Wirt Florian Roller in seiner Bar Puf im Leonhardsviertel. Foto: Andreas Engelhard

Ein neues Lokal ohne rotes Licht in Stuttgarts Rotlichtviertel heißt Puf. Der Wandel in der Altstadt geht weiter – vom Sex-Gewerbe zu mehr Barkultur. Die Armutsprostitution in der Nachbarschaft bleibt den Wirten nicht verborgen.

Stuttgart - Das hat Oskar, dem 81-jährigen Chef der Uhu-Bar im Leonhardsviertel, so richtig gut gefallen. Die neuen Wirtenachbarn Florian Roller und Robin Giesinger kamen bei ihm und den anderen Anwohnern vorbei, um sich vorzustellen und von ihren Gastro-Plänen zu berichten. „Gutes Benehmen ist heute selten geworden“, sagt der Uhu-Chef, eine Legende der Altstadt. Die jungen Kerle vom Puf haben zum Start ihrer coolen Bar an der Ecke des Leonhardsplatzes gleich mal Punkte gesammelt.

„Geh’n wir in den Puff?“ Wer dies vorschlägt, kann’s anders meinen, als es klingt. Geh’n wir bei Florian und Robin einen Whisky Sour trinken? Der neue Puf schreibt sich mit einem F weniger. Der Name kam zustande, weil der Innenarchitekt in der Umbauphase die beiden immer gefragt hat: „Treffen wir uns in eurem Puff?“ Bei dem Namen ist’s geblieben, er ist aber in Lautschrift geschrieben – schön geschwungen als Lichtquelle an der Wand. Der Zusatz „Pleasure up Front“ kam erst später hinzu. Die beiden Betreiber, Freunde seit Kindheitstagen, hatten Zweifel bekommen, ob ihr Puf in der Nähe von Puffs so gut ist.

Noch arbeiten die Wirte tagsüber in anderen Berufen

Der Name hat sich als Glücksgriff erwiesen, wie sich seit der Bar-Eröffnung vor sieben Wochen zeigt. Endlich können auch Frauen mal einen Puf(f) besuchen. Man trifft sich in einer gestylten Bar zum Wohlfühlen. An der Decke hängen Lampen, die mal ein Pizzablech waren. Die Wirte Florian Roller und Robin Giesinger arbeiten tagsüber in Berufen, die das Geld bringen für ihr Ziel, die Barkultur in der Altstadt zu verbessern. Nachts (mittwochs und donnerstags bis 1 Uhr, freitags und samstags bis 3 Uhr, sonst geschlossen) sind sie hinter ihrer Theke anzutreffen, meist umgeben von vielen jungen Menschen.

Wer aus den Fenstern blickt, bekommt so manches zu sehen. Etwa den Mann, von dem Flo Roller erzählt, der vor der Bar mit Spucke den Ehering abstreift – als wär’s den Beschäftigten in den Laufhäusern wichtig, dass ihre Freier unverheiratet sind. Man kann sehen, wie ein Kleinbus mit rumänischem Kennzeichen junge Frauen zum Arbeiten ankarrt. Was die beiden Barbetreiber über die Armutsprostitution und ihre Folgen hören, setzt ihnen ziemlich zu.

Mit immer neuen Bars, die weg vom Schmuddel führen, wird das Sex-Gewerbe im Leonhardsviertel zurückgedrängt. Das Quartier mischt sich. Die Altstadt lebt – und sie ist nicht nur rot. Die Not der Frauen in den Laufhäusern kommt damit stärker ins Bewusstsein von Menschen, die niemals in ein Laufhaus gehen.