Statt einer hungrigen Familie erwartete den Pizzaboten eine Waffe. Foto: AP

Wegen räuberischer Erpressung eines Pizzaboten erhält ein 27-Jähriger eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren.

Waiblingen - Einen gehörigen Schrecken, der noch etliche Tage nachwirkte, erlitt Mitte Juli vergangenen Jahres ein Fellbacher Pizzabote. Gegen halb elf Uhr nachts sollte er eine größere Bestellung in der Thomas-Mann-Straße abliefern. Statt einer hungrigen Familie erwartete ihn dort jedoch Hansjörg L. (Name geändert). Mit vorgehaltener Waffe – eine täuschend echt wirkende Spielzeugpistole – drängte der 27-Jährige sein Opfer in eine dunkle Ecke, nahm ihm 60 Euro ab und flüchtete.

Bei der gerichtlichen Aufarbeitung seiner Tat zeigte sich der mehrfach wegen Gewalttaten vorbestrafte Fellbacher geständig: „Es war Dummheit, mehr kann ich dazu nicht sagen.“ Dass er ziemlich schnell ins Visier der Kriminalpolizei geriet, hat er einigen Details seines Raubzugs zu verdanken. So rief Hansjörg L. nicht nur bei dem Pizzadienst an, um seine Bestellung im Wert von 88 Euro aufzugeben, sondern behauptete bei einem zweiten Anruf auch noch, nur einen 200-Euro-Schein zu besitzen. Der Lieferant möge doch bitte genug Wechselgeld mitbringen. Während des Überfalls versuchte Hansjörg L. zudem, sein Opfer durch einen Anruf bei angeblich bald eintreffenden Komplizen einzuschüchtern. Über die Daten der Gespräche ermittelte die Polizei den Täter und durchsuchte seine wenige hundert Meter vom Tatort entfernte Wohnung. „Dabei wurden das Handy und schriftliche Unterlagen gefunden“, sagte der als Zeuge geladene Ermittler aus.

Die Spielzeugpistole war nicht als Imitat erkennbar

Der Pizzabote hat das Erlebnis ohne bleibende Schäden überstanden, obwohl die Spielzeugpistole für ihn nicht als Imitat erkennbar war. Trotzdem habe er kurz über Widerstand nachgedacht: „Ich habe mir überlegt, ob ich mich zur Wehr setze, aber mich dagegen entschieden.“ Offenbar eine weise Entscheidung, zumal Hansjörg L. aus dem Geldbeutel nur die 60 Euro nahm und die Ausweispapiere drin ließ.

Offenbar wurde dem Räuber erst während oder kurz nach seinem Überfall klar, worauf er sich eingelassen hatte: „Man fühlt sich dreckig und schämt sich.“ Auf seiner Flucht warf er nicht nur die Spielzeugpistole weg, sondern auch seine Beute. Inzwischen hat die Mutter des unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leidenden und deswegen in psychotherapeutischer Behandlung befindlichen Angeklagten den Schaden beglichen.

Verbrechen wird als minderschwerer Fall eingestuft

Angesichts der geringen Beute und der ungefährlichen Waffenattrappe sahen sowohl der Staatsanwalt als auch der Pflichtverteidiger von Hansjörg L. in dem Verbrechen lediglich einen minderschweren Fall und plädierten auf eine Bewährungsstrafe. Diesem Antrag schloss sich das Schöffengericht unter dem Vorsitz von Richter Kärcher an. Immerhin hat Hansjörg L. einen sicheren Arbeitsplatz, war geständig, verbrachte fast drei Monate in Untersuchungshaft und „ging den Umständen entsprechend rücksichtsvoll mit seinem Opfer um“. Dennoch bescheinigte Richter Kärcher Hansjörg L. „einiges an krimineller Energie.“ Er verurteilte ihn wegen eines minderschweren Falls der schweren räuberischen Erpressung zu zwei Jahren Haft, die drei Jahre lang zur Bewährung ausgesetzt sind. Außerdem darf der spielsüchtige Mann keine Spielhalle betreten und muss die Kosten des Verfahrens tragen. Da sowohl der Staatsanwalt als auch die Verteidigung auf Rechtsmittel verzichtete, ist das Urteil endgültig.