Benjamin Schuldt auf dem sanierten Waldspielplatz im Bürgerwald. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Stadt Stuttgart hat ihre fünf Waldspielplätze für eine halbe Millionen Euro saniert. Sie laden zum Spielen und Toben ein. Doch nach wie vor beißen sich im Wald zum Teil die Themen Naherholung und Naturschutz.

So absurd es klingen mag, aber in den vergangenen Jahren hat man in Stuttgart einiges an Holz in den Wald hineingetragen. Schließlich galt es, die fünf Waldspielplätze, die im Besitz der Stadt Stuttgart sind, zu sanieren. „Über die letzten Jahrzehnte haben Mitarbeiter der Stadt die Spielplätze selbst gebaut und gestaltet“, sagt Benjamin Schuldt, Waldpädagoge der Stadt Stuttgart. Dann aber seien viele Mitarbeiter in Rente gegangen, nicht alle Forstwirtschaftstellen hätten nachbesetzt werden können. Deshalb habe man lange Zeit nicht mehr genügend Kapazitäten gehabt, was zur Folge hatte, dass der TÜV im Jahr 2013 erhebliche Mängel feststellte: Mehr als die Hälfte der Spielgeräte musste entfernt werden.

Die Stadt beschloss, alle fünf Waldspielplätze zu sanieren. „Sie hat dafür richtig Geld in die Hand genommen, insgesamt eine halbe Millionen Euro“, sagt Schuldt, der im Oktober 2016 alleine als Waldpädagogen der Stadt Stuttgart angefangen hat und inzwischen auf drei Mitarbeiter zurückgreifen kann. Eine Stelle ist noch zu besetzen. „Wir haben die Spielgeräte nicht nur ersetzt, sondern wir haben aufgestockt und überall kräftig investiert.“ Alle Waldspielplätze werden einmal in der Woche kontrolliert, hinzu kommen Quartals- und eine Jahreshauptkontrolle.

Der Wald als Rohstofflieferant „ist okay“

Wie bei allen anderen Stuttgarter Spielplätzen – mehr als 500 sind es an der Zahl – spielten mehrere Aspekte bei der konzeptionellen Neugestaltung eine Rolle: „Die Themen Inklusion, Vielfalt und Klimawandel sind dabei sehr wichtig“, sagt Schuldt. Spielplätze müssten für alle zugänglich sein, für alle Kinder etwas bieten und man müsse beim Bau auf Beschattung und Wasser achten. „Wir haben besonders großen Wert darauf gelegt, dass auch Spielgeräte für die größeren Kinder dabei sind“, sagt Schuldt. Für die Jugendlichen seien Grillstellen geschaffen worden, die freilich auch von Familien genutzt werden können. Generell habe man darauf geachtet, mit Holz und naturnahen Materialien zu arbeiten – darum das viele Holz, das in den Wald hineingetragen wurde.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Sommer in Stuttgart – Wenn der Grillplatz zum Brennpunkt wird

Der Wald als Rohstofflieferant – das allein werde seiner Bedeutung nicht gerecht, so Schuldt. Naherholungsraum zu sein, sei die noch wichtigere Funktion, die der Wald in Stuttgart übernimmt: Der Wald ist mit einer Größe von rund 6500 Fußballfeldern Stuttgarts größte Naherholungsfläche. Die Hälfte davon gehören der Stadt Stuttgart, die andere Hälfte dem Land Baden-Württemberg. Allerdings kollidiere diese Funktion manchmal mit dem Naturschutzgedanken. Und zwar bereits beim Wald als Rohstofflieferant: „Es ist ok, wenn die Ressource Holz genutzt wird, da sie nachwächst“, sagt Schuldt. Zumal es teils gar nicht anders ginge, als Bäume zu fällen: Im Bürgerwald etwa sterbe derzeit großflächig die Buche. „Diesem Baum ist es zu trocken, ihn muss man dringend fällen, um den Wald klimastabil aufzustellen, etwa mit Douglasien oder Eichen“, sagt Schuldt. Aber die Menschen hätten vielfach kein Verständnis, dass Bäume auch mal gefällt werden müssten, Bürgerinitiativen würden protestieren und der Gemeinderat sich teils nicht mehr trauen, notwendige Baumfällungen zu verabschieden.

Naturschutz und Naherholung „beißen“ sich manchmal

Ein weiteres Problem sei , dass es im Stuttgarter Stadtwald zweieinhalb Tausend Baumveteranen gebe, die jederzeit umfallen können. „Die heiligen Kühe des Naturschutzes leben aber gerade in toten Ästen“, sagt Schuldt. Dazu gehören vor allem Insekten, aber auch Vögel, Amphibien und Säugetiere.

Lesen Sie aus unserem Angebot: Naherholung in Stuttgart – Das muss man als Waldbesucher im Winter wissen

Das Naturschutz und Naherholung „sich manchmal beißen“, zeigt sich vielleicht am augenfälligsten an den Müllbergen, die sich besonders oft auf den Waldspielplätzen häufen. „Das ist ein Problem. Wir haben auch schon Mülleimer aufgestellt, was aber nur dazu führte, dass die Leute da ihren Hausmüll abgeladen haben“, sagt Schuldt. Deshalb habe man sich dagegen entschieden, zumal durch Mülleimer die Waldbrandgefahr steige. Ein Sozialunternehmen sei beauftragt, von April bis November dort den Müll aufzusammeln.

Zugang in die Natur erleichtern

Doch auch die Frage „Wie kommt man raus in den Wald“ ist ein „heißes Thema“, dem die Stadt Stuttgart derzeit nachgeht. „Es geht darum, den Zugang in die Natur zu erleichtern. Es ist natürlich grenzwertig, wenn alle mit dem Auto zu den Waldspielplätzen fahren. Deshalb gibt es etwa Überlegungen, Schulklassen und Kitas dafür die freie Nutzung des ÖPNV zu ermöglichen“, sagt Schuldt. Damit es öfter heißt: „Ab in den Wald“.

Einen Überblick und Informationen über die fünf Waldspielplätze finden Sie in der Bildergalerie.