträte jetzt mehrheitlich die Rathausspitze ermächtigt, zügig die Bewerbung an den Deutschen Wanderverband loszuschicken. Dort müssen die entsprechenden Unterlagen bis Ende kommenden Monats eingetroffen sein. Ob Fellbach wirklich zum Zug kommt und den Zuschlag erhält, zeigt sich dann zwischen dem 3. und 8. Juli kommenden Jahres im Hochsauerland (Nordrhein-Westfalen) – denn dann findet in Schmallenberg und Winterberg der Deutsche Wandertag 2019 statt. In Fellbach sind die Verantwortlichen allerdings mit gesundem Selbstbewusstsein ausgestattet und sehr zuversichtlich, dass die Bewerbung auch überzeugt.

Bei positivem Bescheid wäre dann also Anfang Juli 2022 Fellbach der Ausrichter. In jenen zwei Wandertagswochen sei mit 30 000 bis 50 000 Besuchern zu rechnen, erklärte jetzt Jens Mohrmann, Geschäftsführer der Schwabenlandhallen-Gesellschaft und zugleich Fellbacher Tourismuschef, den Stadträten.

Dieser Wandertag unter Fellbacher Federführung wäre nach der zu erwartenden „tollen Gartenschau 2019“ eine weitere Möglichkeit, die „Marke Remstal“ zu forcieren, erläuterte Oberbürgermeisterin Gabriele Zull; Fellbach würde dabei als „Wandertags-Hauptstadt“ fungieren. Mit im Boot sitzen würden dann neben den 16 aktuellen Gartenschau-Kommunen vermutlich auch noch Schwaikheim, Winnenden und Aichwald – der Ort liegt einerseits zwar im Kreis Esslingen, andererseits auf den Schurwaldhöhen, wo sicher etliche ausgebaute Wanderrouten vorhanden sind.

Die Kosten liegen bei einer halben Million Euro

In Fellbach würden zahlreiche geführte Wanderungen in den Osten der Region starten. Geplant wären zahlreiche Führungen, Vorträge oder Konzerte und insbesondere die zentrale Eröffnungsfeier. Höhepunkt wäre der Festumzug – ähnlich wie beim Fellbacher Herbst – bei dem die vielen Wandergruppen aus der ganzen Republik an den grüßenden und jubelnden Einheimischen vorbeimarschieren. Für Cheforganisator Mohrmann steht jedenfalls jetzt bereits fest: Fellbach steht im zentralen Fokus, „das bedeutet eine deutschlandweite mediale Beachtung“.

Bleiben noch die Kosten: Diese liegen bei einer halben Million Euro. Mohrmann beruft sich mit seiner Prognose auf „aktuell verfügbare Zahlen aus der Vergangenheit“. Daraus gehe hervor, dass der Aufwand für die Ausrichtung eines Deutschen Wandertags bei rund 500 000 Euro liegt. An der Stadt Fellbach bliebe allerdings deutlich weniger hängen. Denn das Land Baden-Württemberg will sich zur Hälfte beteiligen und hat einen Zuschuss in Höhe von 250 000 Euro Fellbach in Aussicht gestellt. Den verbleibenden Restbetrag wurde Fellbach als regionale Wandertags-Hauptstadt zu 70 Prozent tragen, was etwa 175 000 Euro entspricht. Die restlichen 30 Prozent – also 75 000 Euro – teilen sich die anderen Kommunen des Remstals auf.

In der Abstimmung fiel die Unterstützung für die Fellbacher Ambitionen nicht so klar aus wie gedacht: Die Mehrheit erteilte Gabriele Zull und ihren Mitstreitern zwar den Auftrag zur Bewerbung – aber es gab immerhin sechs Gegenstimmen.