200 Meter Abstand waren zu wenig – dieses Problem fällt nun wohl weg. Foto: StZ

Ein lange gehegter Traum des Waldorf-Schulvereins könnte jetzt in Erfüllung gehen. Bislag stand der unweit gelegene Chemiebetrieb Connect Chemicals dem Projekt im Weg. Doch jetzt ist das Unternehmen insolvent – und die Genehmigung für den Umgang mit Gefahrstoffen könnte verfallen.

Vaihingen/Enz - Erst freie Bahn – dann wieder nicht. Und jetzt stehen die Zeichen offenbar doch wieder gut für das große Neubauprojekt des Waldorfschul- und kindergartenvereins in Vaihingen an der Enz. Seit vielen Jahren will der Verein unweit der jetzigen Schule beim Bahnhof einen großen Neubau verwirklichen. Dort könnte auch der Kindergarten unterkommen, der bislang noch in der Franckstraße in der Stadtmitte residiert. Doch wegen der Firma Connect Chemicals, die nebenan liegt, schienen die Pläne unrealisierbar – zu gefährlich, befand das Regierungspräsidium Stuttgart (RP).

Doch nun sind die Chancen wohl groß, dass sich dieses Hindernis im übertragenen Sinn in Luft auflösen wird. Die Firma Connect Chemicals, die insbesondere wegen ihrer Erlaubnis zum Umgang mit dem Gefahrenstoff Brom ein potenzielles Risiko für die Kinder darstellte, hat Insolvenz angemeldet. Offenbar befindet sich unter den Kaufinteressenten für das Areal kein Chemiebetrieb. Das könnte für das rund 2,3 Millionen Euro teure, ambitionierte Bauvorhaben im Fuchsloch einen Durchbruch bedeuten. Wegen der Schulferien war der Geschäftsführer des Waldorf-Vereins diese Woche nicht erreichbar. Man darf aber davon ausgehen, dass das für den Verein eine positive Nachricht ist.

Kein Chemie-Nachfolger in Sicht

„Der Geschäftsbetrieb bei Connect Chemicals wurde inzwischen eingestellt und weitgehend abgewickelt“, sagt die Mannheimer Anwältin Heike Metzger, die als Insolvenzverwalterin fungiert. Im Moment sei sie damit beschäftigt, die Grundstücke der Firma zu verkaufen. Es gebe viele Interessenten, aber keiner davon sei ein Chemiebetrieb. Auch seien die Anlagen der Firma großteils bereits ausgebaut und verkauft worden. Es sei somit höchst unwahrscheinlich, dass sich auf dem Areal wieder ein Chemiebetrieb ansiedele.

Das ist der entscheidende Punkt für die Neubaupläne. Denn sollte sich wieder ein Chemiebetrieb dort niederlassen, dann könnte er die – bislang noch bestehende – Sondergenehmigung für den Umgang mit Gefahrstoffen automatisch übernehmen. Wenn nicht, dann verfällt diese Genehmigung. Sie gehe stark davon aus, dass letzteres der Fall sein wird, sagt die Insolvenzverwalterin Heike Metzger. „Die Genehmigung besteht noch, aber wohl nur formal.“ In den Hochzeiten des dortigen Betriebs – damals noch als Agfa-Niederlassung firmierend – haben dort rund 170 Beschäftigte gearbeitet. Zuletzt waren es laut Heike Metzger nur noch 21.

„Eröffnet völlig neue Möglichkeiten“

Der Vaihinger Oberbürgermeister Gerd Maisch ist nach eigenen Angaben überrascht von dieser Entwicklung. Er habe zwar von der Insolvenz gehört. Aber diese werde für den Waldorf-Verein nur relevant, wenn auch die Sondergenehmigung hinfällig werde. Kein Chemiebetrieb mehr in der Nachbarschaft – „das würde dem Verein völlig neue Möglichkeiten eröffnen“, sagt der Rathauschef. Die Stadt ist mit rund 1,2 Millionen Euro ein bedeutender Finanzier für das Neubau-Vorhaben und hätte wohl schon gerne schneller grünes Licht für das Projekt gegeben.

Ein Gutachter hatte im Auftrag des Rathauses ermittelt, dass es genügt, rund 200 Meter Abstand zu Connect Chemicals zu halten. Doch ein zweites Gutachten im Auftrag der Aufsichtsbehörde – dem RP in Stuttgart – hatte Ende 2013 ergeben, dass mindestens 250 Meter Sicherheitsabstand nötig sind, um die Kinder nicht unnötig zu gefährden. „Wir stehen jetzt wieder völlig am Anfang“, hatte damals Hartmut Kalus, der Geschäftsführer des Waldorfschul- und kindergartenvereins gesagt. Demnächst will der Verein bei einer Mitgliederversammlung diskutieren, ob und wie es mit den Neubauplänen weitergeht.