Elegant und praktisch: die Möbel von Walter Knoll und seinen Firmennachfolgern gehören zu den Design-Klassikern. Foto: Walter Knoll

Aus ihren Ideen sind Ikonen geworden: Ein neues Buch widmet sich dem Möbeldesigner Walter Knoll und seinen Nachfolgern – von den Anfängen in Stuttgart bis zur Gegenwart in Herrenberg.

Herrenberg - Markus Benz hatte da so eine Idee: Vor sechs Jahren schrieb der Inhaber der Möbelfirma Walter Knoll einen Brief an Bernd Polster. „Er fragte mich, ob ich nicht mal nach Herrenberg kommen wolle, er habe da so eine Idee“, berichtet der Design-Autor und Bauhaus-Experte. Das Ergebnis liegt nun vor: ein 350 Seiten dicker und schwerer Bildband über Walter Knoll und seine Möbelmarke. Es sollte ein Buch über die Wurzeln und die Zusammenhänge der Möbeldynastie und ihre Einordnung in die Moderne werden. „Wir freuen uns sehr über die Veröffentlichung“, sagt Markus Benz nun sechs Jahre später.

Drei Phasen der Moderne

In drei Phasen der Moderne ist die Firmengeschichte darin unterteilt. Es beginnt mit der Herkunft von Walter Knoll, dessen Vater Wilhelm im Jahr 1865 eine Lederwarenhandlung in Stuttgart eröffnete. Mit der Zeit verwandelte sich der Betrieb von einem Lieferanten zu einem Möbelhersteller. Im Jahr 1907 übernahmen Walter und sein Bruder Wilhelm das Geschäft und begannen mit der Produktion von Sitzmöbeln. Doch sie verkrachten sich. Als „Herrschernatur“ beschrieb Walter seinen jüngeren Bruder Willy. Er zog sich in das Unternehmen der Familie seiner Frau zurück, die Vollmöllers produzierten Trikotagen. 1925 machte Walter Knoll schließlich sein eigenes Ding, setzte auf „strikte Modernität“ und erreichte nur zwei Jahre später bei der Weißenhof-Ausstellung einen großen Erfolg mit seinem Mobiliar für die modernen Häuser. Wie Walter Knoll die Nähe zur Avantgarde suchte, beschreibt Bernd Polster in seinem Bildband.

Gespür für Innovation

Das Gespür für Innovationen zieht sich durch die gesamte Firmengeschichte – vom Clubsessel, den Wilhelm Knoll 1907 herausbrachte, über die neuen Stahlrohrmöbel Anfang der 1930er Jahre und Vostra, die „Sitzikone der Zweiten Moderne“, bis hin zu den Entwürfen renommierter Architekten wie Norman Foster in der dritten Phase des Unternehmens. In die zweite Phase fällt auch die erfolgreiche Zusammenarbeit von Vater und Sohn, Walter und Hans Knoll. Im Jahr 1993 übernahm ein anderes Vater-und-Sohn-Duo die Geschicke der Firma: Rolf Benz verkaufte seine Möbelmarke im Schwarzwald, investierte in Herrenberg. Seither führt der Sohn Markus Benz die Geschäfte.

Starke Wurzeln in Deutschland

„Die Moderne war eine weltweite Entwicklung – mit besonders starken Wurzeln in Deutschland“, erklärt Markus Benz den Stil, den sein Unternehmen prägt. Der Deutsche Werkbund und das Bauhaus hätten sie entwickelt, die Familie Knoll habe den Aufbruch entscheidend begleitet. Welche wichtige Rolle Design und Kultur in der Region Stuttgart also bereits seit 150 Jahren spielen, macht das Buch nicht nur nebenbei nachvollziehbar. Auf „eine Fülle von Erkenntnissen“ sei er bei der Recherche gestoßen, schreibt Bernd Polster: „Die schwäbische Metropole ist nicht nur ein Kraftzentrum der Industrie, sondern schon seit der Ersten Moderne ein starker Kulturstandort“, lautet eine davon: „Das setzte ein ums andere Mal architektonische Impulse.“

Mit dem zeitlos modern wirkenden Mobiliar aus Herrenberg werden heute international hochkarätige öffentliche Projekte sowie private Räume eingerichtet. Bei der Sanierung des Stuttgarter Landtags, eines Baudenkmals der Zweiten Moderne, kamen beispielsweise Möbel aus Herrenberg zum Einsatz. Auslöser für die Neupositionierung war Anfang des neuen Jahrtausends die Zusammenarbeit mit Norman Forster, der dem Berliner Reichstag damals die Kuppel aufsetzte. Das Unternehmen Walter Knoll bietet bis in die Gegenwart genug spannende Seiten.