In einigen Bereichen des Forsts im Landkreis Ludwigsburg geht nun auch die als hitzeresistent geltende Baumart in die Knie. Wäre das der Super-Gau für den Wald?
Es gehört zur guten Tradition, dass Revierförster Jürgen Weis die Steinheimer Gemeinderäte einmal im Jahr mit in sein grünes Reich nimmt, versucht, ihnen das komplexe Ökosystem nahezubringen. Weil Weis zudem ein fesselnder und knitzer Erzähler ist, vergeht die Unterrichtsstunde meist wie im Flug. So auch jetzt, als er das Gremium durch den Höpfigheimer Kälblingswald lotste. Dennoch dürften die Teilnehmer den Forst am Ende auch mit einem mulmigen Gefühl verlassen haben. Denn Weis sprach offen an, wo im Wald der Schuh drückt – und wies dabei auf ein Phänomen hin, das Anlass zur Sorge geben könnte: Selbst die hitzeresistente Eiche, der wohl größte Hoffnungsträger in Zeiten des Klimawandels, schwächelt.
Entwicklung wird beobachtet
Weis deutete am Wegesrand auf zwei welk gewordene, absterbende Exemplare. Am Stamm entlang waren schwarze Schlieren zu erkennen. „Das ist ein Schwächezeichen“, erklärte Weis. Die Spuren stammten vom Eichenprachtkäfer, der sich in malade Bäume hineinbohre und dann seine Brut ablege. Was folgt, sei ein Sterben auf Raten. Das sei auf einem ganzen Streifen im Kälblingswald zu beobachten, in Hohenhaslach – einem Teilort von Sachsenheim – gar auf größeren Flächen. Deshalb müssten nicht gleich sämtliche Alarmglocken schrillen. Man werde aber die Entwicklung genau im Blick behalten, weil eines klar sei: „Wenn die wärmetolerante Eiche etwas bekommt wie das Eschentriebsterben, dann können wir einpacken, dann bin ich mit meinem Latein am Ende, dann haben wir keine Rückzugslinie mehr“, sagte Weis.
Ursächlich für das Dilemma ist nach Angaben des Ludwigsburger Landratsamts, dass die Sommer 2018, 2019, 2020 und 2022 zu heiß und zu trocken gewesen seien. Selbst 2021, als vergleichsweise viel Regen fiel, „war es überdurchschnittlich warm“, konstatiert Kreishaus-Sprecher Andreas Fritz. Das Niederschlagsdefizit in den Sommermonaten habe im Winter nicht ausgeglichen werden können. Inzwischen reagiere selbst die klimaresiliente Eiche auf den Mangel an Wasser.
„Und je länger die Trockenperiode, desto stärker der Trockenstress“, erklärt Fritz. Besonders betroffen seien in der Regel „die älteren Bäume, die unter günstigeren Klimabedingungen aufgewachsen sind“. Infolge des Defizits beim Niederschlag seien die Gewächse gleichzeitig auch „anfälliger für Schadorganismen“. Im Fall der Eiche sei das eben etwa der auch von Jürgen Weis genannte Eichenprachtkäfer. Dass Eichen derzeit vermehrt absterben, sei für einige Waldbestände im Landkreis festzustellen, erklärt Fritz. „Diese Flächen werden intensiv beobachtet“, versichert er.
Seltene heimische Arten als Alternative
Keinen Hehl macht der Kreishaus-Sprecher, dass es selbst für die Eiche als Hoffnungsträgerin im Klimawandel künftig auf besonders trockenen oder schweren Tonböden kritisch werde. Doch damit scheint Rom noch nicht verloren. Die Leitungen der Forstreviere setzten auf seltene heimische Arten wie Elsbeere, Speierling und Feldahorn. „Auf einigen kleinen Flächen werden, unter wissenschaftlicher Begleitung, auch Baumarten aus wärmeren Regionen, wie dem Mittelmeerraum, gepflanzt“, fügt Fritz hinzu. In der Verlosung seien beispielsweise Schwarzkiefer, Flaumeiche und Baumhasel.
Doch auf den meisten Standorten habe die Eiche auch in Zukunft weiterhin gute Chancen. Daher würden Bereiche, wo andere Baumarten wie die Fichte bereits in die Knie gegangen sind, häufig anschließend mit Eichen wieder aufgeforstet. „Allein in den vergangenen zwei Jahren wurden 45 000 Eichen in den Wäldern des Landkreises gepflanzt“, berichtet Fritz. Und um das Risiko im Klimawandel zu minimieren, würden Mischwälder aus verschiedenen Gewächsen gebildet.
Fichte auf dem Rückzug
Die Fichte wird man im Forst der Zukunft hierzulande jedoch wohl eher selten antreffen. Sie stamme ursprünglich aus dem Bergland, leide stark unter dem Klimawandel und werde vermehrt von Borkenkäfern befallen, fasst Andreas Fritz den wenig rosigen Status quo zusammen. Im Landkreis Ludwigsburg liege der Anteil der Fichte in den Wäldern aber ohnehin nur noch bei zehn Prozent, da die Förster schon vor Jahrzehnten mit dem klimagerechten Umbau der hiesigen Reviere begonnen hätten. Wobei der Einfluss von Hitze und Trockenheit auf die Bäume dazu noch stark von weiteren Faktoren wie dem Boden und dem Alter abhänge. Stellenweise stürben bei entsprechend ungünstigen Konstellationen somit auch mal Kiefern oder Buchen ab.
Die Lage in Baden-Württemberg ist unterschiedlich
Geeignet
Die Eiche schwächelt derzeit wegen der Trockenheit der vergangenen Jahre. „Allerdings lag der Schadholzanteil der Eichenarten in den vergangenen Jahren im Vergleich zu den übrigen Hauptbaumarten am niedrigsten“, stellt das Ministerium für Ländlichen Raum klar. Die Eiche sei zudem durchaus geeignet, unter den sich ändernden Klimabedingungen bestehen zu können – doch dabei komme es auch auf Standort, Art, Herkunft und Behandlung an.
Gravierend
Dass die Eiche jedoch nicht uneingeschränkt überall funktioniert, lasse sich daran ablesen, dass sich der Wassermangel in unterschiedlicher Härte bemerkbar macht. Die Eichen am nördlichen Oberrhein, im Kreis Ludwigsburg, Hohenlohekreis und Main-Tauberkreis seien stärker von gravierenden und teilweise bestandsbedrohenden Schäden betroffen. Dagegen seien aus den Kreisen Tübingen, Böblingen und Reutlingen keine ganze Kulturen gefährdeten Auswirkungen durch Trockenheit gemeldet worden.