Für die Besucher sofort ersichtlich: Die Wasserrutsche macht allen Spaß. Foto: Lg/Oliver Willikonsky

Die Stuttgarter Waldheime sind beliebt – und sie leisten viel, auch für die Integration. Das zeigt eine Waldheimrundfahrt von Stadträten und Mitarbeitern der Verwaltung.

Stuttgart - „Einfach alles!“ ruft die siebenjährige Julia auf die Frage, was ihr am Waldheim besonders gefällt. „Und die Betreuer sind besonders toll, oder?“ fragt sie der 15-jährige Betreuer Dominik augenzwinkernd. Die beiden stehen zusammen auf einem schattigen Platz im Wald und bilden mit Dutzenden anderen Kindern einen Halbkreis.

Ungewohnter Besuch ist nach Feuerbach ins Ferienwaldheim Heimberg gekommen: eine ganze Busladung Stadträte, Mitarbeiter der Stadtverwaltung und der Trägervereine begehen die alljährliche Waldheimrundfahrt. Als einige von ihnen sich vorstellen und fragen, wer eigentlich das mitgebrachte Geschenk auspacken will, lässt sich Julia nicht zweimal bitten. Sie spurtet zum Karton, löst die Schleife und zieht einen von fünf Rucksäcken heraus, die die Waldheimkinder künftig für Ausflüge nutzen können.Die Rundfahrten gibt es seit Jahrzehnten, sie haben eine lange Tradition. Politik und Verwaltung sollten sehen, was die Stuttgarter Waldheime leisten, sagte Heinrich Korn, der stellvertretende Leiter des Jugendamts, der die erkrankte Schulbürgermeisterin Isabel Fezer (FDP) vertrat.

Viele Kinder mit Bonuscard

Das Ferienangebot in Feuerbach ist breit gestreut und reicht von Bogenschießen und Batiken über Schiffe basteln bis hin zum Knüpfen von Freundschaftsbändchen. Drei Waldheime mit 60 Betreuern und 250 Kindern betreibt die Arbeiterwohlfahrt (AWO) in Stuttgart.

„Wir haben einen hohen Anteil von Kindern mit Bonuscard oder Fluchtgeschichte“, sagte der AWO-Geschäftsführer Friedhelm Nöh. Weil viele Betreuer mehrsprachig seien – unter anderem sprächen sie Arabisch und Persisch – werde man diesen Anforderungen aber gut gerecht.

Eine Besonderheit bietet das Waldheim Heimberg mit der Mini-Gruppe: Zehn Kinder im Alter von vier bis sechs Jahren sind mit dabei. Im AWO-Waldheim in Hedelfingen sind die ganz jungen Kinder sogar ganz unter sich: „Dort sind alle Kinder zwischen drei und sieben Jahre alt“, sagte Kerstin Kelm, Koordinatorin der Waldheimferien bei der AWO. Waldheime böten etwas, was vielen Kindern mittlerweile fehle. „Wir sind mitten im Wald, man kann herumstreunen, sich ausprobieren, auf unterschiedlichem Untergrund laufen. Viele Kinder kommen sonst ja kaum mehr in den Wald“, so Kelm.

Rund 600 Flüchtlingskinder in den 28 Einrichtungen

Neben dem Naturerlebnis und der frischen Luft hätten Waldheime auch eine starke integrative Wirkung, sagte Jörg Schulze-Gronemeyer von der Arbeitsgemeinschaft Kinder Stadtranderholung Stuttgart. „Waldheime sind keine Angebote für bestimmte Bildungsschichten, sondern Stadtteilangebote“, so Schulze-Gronemeyer. Das ermögliche es, die rund 600 Flüchtlingskinder leichter zu integrieren, die in diesem Jahr in den 28 Einrichtungen mit dabei seien.

Als zweite Station stand das evangelische Ferienwaldheim in Vaihingen auf dem Programm. Kinder und Jugendliche rutschten auf Kommando eine meterlange, mit Wasser besprenkelte Plastik-Plane entlang, begleitet von lautem Geschrei und Gekicher. Als eines von drei Waldheimen integriert Vaihingen zeitweise behinderte und schwer behinderte Kinder in die Gruppen. Möglich macht es eine Kooperation mit der Behinderteneinrichtung Stuttgart, das zusätzliche Betreuer zur Verfügung stellt. Insgesamt sind 70 Kinder mit Assistenzbedarf in den verschiedenen Waldheimen dabei. Alle seien Teil des Ganzen, so Jörg Schulze-Gronemeyer.