Immer wieder gerät der Angeklagte in Konfliktsituationen. Foto: Patricia Sigerist

Weil er nicht zur Verhandlung erscheint, erhält der Angeklagte einen schriftlichen Strafbefehl. Der Fellbacher hat bei einer Schlägerei zwei Schüsse mit einem Tierabwehrgerät auf seinen Kontrahenten abgefeuert.

Waiblingen - Dumm gelaufen, könnte man sagen, wenn der Verteidiger kommt, der Angeklagte aber nicht. So passierte es kürzlich auf dem Amtsgericht Waiblingen. Omar R. (Name geändert), der wegen schwerer Körperverletzung angeklagt war, erschien nicht zur Hauptverhandlung. Er sei kurzfristig erkrankt, ließ der Fellbacher dem Gericht ausrichten.

Das Gericht erlässt einen Strafbefehl

Diese Geschichte wollten weder der Staatsanwalt noch die Richterin Bidell glauben. Als „nicht schlüssig“ bewertete die Vorsitzende des Gerichts die vermeintliche Entschuldigung. Was also tun? Im Fall von Omar R. entschied das Gericht, einen schriftlichen Strafbefehl zu erlassen.

Im Sommer 2013 hatte der damals 22-Jährige kräftig ausgeteilt. Im Mai verprügelte er bei einer Auseinandersetzung zwei junge Männer. Den Kopf eines Opfers stieß er dabei mehrmals gegen ein Auto. Nur wenige Wochen später im Juni gab er auf einen anderen Kontrahenten zwei Schüsse mit einem Tierabwehrgerät ab. Das Opfer beklagte danach Hustenanfälle und brennende Augen.

Die Strafe wird im Führungszeugnis stehen

Der Verteidiger versuchte, den Staatsanwalt davon zu überzeugen, dass eine Freiheitsstrafe von maximal drei Monaten auf Bewährung für seinen Mandanten angemessen sei. Omar R. habe damals eine „wilde Phase“ gehabt. Mittlerweile sei sein Leben wieder in gefestigten Bahnen. Darüber hinaus argumentierte der Verteidiger, dass bei einem höheren Strafmaß die beiden Taten im Führungszeugnis stehen und dies die berufliche Zukunft des Angeklagten gefährden könnte.

Der Staatsanwalt ließ sich von den Argumenten des Verteidigers nicht beeindrucken. Er beantragte einen Strafbefehl für beide Taten zusammen mit einer Gesamtfreiheitsstrafe von neun Monaten. Diese wird zur Bewährung ausgesetzt. Außerdem soll das Tierabwehrgerät eingezogen werden.

Das Strafbefehlverfahren entlastet das Gericht

Alleine bei der Staatsanwaltschaft Stuttgart werden jedes Jahr mehr als 100 000 Verfahren neu eingeleitet. Die Besonderheit des Strafbefehlsverfahrens liegt darin, dass es zu einer rechtskräftigen Verurteilung ohne mündliche Hauptverhandlung führen kann. Dies entlastet Gericht und Staatsanwaltschaft. Auch die Zeugen müssen nicht extra erscheinen.

Jetzt bekommt der Schläger Post vom Gericht. Im Juristendeutsch nennt man das einen Sitzungsstrafbefehl. Wenn Omar R. diesen akzeptiert, ist das Verfahren abgeschlossen. Ansonsten muss er binnen zwei Wochen Einspruch einlegen. Dann kommt es wieder zur Verhandlung.