Eberhard Klein und Günther Schwarz (von links) zeigen die Broschüre. Foto: Claudia Barner

Zwei ehemalige Revierleiter haben das 1500 Hektar große Waldgebiet Bezenberg nach Klein- und Bodendenkmalen durchforstet und die historischen Puzzleteile in einer Broschüre zusammengefügt.

Waldenbuch - Das Redaktionsbüro liegt tief im Wald zwischen Waldenbuch und Aichtal-Neuenhaus. Grüne Fensterläden schmücken die kleine Forsthütte, die am Ende eines schmalen Weges unter 200 Jahre alten Buchen steht. In ihrem Inneren sind ein paar Stühle um einen Holztisch herum gruppiert. Rot-weiß karierte Vorhänge vermitteln Behaglichkeit. Hier haben die beiden ehemaligen Revierleiter Günther Schwarz und Eberhard Klein in den vergangen beiden Jahren oft gesessen und die Ergebnisse ihrer Recherchen zusammengetragen.

Der Treffpunkt war mit Bedacht gewählt. Denn die Forstexperten waren im rund 1500 Hektar großen Waldgebiet des Bezenbergs in besonderer Mission unterwegs. Sie haben nach jenen Geschichten gesucht, die niemand mehr erzählen kann. Boden- und Kleindenkmale dienten bei ihrer Reise in die Vergangenheit als Wegmarken. Zeitzeugen, die oft erst auf den zweiten oder dritten Blick ihre Botschaften enthüllen. Was sie zu berichten haben, kann man nun in einer neuen Broschüre nachlesen, die vom Förderverein Naturpark Schönbuch herausgegeben wird. Auf knapp 100 Seiten geben die beiden früheren Revierleiter Einblick in die bewegte Historie des Höhenrückens zwischen Aich und Schaich.

Ein alter Friedhof weist auf eine römische Siedlung hin

Was im Kleinen begann, hat sich zu einem umfangreichen Projekt entwickelt. „Ursprünglich war es unser Plan, für unsere Nachfolger festzuhalten, wo auf dem Bezenberg Zeugen der Geschichte zu finden sind“, erinnert sich Eberhard Klein. Die ehemaligen Kollegen hatten sich schon während ihrer aktiven Dienstzeit für die verborgenen Botschaften des Waldes interessiert, die dabei helfen, eine Brücke zum Leben und Wirken früherer Generationen zu schlagen.

Brunnen im Unterholz

Ein Stück von einem alten Mühlstein erinnerte an die ehemaligen Sandsteinbrüche im Schönbuch. Ein Pirschgraben stellte den Bezug zu den herzoglichen Jagden her. Kleine Erderhebungen konnten die Forstmänner mit geschultem Blick problemlos als Keltengräber aus der Hallstattzeit identifizieren. Und natürlich gab es auch jene Funde, die bereits bei einem breiteren Publikum für Furore gesorgt hatten. Dazu gehörte etwa der 1869 beim Bau einer Pflanzschule am Schellenbrunnen entdeckte alte Friedhof, der Rückschlüsse auf die Besiedlung durch die Römer im 1. bis 3. Jahrhundert nach Christus zuließ.

Vieles war bekannt, doch das Bild hatte Lücken. „Wir wollten das Puzzle zusammensetzen“, berichtet das Autorenteam. Systematisch begingen die früheren Förster den lang gestreckten Walddistrikt, der am großen Funkturm hinter den Braunäckern von der Waldenbucher auf die Aichtaler Markung übergeht. Sie verzeichneten die historisch bedeutsamen Stellen auf ihren Flurkarten, durchforsteten Archive, suchten im Internet nach historischen Dokumenten und spürten den alten Namen der einzelnen Abteilungen nach. „Viele Bezeichnungen sind über die Jahrhunderte hinweg verloren gegangen. Das ist schade, denn oft geben sie Auskunft darüber, was in der betreffenden Gegend früher passiert ist“, sagt Günther Schwarz. Bei Bezeichnungen wie „Wolfsgrube“, „Eingefallenes Häusle“ oder „Mönchswald“ fand das Duo schnell den entsprechenden historischen Bezug.

Für ihre Publikation haben sie einen Preis bekommen

Entstanden ist ein Bild, das den Bezenberg als wirtschaftliches Zentrum früherer Generationen zeigt. „Der Wald bildete die Lebensgrundlage für die umliegenden Gemeinden“, berichtet Günther Schwarz. Die Bauern trieben ihr Vieh zum Weiden in den Wald. Die Töpfer aus Neuenhaus waren auf das Holz aus dem Schönbuch ebenso angewiesen, wie die Glasmacher aus der Waldenbucher Glashütte. Selbst Plattenhardt und Reutlingen besaßen Holzrechte. Das hatte Folgen. „Zeitweise war rund ein Drittel des Bezenbergs unbewaldet“, weiß der ehemalige Waldenbucher Revierleiter.

Solche und andere Erkenntnisse kann man in der Broschüre des Autorenteams nachschlagen. Einzelnen Aspekten, wie der Besiedlung des Bezenbergs, der Entwicklung der Baumarten, den Abteilungsnamen, der Nutzung des Stubensandsteins oder der Geschichte der Braunäcker sind eigene Kapitel gewidmet. Auf 22 Seiten findet sich zudem eine Übersicht der Kleindenkmale und historischen Geländemerkmale, die interessierte Waldbesucher anhand einer beigefügten Übersichtskarte künftig selbst aufspüren können.

Günther Schwarz und Eberhard Klein sind mit dem Ergebnis ihrer Recherchen zufrieden. Bei einem Nachtreffen in der alten Jagdhütte ziehen sie Bilanz: „Uns ging es darum, die historische Bedeutung des Waldgebiets Bezenberg einem größeren Kreis an Schönbuchfreunden bekannt zu machen und das Auge für die verborgenen Zeugen der Vergangenheit zu schärfen, die ansonsten leicht in Vergessenheit geraten.“

Ein dickes Lob für ihre akribische Spurensuche konnten die beiden schon einfahren: Der Schwäbische Heimatbund hat ihrer Publikation einen Sonderpreis in der Kategorie Kleindenkmale verliehen. Übergeben wird die Auszeichnung bei der offiziellen Verleihung des Kulturlandschaftspreises 2017 am Montag, 9. Oktober, in Sontheim an der Brenz.