Der Waldenbucher Künstler Christian Günther kritisiert die massiven Baumfällarbeiten im Naherholungsgebiet zwischen der Burkhardtsmühle und dem Liebenaukreisel. Foto: Claudia Barner

Auf etwa 60 Hektar hat der Landesbetrieb Forst BW in Waldenbuch Bäume gefällt. Eine normale Pflegemaßnahme, sagen die Experten. Raubbau an der Natur, befinden Nachbarn und Erholungssuchende.

Idyllischer kann man nicht wohnen. Vor 21 Jahren hat der Künstler Christian Günther das Bundeswehr-Areal im Forst zwischen Waldenbuch und der Burkhardtsmühle gekauft und die ehemalige Nato-Fernmeldestation in ein Refugium für Kunst und Kultur verwandelt. Ein asphaltierter Weg führt zur Künstleroase „Art Walden“. Rund um das etwa 1,3 Hektar große Privatgelände spannt sich ein Netz von Wanderwegen. Die Routen sind beliebt und ziehen vor allem am Wochenende viele Ausflügler an. Seit Anfang Februar ist die Freude allerdings getrübt: Mitarbeiter des Landesbetriebs Forst BW haben oberhalb der Landesstraße 1185 mit schwerem Gerät Fällarbeiten ausgeführt. Jetzt stapeln sich die Baumriesen am Wegesrand und die Hänge sind von tiefen Schneisen durchzogen.

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Christian Günther will das nicht einfach hinnehmen. „Ich habe schon viele Waldpflegemaßnahmen erlebt. Aber das ist eine Totalabschlachtung“, beklagt er. Auch die Erholungssuchenden sind vom Ausmaß des Eingriffs befremdet. „Wir walken hier seit zwanzig Jahren. Warum man jetzt so viele große, starke Bäume fällt, können wir nicht nachvollziehen. Das ist kein Lichten mehr, das ist ein Holzen“, erklären zwei Damen aus Aichtal und Waldenbuch.

Vor allem große Buchen und Eichen seien geschlagen worden

Christian Günther macht sich Sorgen um die Folgen für Mensch und Natur. „Auf manchen Strecken ist es fast ein Kahlschlag. Es wurden vor allem große Buchen und Eichen geschlagen. Dieser Wald ist auf viele Jahrzehnte geschädigt“, sagt er. Außerdem stören den 81-Jährigen die tiefen Fahrspuren, die die Forstfahrzeuge in die Hänge gegraben haben. „Bei Starkregen kann das Wasser nun ungehindert ins Tal fließen“, gibt der Künstler zu bedenken.

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Christian Günther und seine Frau Beate Maria wollten ein Zeichen setzen und haben sich in einem Brief an Götz von Bülow, den Leiter des Forstbezirks Schönbuch, gewandt. „Es ist uns klar, dass der Wald bewirtschaftet und gepflegt werden muss. Aber ein so brachiales Eingreifen können wir nicht nachvollziehen. Dieser Wald hat seinen einmaligen Charakter unwiederbringlich verloren“, beklagen sie.

Der Experte spricht von einer „ganz normalen Holzernte“

Der Forstexperte hat Verständnis für die Reaktion des Ehepaars. „Ich kann nachvollziehen, dass bei dieser Wohnlage eine starke Identifikation mit dem umgebenden Wald besteht“ sagt er. Inhaltlich hält er die Vorwürfe jedoch für unbegründet. „Hier handelt es sich um eine ganz normale Holzernte, wie sie routinemäßig alle fünf bis zehn Jahre stattfindet“, erklärt Götz von Bülow auf Nachfrage.

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Maßnahmen wie diese seien von langer Hand geplant und im Forstentwicklungsplan festgeschrieben. Sowohl wirtschaftliche als auch ökologische Aspekte würden dabei berücksichtigt. „Wir haben sogar weniger Holz aus dem Wald geholt, als in den vergangenen zehn Jahren zugewachsen ist“, rechnet der Forstexperte vor. Auch den Vorwurf, die gestiegene Nachfrage beim Holz könnte zum Raubbau an der Natur geführt haben, weist er entschieden zurück: „Die Planung stand bereits, und wir haben nicht einen Festmeter mehr geschlagen.“

Nun ist ein Vor-Ort-Termin geplant

Zwei Dinge – das räumt von Bülow ein – seien in Waldenbuch nicht optimal gelaufen. Die beauftragte Firma hat langsamer gearbeitet als geplant, was die Dauer der Holzernte deutlich in die Länge gezogen habe. Auch die intensive Nutzung durch Erholungssuchende an dieser Stelle habe er wohl unterschätzt. „Mit einer Fläche von 60 Hektar haben wir ein relativ großes Gebiet bearbeitet. Das hat die Zahl der kritischen Nachfragen natürlich erhöht“, stellt er fest.

Bei einem Vor-Ort-Termin mit dem Künstlerehepaar will der Leiter des Forstbezirks die offenen Fragen nun persönlich klären. Dazu gehört auch eine Antwort darauf, wie es nach dem Abtransport mit den hölzernen Riesen aus dem Schönbuch weitergeht. Götz von Bülow klärt auf: „Der Großteil des Holzes geht an lokale Abnehmer in den umliegenden Sägewerken. Die schwächeren Stämme werden vor Ort als Brennholz versteigert.“