Eine mit Wasserstoff betriebene, eine Million Euro teure Kehrmaschine sollte Waiblingens Straßen sauber halten. Warum setzt die Stadt nun doch auf ein Dieselmodell?
Bis zu 35 Tonnen CO2 sollte eine neue Kehrmaschine auf Wasserstoffbasis in Waiblingen (Rems-Murr-Kreis) der Umwelt pro Jahr ersparen – und zudem leiser sein als vergleichbare Maschinen mit Dieselmotor. Diese Vorteile und eine in Aussicht gestellte stattliche Fördersumme in Höhe von 720.000 Euro haben eine Mehrheit im Gemeinderat Waiblingen vor fünf Jahren dazu bewogen, sich für die Anschaffung einer Kehrmaschine mit Brennstoffzellentechnik zu entscheiden.
Nicht alle Stadträtinnen und Stadträte waren über den Beschluss glücklich: Michael Feßmann von der Fraktion Freie Wähler/Demokratische Freie Bürger (FW/DFB) beispielsweise kritisierte die „exorbitante Summe“ von insgesamt 1,05 Millionen Euro, welche die Wasserstoff-Kehrmaschine der Firma Faun kosten sollte. Eine entsprechende Kehrmaschine mit Euro-6-Dieselmotor kostet im Vergleich dazu knapp 270.000 Euro.
Der Kauf der in doppelter Hinsicht sauberen Maschine sei „ein Stück weit ein Signal“, argumentierte der Baubürgermeister Dieter Schienmann damals. Denn aus dem Auspuff kommt reiner Wasserdampf statt Stickoxide, Kohlendioxid und Rußpartikel. Doch aus der für das Jahr 2022 geplanten Auslieferung der Kehrmaschine wurde nichts – und auch 2023 und 2024 wartete man in Waiblingen vergeblich auf das neue Fahrzeug. Als Grund führte die Herstellerfirma gegenüber der Stadt Zulassungsprobleme bei der Brennstoffzellentechnik an. Bis zum für das Jahr 2025 in Aussicht gestellten Start der neuen, emissionsfreien Kehrmaschine reinigte daher ein von der Firma Faun gemietetes Dieselmodell die Straßen.
Schwache Nachfrage bei Wasserstoff-Fahrzeugen
Und bei Diesel statt Wasserstoff wird es nun wohl auch bleiben. Denn die Firma Enginius, eine Tochterfirma des Fahrzeugbauers Faun, richtet laut einer Pressemitteilung ihren strategischen Fokus neu aus. „Künftig stehen der Service, die Ersatzteilversorgung und die technische Betreuung der bestehenden Bluepower-Flotte im Mittelpunkt der Unternehmensaktivitäten“, heißt es zum Stopp der Produktion, für die erst 2022 ein neues Werk in Bremen gebaut worden war. Die Entscheidung, die Produktion und Entwicklung neuer Fahrzeuge „vorerst zurückzufahren“, erfolge vor dem Hintergrund der aktuellen Marktsituation. „Die Nachfrage nach emissionsfreien Nutzfahrzeugen auf Wasserstoffbasis entwickelt sich langsamer als erwartet.“ Auch stehe mit dem seit April 2024 offiziell zugelassenen Kraftstoff HVO100 „eine alternative, als emissionsfrei eingestufte Antriebsoption zur Verfügung, die für viele Anwender kurzfristig praktikabler erscheint“.
Die Stadt hat sich zwar auf die Suche nach anderen Herstellern gemacht, die Kehrmaschinen mit Brennstoffzellenantrieb auf Wasserstoffbasis anbieten, ist aber offenbar nicht fündig geworden. Die Verwaltung setzt deshalb auf den Kauf einer Kehrmaschine mit Diesel-6-Motor. Ein für die Zwecke des Betriebshofs passendes Modell kostet rund 265.000 Euro und ist laut Stadt rund 200.000 Euro günstiger als ein elektrisch betriebenes Alternativmodell. Letzteres wäre vor fünf Jahren vielleicht noch eine Option gewesen, kommt nach Einschätzung der Verwaltung angesichts der leeren Kassen derzeit aber nicht mehr infrage.
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