Christoph Sonntag und Waiblinger Drittklässler am Kätzenbach. Foto: Max Kovalenko

Vorbild Stuttgart: Wie am Stuttgarter Max-Eyth-See richtet die Christoph-Sonntag-Stiftung nun am Waiblinger Remsufer ein Grünes Klassenzimmer ein - als naturnahes Projekt am Flussufer.

Waiblingen - Ganz schön glitschig ist es auf den Steinen des Kätzenbachs, eines Zulaufs der Rems. Das erfahren alle 21 Drittklässler der Rinnenäckerschule am Mittwochvormittag in der Talaue recht schnell. Auch die achtjährige Minerva rutscht ab, sinkt bis zum Oberschenkel ins Wasser. Aber immerhin gibt’s lautstark ein Erfolgserlebnis zu verkünden: „Ich hab’ eine Kröte gefunden!“ Und wenn das Wasser dann aus den Gummistiefeln ausgeleert ist, trocknen Strümpfe und Hosen bei den sommerlichen Temperaturen im Sonnenschein zügig wieder.

Aus der Ferne stiefelt Christoph Sonntag über die Brühlwiese beim Bürgerzentrum auf die tobende Schar zu. Der Kabarettist ist dafür verantwortlich, dass in seiner Heimatstadt Waiblingen bald ein ähnliches Projekt etabliert wird, wie er es im Jahr 2010 bereits am Stuttgarter Max-Eyth-See auf den Weg gebracht hat. Der See liegt dem 52-Jährigen besonders am Herzen. „Es kann doch nicht sein, dass Stuttgarts einziges nennenswertes Wasser so vergammelt.“ Im Zuge der dortigen Rettungsaktion und der Durchspülung mit frischem Quellwasser entstand die Idee eines Klassenzimmers am See: Unterricht unter freiem Himmel, bei dem Schulklassen das Thema Wasser hautnah in all seinen Facetten erleben, erfahren und erforschen können. „Am 12. April 2010 war der Start, seitdem haben wir einen echten Run mit 213 Anmeldungen aus ganz Baden-Württemberg“, bilanziert Sonntag durchaus mit Stolz.

Wenn dieses „Lernen am Objekt“ in Stuttgart so erfolgreich funktioniert, müsste das doch eigentlich auch in seiner Heimatstadt möglich sein, dachte sich Sonntag. „Klar habe auch ich viel an der Rems gespielt und bin mit nassen Schuhen nach Hause gekommen.“ Dem Thema verbunden ist Sonntag zudem als diplomierter Landschaftsplaner sowie durch seinen Vater Horst Sonntag, der einst als Grünplaner der Stadt die Waiblinger Talaue konzipierte. Als Sonntag kürzlich Hans Peter Stihl, den Seniorchef des Weltmarkt-Sägenherstellers, traf, entstand die konkrete Planung: Die Andreas Stihl AG und die Eva-Mayr-Stihl-Stiftung finanzieren zu einem erheblichen Teil die 300 000 Euro fürs Klassenzimmer an der Rems.

Genutzt werden soll hiefür jener Pavillon auf der Erleninsel, der ursprünglich mal am Waiblinger Bahnhof stand und später an die Rems versetzt wurde. Hier errichtet die Stadt drei sogenannte Tresen, in denen die Arbeitsmaterialien fürs Projekt untergebracht werden. Zur besseren Anbindung dieses grünen Klassenzimmers an die Talaue ist fürs kommende Jahr zudem noch der Bau einer Furt mit Trittsteinen im flachen Bereich der Rems geplant.

Am Mittwoch nun gab es eine Art Vorpremiere. Um zu testen, wie das Ganze mal aussehen kann, haben sich sieben Mädchen und 14 Jungs aus der 3a mit ihrer Klassenlehrerin Ulrike Breitsprecher auf den gut halbstündigen Weg von der Rinnenäckerschule zur Rems gemacht. Unter Anleitung von Meeresbiologin Edith Markert greifen sie sich aus den von der Stiftung mitgebrachten mobilen Rollkoffern diverse Utensilien. Emilie, Nina, Minerva und Dalia bilden eine der fünf kleinen Forschungsgruppen. Mit Pinzetten oder Käschern fischen sie die Minitierchen wie den Zweiäugigen Plattegel, Rattenschwanzlarven, Strudelwürmer oder Flohkrebse heraus, legen sie in die Petrischalen und untersuchen anschließend alles unter einem Mikroskop. Am Ende ergibt sich ein ziemlich klares Bild: Der Kätzenbach gehört zur biologischen Gewässergüteklasse 2, ist also lediglich leicht verschmutzt. Gute Voraussetzungen also für den Start des grünen Klassenzimmers am 1. Juni.