Alkopop und Amore: Die Band Wanda gastiert im ausverkauften Stuttgarter LKA und singt von Liebe, Schnaps und Wein. Zur Zugabe gibt’s noch einen Heiratsantrag.
Stuttgart - Marco Michael Wanda und seine Bandkollegen gehen die Treppe im LKA hinunter zur Bühne. Gerade zu dieser Band Wanda passt es, dass es hier Stufen gibt, die die Protagonisten des Abends hinunter schreiten können, dabei von allen Fans gesehen werden, anstatt im Dunkel der Halle auf die Bühne zu kommen. Der Jubel ist laut am Sonntagabend im LKA Stuttgart. Sehr laut. Wanda werden gefeiert, und Wanda feiern sich und ihre Lieder.
„Stuttgart“, sagt Marco Michael Wanda ins Mikro. Er klingt wie jemand, der sehr viel raucht und trinkt. Mehrmals hebt er die Weinflasche hoch an diesem kurzweiligen Abend, verteilt Bier ins Publikum und singt von Schnaps. Die Lieder heißen „Stehengelassene Weinflaschen“ oder „Ich will Schnaps“. Das ist live auf der Bühne viel zu abgerockt, um gespielt zu sein. Das erste Lied „Luzia“ ist noch nicht zu Ende, und schon fliegen die ersten Plastikbierbecher mit Resten von Bier über die Köpfe hinweg.
Die Band der Stunde
Wanda sind so etwas wie die Band der Stunde. Ihre Songzeile von „Bologna“ ist allgemeingültige Parole geworden. Manche nutzen sie als Facebook-Status, der Schriftsteller Rainald Goetz zitierte sie am Ende seiner Dankesrede für den Büchnerpreis: „Wenn jemand fragt, wohin du gehst, sag nach Bologna. Wenn jemand fragt, wofür du stehst, sag für Amore.“
Im Februar traten Wanda erstmals in Stuttgart auf – in der Schleyerhalle als Vorgruppe von Kraftklub, im Mai spielten sie in der Manufaktur in Schorndorf, jetzt am Sonntagabend haben sie das Stuttgarter LKA ausverkauft. Nach dem Debüt „Amore“ 2014 ist jetzt schon das zweite Album erschienen – „Bussi“.
Die Musik von Wanda klingt roh und dreckig, nach Bier aus Dosen, kaltem Rauch, Liebeskummer und Absturz: „Gib‘s uns am Tog, gib‘s uns bei Nocht, Leidenschaft heißt leiden, und es lässt sich nicht vermeiden, dass die Wunde klafft“, singt Marco in „Stehengelassene Weinflaschen“. Er ist ein Typ, für den die Bezeichnung „Rampensau“ erfunden wurde. Er stampft, tanzt, hampelt, lässt sich auf den Boden fallen. Die Musik ist theatralisch, einfach gestrickt und ja auch prollig. Alkopop wäre vielleicht die richtige Genrebezeichnung dafür. Vom Austropop ist überall zu lesen. Da es noch andere Bands neben Wanda gibt, die aus Wien kommen und Erfolg haben. Bilderbuch beispielsweise, die vom „Neuen Wiener Soul“ sprechen, wenn sie ihre Musik meinen.
Zugabe mit Heiratsantrag
Die Wiener Bands entdecken nun sich und ihre Sprache, sie feiern sich selbst, sie lieben das, was sie machen. Das ist auch im LKA in jeder Sekunde zu spüren. Die wollen das. Wirklich! Richtig! Mit ganzer Kraft! Marco Michael Wanda, der natürlich nicht wirklich so heißt, hört man es an, dass er den Lebensstil, den er propagiert, auch wirklich lebt. Und das Publikum zieht mit. Junge Mädchen, alte Männer singen mit, ganze Lieder werden mit dem Smartphone – warum auch immer – gefilmt.
Vor allem „Meine beiden Schwestern“ scheint der neue Hit zu sein. Sänger Marco muss nur mit den Fingern die Zahlen eins, zwei, drei, vier andeuten – und alle stimmen den gemeinten Song an. Die Herren auf der Bühne tragen weiße Rippunterhemden, trinken, rauchen, schwitzen und singen vom Leben und der Liebe. Die Bandmitglieder knuddeln und busseln sich. Sänger Marco lässt sich bei „Schnaps“ über die Köpfe des Publikums tragen. Dass der Fan Ingo vor der Zugabe auf die Bühne kommt, vor seiner Liebsten auf die Knie geht und ihr einen Heiratsantrag macht, passt da bestens.