Die Einwohner von Fort McMurray verlassen auf der Flucht vor den Waldbränden ihre Stadt. Das untere Foto zeigt ein am Vortag niedergebranntesViertel. Foto: AFP, AP

Gegen die Waldbrände in der kanadischen Provinz Alberta kann nur Regen wirklich helfen, aber der ist nicht in Sicht.

Fort McMurray - Die rund 90 000 Bewohner von Fort McMurray, die ihre Häuser und Wohnungen verlassen mussten und nun in Evakuierungszentren warten, wissen nicht, wann sie nach Fort McMurray zurückkehren können. „Ich rechne damit, dass das Feuer sich in den nächsten Tagen noch ausdehnen wird“, sagte am späten Donnerstagabend (Ortszeit) Chad Morrison von der Forstbehörde Albertas. Die Ministerpräsidentin von Alberta, Rachel Notley, machte klar, dass sich die Evakuierten gedulden müssen, bis sie nach Fort McMurray zurückkehren können. „Leider wissen wir, dass es sich nicht nur um ein paar Tage handeln wird“, sagte sie. Der Schaden in Fort McMurray sei enorm.

Die Zahl der Feuerwehrleute, die die Flammen bekämpfen, ist mittlerweile auf über 1100 gewachsen, hinzu kommen 145 Hubschrauber und 22 Flugzeuge. Die Einsatzkräfte bemühen sich, Wohngebiete und wichtige Infrastruktur wie Wasserwerk, Krankenhaus und Schule zu schützen. „Dies ist ein extremes Feuer. Es wird bei diesen trockenen Bedingungen anhalten, bis uns der Regen helfen wird.“ Ein Forstwissenschaftler erklärte, das Abwerfen von Wasser auf die brennenden Flächen sei „als ob man in ein Lagerfeuer spuckt“. Nach einem sehr trockenen Sommer 2015 und einen niederschlagsarmen Winter hat ein heißer Frühling mit Temperaturen um 30 Grad das Busch- und Waldlang rund um Fort McMurray stellenweise wie eine Wüste austrocknen lassen, heißt es in Berichten aus Alberta.

Als ob man in ein Lagerfeuer spukt

Die verbrannte Fläche wird mit 850 Quadratkilometern angegeben, mindestens 1600 Häuser und Gebäude wurden zerstört. Die Kanadier haben in den ersten 24 Stunden seit Beginn der Katastrophe am Dienstag bereits mehr als elf Millionen Dollar für die Hilfe gespendet. Der Premierminister Justin Trudeau teilte im Parlament mit, dass die Regierung nochmals die gleiche Summe bereitstellen wird. Aber der Schaden ist erheblich größer. Erste Schätzungen von Versicherungen belaufen sich auf rund neun Milliarden Kanada-Dollar, etwa sechs Milliarden Euro.

In Wohnsiedlungen wie Anzac und Gregoire Lake südlich der Stadt ist es wegen der Flammenwände extrem heiß. Innerhalb von 24 Stunden hatte sich die verbrannte Fläche fast verachtfacht. Das Feuer schafft seine eigenen Wetterbedingungen mit heftigem Wind und Blitzschlägen. Windböen erschweren die Arbeit der Feuerwehren und macht sie, wenn sich der Wind dreht, äußerst gefährlich. Zwar hat das Feuer bisher keine direkten Todesopfer gefordert, dennoch sind Opfer im Zuge der Evakuierung zu beklagen. Zwei junge Leute, die aus Fort McMurray flohen, kamen ums Leben, als ihr Fahrzeug auf dem nach Süden führenden Highway mit einem Laster kollidierte.

Die Region ist von der Außenwelt abgeschnitten

Rund 25 000 der 90 000 Menschen, die Fort McMurray verlassen mussten, flohen nach Norden. Da dieses Gebiet jetzt aber weitgehend von der Außenwelt abgeschnitten ist, begannen die Behörden, diese Menschen mit Hubschraubern auszufliegen. Zudem sollte am Freitag versucht werden, einen von Löschfahrzeugen begleiteten Konvoi nach Süden durch Fort McMurray Richtung Edmonton zu geleiten.

Fort McMurray, das Zentrum der kanadischen Ölsandindustrie und bis zum Einbruch der Ölpreise vor einem Jahr eine Boomtown, ist nun eine Geisterstadt. Nicht abzusehen ist, wie lange der Wiederaufbau dauern wird. Kanada produziert etwa 3,7 Millionen Barrel Rohöl pro Tag, davon 2,4 Millionen aus Ölsand. Die Waldbrände haben die Ölkonzerne aber bereits gezwungen, ihre Produktion zu drosseln. Geschätzt wird, dass etwa 600 000 Barrel weniger gefördert werden. Auch Pipelines wurden vorübergehend stillgelegt. Bis Freitagmorgen schien keine der zahlreichen Förderstätten rund um Fort McMurray akut von Feuer bedroht. Die Unternehmen haben allerdings Personal von den Ölsandminen ausgeflogen und ihre Camps, in denen die Arbeiter wohnen, für Einwohner Fort McMurrays geöffnet, die fliehen mussten.

In der Gegend wird Ölsand abgebaut

Die Ölsandindustrie ist eine der größten Quellen für die Treibhausgasemissionen Kanadas. Premierminister Trudeau hat den Klimaschutz zu einem seiner wichtigsten Anliegen gemacht. In der aktuellen Situation wollen die Politiker aber keine direkten Verbindungen zwischen dem Waldbrand von Fort McMurray und Klimawandel herstellen. Trudeau sagte, er wolle dieses Desaster nicht mit einer politischen Diskussion verbinden, er gestand aber zu, dass Klimawandel das Auftreten extremer Wetterverhältnisse fördere.

Der Klimawandel führt zu trockeneren Wäldern